The Fast and the Furious: Tokyo Drift [2006]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. Mai 2019
Genre: Action / Thriller / Krimi

Originaltitel: The Fast and the Furious: Tokyo Drift
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: USA / Deutschland / Japan
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Justin Lin
Musik: Brian Tyler
Darsteller: Lucas Black, Sung Kang, Bow Wow, Brian Tee, Nathalie Kelley, Sonny Chiba, Leonardo Nam, Brian Goodman, Zachery Ty Bryan, Lynda Boyd


Kurzinhalt:

Nachdem er sich nicht sein erstes Wettrennen geliefert hat und ihm nun Gefängnis droht, wird Schüler Sean (Lucas Black) von seiner Mutter (Lynda Boyd) nach Japan geschickt. Dort soll er bei seinem Vater (Brian Goodman) zurück auf den rechten Weg gebracht werden. An der japanischen Schule findet er in Twinkie (Bow Wow) jemanden, der ihn zur örtlichen Rennszene bringt. Da trifft er erneut auf Mitschülerin Neela (Nathalie Kelley) und liefert sich gegen ihren Freund Takashi (Brian Tee) ein Rennen, das er haushoch verliert. Vor allem fährt er dabei Hans (Sung Kang) Auto zu Schrott. In seiner Schuld stehend, lässt sich Sean in der Kunst des Driftens unterweisen, um es Takashi heimzuzahlen. Aber nicht nur, dass dieser ungern verliert, er hat Verbindungen zur japanischen Mafia und keine Skrupel, sich zu nehmen, was er will …


Kritik:
Der dritte Teil der Fast and the Furious-Reihe, The Fast and the Furious: Tokyo Drift, ist ein seltsamer Film – und das nicht deshalb, weil er zeitlich sieben Jahre später und damit unmittelbar nach Fast & Furious 6 [2013] spielen soll. Es ist ein Film ohne wirklichen „Charakter“, aber mit einem nicht zu leugnenden visuellen Stil, der hier besser funktioniert als in den vorangegangenen Filmen. Bis auf einen kleinen Moment von den Vorgängern inhaltlich vollkommen losgelöst, ist das im besten Fall inhaltlich zäh.

In Zentrum der Geschichte steht der siebzehnjährige Sean, gespielt vom 23-jährigem Lucas Black, der nochmals fünf Jahre älter aussieht. Nachdem er wiederholt wegen illegaler Rennen bei der Polizei gelandet ist, wird Sean nach Tokyo zu seinem Vater gesandt, der dort in der Navy dient. Auch hier dauert es nicht lange, ehe Sean wieder im Fahrersessel sitzt und mit dem sündteuren Sportwagen von Han bei einem Rennen in einem Parkhaus von Wand zu Wand kracht. Was – wenn überhaupt etwas – in Seans Kopf vorgeht, wenn er ohne ein fremdes Auto zu kennen, und ohne Sinn und Verstand, in ein Rennen einwilligt und reihenweise anderer Leute Eigentum zu Schrott fährt, verstehe wer will.
Jedenfalls steht Sean in Hans Schuld und hat zudem Augen auf Neela geworfen, die Freundin von Hans Geschäftspartner Takashi, der nur deshalb gefürchtet wird, da sein Onkel der japanischen Mafia, den Yakuza, angehört. Denn selbst wenn sich die Macher keine große Mühe geben, die japanische Kultur in irgendeiner Weise vorzustellen, Zeit genug, die Yakuza ins Spiel zu bringen, ist bei Tokyo Drift immerhin.

Noch gar nicht erwähnt ist Twinkie, der erste Freund, den Sean in Tokyo trifft, und der sich mit dem Verkauf allerlei Waren – zweifelhaften Ursprungs – den Lebensunterhalt aufbessert. Oder die wortkargen Gehilfen von Takashi, der nur „DK“ genannt wird, die Abkürzung von „Drift King“, da er die Technik perfektioniert hat, in Kurven haargenau zu driften, das Auto gewissermaßen zielgerichtet seitwärts schlittern zu lassen. Der Grund, weshalb diese Figuren beinahe vergessen worden wären ist, weil sie nicht in Erinnerung bleiben. Es braucht über eine Stunde, ehe sich Sean und Neela in einem kurzen Dialog austauschen, was sie beide nach Tokyo geführt hat, und dass sie sich beim Fahren frei fühlen. Es bleibt auch der einzige Einblick, den das Skript zu irgendwelchen Beteiligten gewährt. Ebenso bleiben sie alle entspannt und ruhig, wenn sie mit der Waffe bedroht werden, oder vor ihren Augen ein Freund bei einem Autounfall ums Leben kommt. Kurzum: The Fast and the Furious: Tokyo Drift legt keinen großen Wert auf die Figuren. Oder eine Story. So wird beispielsweise gesagt, Sean stünde in Hans Schuld und müsste Aufträge für ihn erledigen, doch gezeigt wird nur eine solche Situation, die an sich Seans Rekrutierung darstellt. Dass Sean auf der anderen Seite an sich kein Talent fürs Rennfahren zu haben scheint, und jeden Wettkampf auf spektakuläre Weise mit einem enorm hohen Blechschaden verliert, wird ebenfalls nicht kommentiert. Was immer Han in Sean sehen mag, dem Publikum bleibt dies schlicht vorenthalten.

Dafür gelingt Justin Lin eine interessante und durchaus ansprechende Inszenierung, die sich allerdings ebenfalls zahlreicher, offensichtlicher Trickeffekte bedient. Die bunte, dicht gedrängte Stadt Tokyo ist gut eingefangen, auch wenn zu keinem Moment der Verdacht aufkommt, der Film wäre daran interessiert, einen kulturellen Austausch darzustellen. Doch obwohl die Aufnahmen der Darsteller während der Rennen mitunter als „nicht echt“ zu entlarven sind, die Stunts selbst scheinen nicht nur real, sondern sind auch ansprechend in Szene gesetzt. Dass Tokyo Drift viele einzelne Rennen bietet und sogar lebenswichtige Entscheidungen hier durch ein Rennen entschieden werden sollen, gibt Lin insoweit die Möglichkeit, durchaus solide aufgebaute Actionsequenzen zu zeigen. Die würden zwar bedeutend mehr Spaß machen, gäbe es auch Figuren, mit denen mitzufiebern sich lohnt, aber es ist nach den vorangegangenen Filmen zumindest ein Anfang.


Fazit:
Es ist nicht nur, dass die Dialoge zu keiner Zeit preisverdächtig sind. Wie sich die Charaktere insgesamt verhalten, angefangen von dem von Lucas Black vollkommen farb- und konturlos zum Leben erweckten Sean, der ein wenig an Vin Diesel mit Haaren aber ohne Ausstrahlung erinnert, ergibt schlicht keinen Sinn und wird auch nicht erklärt. Dass auch hier die objektiv rücksichtslosen Verhaltensweisen der Figuren ohne Folgen bleiben, passt zur Oberflächlichkeit der Produktion, die sich einzig auf technische Pluspunkte zurückziehen kann. Justin Lins Inszenierung besitzt mehr Tempo und wartet mit „echteren“ Stunts auf als zuvor. Ebenso besitzt der losgelöste Franchise-Eintrag einen merklich eigenen Stil, eine visuelle Handschrift. Die bleibt bei The Fast and the Furious: Tokyo Drift auch als einziges in Erinnerung. Das macht den Action-Film bei weitem nicht empfehlenswert, aber zumindest ärgert man sich nicht allzu lange über die investierte Zeit.