Hancock [2008]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. Juli 2008
Genre: Action / Komödie / Drama

Originaltitel: Hancock
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Peter Berg
Musik: John Powell
Darsteller: Will Smith, Charlize Theron, Jason Bateman, Jae Head, Eddie Marsan, David Mattey, Maetrix Fitten, Thomas Lennon, Johnny Galecki


Kurzinhalt:
Mit seiner neuesten Idee stößt PR-Berater Ray Embrey (Jason Bateman) bei seiner Frau Mary (Charlize Theron) ebenso auf Granit, wie zunächst beim Ziel seiner Bestrebungen. Nachdem der zuletzt nicht sehr erfolgreiche Ray von Hancock (Will Smith) gerettet wurde, setzt er es sich in den Sinn, den übermenschlichen, unverwundbaren und mit Superkräften ausgestatteten Helden für die Öffentlichkeit endlich ins rechte Licht zu rücken.
Woher Hancock kam, daran kann er sich selbst nicht erinnern – doch beliebt ist der selbst ernannte, alkoholsüchtige Held nicht und bringt bei jeder "Rettungen" ebensoviel Zerstörung mit sich, wie er Gutes tut. Auf Rays Drängen hin, kommt er sogar dem Antrag des Staatsanwalts nach, und geht ins Gefängnis. Mit seiner Bestimmung, Gutes in der Welt zu tun, kann sich der raue Held aber nur schwer anfreunden. Bis er Mary näher kommt, als ihm lieb ist – mit unerwarteten Folgen ...


Kritik:
Es kommt kaum ein Film mit Hauptdarsteller Will Smith in die Kinos, ohne dass Zuschauer wie Kritiker etwas daran auszusetzen hätten. Und dennoch gibt es derzeit keinen besseren Garant für volle Kinosäle, als eben jenen Darsteller, der vor einigen Jahren noch meinte, er wolle Präsident werden, dies aber inzwischen widerrief mit der Begründung, dass Schauspieler viel populärer seien.
In seinem Fall trifft dies sicher zu, auch wenn sich Smith dafür immer noch bei jedem seiner Filme sehr präsent zeigt. So absolvierte er einen weltweiten Publicity-Marathon, um Hancock international zu Titelschlagzeilen zu verhelfen. Geholfen hat es insofern, als dass der Superhelden-Geschichte ein zweiter Teil wohl schon gesichert ist. Ob dieses Drehbuch dann aber wieder so lange braucht, um in die Lichtspielhäuser zu kommen, wie beim ersten Teil, bleibt abzuwarten.

Das ursprüngliche Skript, stammend von Autor Vincent Ngo, kursierte dabei in Hollywood beinahe schon zehn Jahre lang. Abgesehen von einem rauchenden Hauptcharakter des Typs unerwünschter Superheld namens Hancock, einer Familie, die sich mit ihm anfreundet und einem Banküberfall während der Geschichte, soll das Skript aber keine Gemeinsamkeiten besitzen. Bedeutend düsterer soll es gewesen sein – und somit weniger familientauglich. Dieses Risiko wollte man bei Hancock dann schließlich nicht eingehen und orderte mehrere Überarbeitungen der Geschichte. Was dabei herauskam empfand die Bewertungsstelle in den USA dennoch nicht für familiengerecht, weswegen die Filmversion erneut mehrmals umgeschnitten wurde – eine erweiterte Fassung auf DVD ist somit unerlässlich.
Ob es den Film besser macht, bleibt abzuwarten. Größter Kritikpunkt ist das unausgewogene Drehbuch, das sich nicht so recht entscheiden kann, ob es nun schwarzhumorige Komödie sein möchte wie im ersten Akt. Oder düstere, moralschwangere Actionoper wie im letzten Drittel. Am schwersten hat es dabei den Mittelteil getroffen, der irgendwie eine Brücke zwischen den beiden versuchten Aussagen schlagen soll und damit abgesehen von zwei Actionszenen und einer unausgegorenen Mythologie gar nichts zu bieten hat.
Welche Welt verändernden Überraschungen den Zuschauer eben dann erwarten, ist einerseits abzusehen und ergibt sich schon aus der hochkarätigen Besetzung, die immerhin zwei Superstars bietet. Wenigstens wird Hancock dabei nie wirklich langweilig, was angesichts der geringen Laufzeit von nur etwa eineinhalb Stunden mehr als bedenklich wäre. Durch die unterhaltsamen, wenn auch mitunter nicht sehr natürlichen Dialoge vergeht die Zeit recht schnell, erinnernswerte Gespräche sind allerdings nicht dabei. Wer beim Finale außerdem vermutet, dass die Macher Mut beweisen würden, und Hancocks Feuertaufe mit einem Opfer beginnen lassen würden, der irrt. Immerhin möchte man sich auch alle Optionen für eine Fortsetzung offen halten.
Insofern gelingt es dem Skript nur leidlich, Verknüpfungen zwischen den ersten und letzten Momenten herzustellen, Hancocks Läuterung geschieht viel zu plötzlich und wird mit einem moralinsauren Farbstift derart oft unterstrichen, dass es selbst dem unaufmerksamsten Zuschauer nicht entgehen dürfte.

Die Schauspieler scheinen ihre Zeit vor der Kamera indes genossen zu haben, allen voran Will Smith, dem es mühelos gelingt, die Leinwand mit seiner Ausstrahlung auch dann glühen zu lassen, wenn ansonsten gar nichts geschieht. Er verkörpert den unglücklichen Helden wider Willen zwar überzeugend, aber seine Suche nach der eigenen Vergangenheit ohne irgendeine Dringlichkeit. Das Superheldenkostüm passt ihm wie angegossen, sein Umgang mit den übernatürlichen Kräften aber nach wie vor unreif. Größtes Problem hier ist an sich nur, dass ihm niemand gewachsen ist.
Auch Charlize Theron nicht, die durchweg unterfordert scheint und insbesondere in den Actionszenen nicht zu überzeugen vermag. Grundsätzlich macht auch sie ihre Sache nicht schlecht, wirkt dabei in der ersten Filmhälfte eher blass, während sie in der zweiten in so wenigen Momenten so eine Bedeutung zugeschrieben bekommt, dass es einerseits theatralisch, andererseits hoffnungslos überfrachtet und gleichzeitig Klischee beladen anmutet. Auch Therons Bemühungen um eine menschliche Darstellung leiden letztlich unter einem Mittelteil, der nicht so recht weiß, auf welcher Seite er die Figuren platzieren möchte.
Überraschend viel eingebunden ist immer noch Jason Bateman, der sowohl in Juno [2007], als auch in Operation: Kingdom [2007] stärker gefordert war, sich aber immerhin als einzig sympathischer Fels in der Brandung etabliert. Schade nur, dass er beim Finale wenig gefordert ist.
Die übrige Besetzung tritt angesichts des Dreigespanns erheblich zurück, die gezeigten Bösewichte werden kaum vorgestellt und haben auch nichts zu tun, Nebenhandlungen wurden zum großen Teil herausgenommen und auch Nebendarsteller verkommen in den meisten Einstellungen lediglich zu Stichwortgebern. Dass die drei Hauptakteure es genießen, ins rechte Licht gerückt zu werden, sieht man ihnen auch an. Insbesondere Will Smith, der mit einer Leichtigkeit einen Helden etabliert, dass es im ersten Drittel eine Freude ist, ihm zuzusehen, auch wenn seine Figur nicht sympathisch wirkt.

Handwerklich würde sich Regisseur Peter Berg, der ebenso als Darsteller regelmäßig zu sehen ist, eigentlich keine Blöße geben. Immerhin versucht er, die Geschichte im rechten Moment in Zeitlupen einzufangen, um die "Super-Action" auch entsprechend festzuhalten. Mit einem Gesamtbudget von 150 Millionen Dollar stand ihm auch genügend Geld zur Verfügung, um seine Vision eines ungewöhnlichen Superhelden auf die Leinwand zu bringen.
Besser gelungen wäre es ihm allerdings, hätten die Produzenten das Geld genutzt, wenigstens einige der Actionszenen wirklich entstehen zu lassen, anstatt alles am Computer zu entwerfen. So bleibt der Shootout in der Bank schon deswegen packend, weil man sieht, wie Hancock selbst durch die Kulissen stapft, um ihn herum Autos explodieren und die Kulissen mit unzähligen Einschusslöchern durchsiebt werden. Wenn jedoch beim vermeintlichen Höhepunkt des Films zwei computergenerierte Figuren vor einem computergenerierten Hintergrund kämpfen, während ein computergeneriertes Wetter computergenerierte Blitze regnet, verliert das Gezeigte jeglichen Schauwert und die Glaubwürdigkeit nebenbei. Keine Flugszene des Superhelden wirkt tatsächlich glaubhaft, keine Zerstörung, die er anrichtet (vom Zugunglück einmal abgesehen), echt und greifbar. Alles ist künstlich und angesichts des horrenden Budgets schlichtweg enttäuschend. Selbst in Spider-Man [2002] schwang sich der Held überzeugender durch die Straßenschluchten.
Dabei mögen die Kameraeinstellungen nicht wirklich unübersichtlich sein, doch bewegen sich die übernatürlichen Figuren im Kampf so schnell, dass man ihn nicht mehr zu folgen vermag. Es bleibt eine Inszenierung, die stellenweise zu überzeugen vermag, meistens aber an den offensichtlichen Spezialeffekten scheitert.

Abgerundet wird der Eindruck auf wenig rühmliche Weise von einem der enttäuschendsten Scores von Bourne-Komponist John Powell. Dieser vermag es leider nicht, der Hauptfigur ein bleibendes Thema zu verschaffen, oder gar einen packenden, epischen Soundtrack zum Film zu liefern. Stattdessen pendelt die Musik zwischen überflüssig eingespielten, HipHop-/Rap-Einlagen und einem nichtssagenden, instrumentalen Score, den man allenfalls bei den Country-Anleihen wahrnimmt, ansonsten aber gar nicht beachtet. Für sich allein genommen mag er somit zwar subtile Untertöne besitzen, doch können sich die im Film nicht durchsetzen.
Von der erstklassig aufgebauten und ebenso gelungen orchestral umgesetzten Struktur eines X-Men – Der letzte Widerstand [2006] ist hier nichts zu hören.

All das verstärkt den Eindruck, dass Hancock trotz der langen Zeit in Hollywood verfrüht in die Kinos gekommen ist. Weswegen gerade solch überaus kostspielige Filme mit einer minimalen Laufzeit aufwarten, während der Schlussphase der Produktion durch stände Nachdrehs und neue Schnittfassungen in der Presse landen, ist unverständlich. Es unterstreicht allerdings, dass sich die Macher bei der ungewöhnlichen Superheldengeschichte über die Schwerpunkte nicht einig waren. Und selbiges merkt man auch dem Film letztlich an, der Komödie wie Drama sein möchte, familienfreundliche Botschaften mit brutaler Action kombinieren will und schließlich nichts von allem richtig zu Ende bringt.
Dass eine Fortsetzung bereits in Aussicht gestellt ist, mag insofern tröstlich ein, als dass aus dem Stoff ohne Zweifel ein unterhaltsamer und in allen Bereichen genutzter Film möglich wäre. Dass man dies bei einer solchen Starpower vor und hinter der Kamera aber nicht beim ersten Anlauf schafft, ist enttäuschend.


Fazit:
Scharenweise strömen die Zuschauer in Will Smiths neustes Filmabenteuer – selten kommen sie begeistert wieder heraus. Dabei wäre es einfacher, wenn Hancock ein wirklich schlechter Film wäre. Immerhin könnte man den Film dann als Fehlgriff absortieren und das Kapitel "unsympathischer Superheld mausert sich zum Volkshelden" schließen. Doch so leicht macht es Regisseur Peter Berg seinen Zuschauern nicht. Dafür sind die Ansätze, die in Hancock zu erkennen sind, zu gut, die Prämisse zu interessant.
Aber während die handwerkliche Umsetzung nur an den durchschnittlichen Spezialeffekten leidet, die in einer so hochkarätigen Hollywoodproduktion schlicht nichts zu suchen haben (und sogar in TV-Serien stellenweise besser aussehen), drosselt das arg vorhersehbare und unbalancierte Skript das Potential der Superheldenmär. Thriller, Mystery, Science Fiction, Drama, Komödie und Actionfilm unter einen Hut zu bringen, ist mehr als schwierig. Aber es funktioniert trotz Will Smiths lässig-amüsanter Darstellung und einigen überlegt stillen Momenten nicht. Auch wenn es durchaus zu wünschen gewesen wäre.
Stattdessen pendelt Hancock immer im Mittelmaß und ist allenfalls für Fans der Hauptdarsteller interessant. Alle anderen können getrost auf die erweiterte Fassung warten, die den Heimvideomarkt ebenso sicher heimsuchen wird, wie Hancock erneut die Kinos.