Die Kunst zu gewinnen – Moneyball [2011]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Dezember 2012
Genre: Drama / Biografie

Originaltitel: Moneyball
Laufzeit: 133 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Bennett Miller
Musik: Mychael Danna
Darsteller: Brad Pitt, Jonah Hill, Philip Seymour Hoffman, Robin Wright, Kerris Dorsey, Chris Pratt, Stephen Bishop, Reed Diamond, Brent Jennings, Ken Medlock, Tammy Blanchard


Kurzinhalt:
Die Oakland Athletics Baseball-Mannschaft hat eine überaus durchwachsene Saison 2001 hinter sich und als wäre das nicht schlimm genug, verlassen die drei besten Spieler zum Saisonwechsel das Team. Manager Billy Beane (Brad Pitt) hat ein Budget für seine Mannschaft zur Verfügung, das nur ein Drittel dessen beträgt, was die Erstplatzierten der Liga umsetzen können. Dementsprechend hat er es schwer, neue Spieler zu rekrutieren. Bei einem Treffen mit dem Manager eines anderen Teams lernt Beane den jungen Peter Brand (Jonah Hill) kennen. Dieser hat einen unkonventionellen Ansatz gefunden, mit dem sich Spieler nicht auf Grund der Empfehlung der Talentsucher auswählen lassen, sondern dessen Leistungen im Computer ausgewertet werden.
Zusammen mit Brand stellt Beane ein Team zusammen, das scheinbar aus Ersatzspielern der übrigen Mannschaften besteht. Und der Auftakt der Saison gibt den Kritikern an Beanes Taktik innerhalb der Oakland Athletics und auch dem Trainer Art Howe (Philip Seymour Hoffman) Recht. Als sich das Blatt wendet, wittern viele Fans bereits die Meisterschaft, aber Beane weiß aus Erfahrung, dass alle Siege nichts wert sind, solange man nicht das letzte Spiel der Saison gewonnen hat ...


Kritik:
Es ist ein offenes, wenn auch zynisches Geheimnis, dass es im Profisport nicht darum geht, Sport zu betreiben, sondern Geld zu verdienen. Und es ist eine ebenso alte Weisheit, dass es einfacher ist, Geld zu verdienen, wenn man schon Geld besitzt. In Moneyball merkt das der Manager der Oakland Athletics Baseball-Mannschaft dadurch, dass sein Budget nur ein Drittel dessen ausmacht, was die Erstplatzierten der Liga zur Verfügung haben und ihm diejenigen Spieler, die seine Mannschaft zur Top-Form geschliffen hat, von den übrigen abgekauft werden. Wie soll er gegen dieses System ankommen?
Das kleine Budget macht es für den Manager Billy Beane schwer, ein Team zusammenzustellen, mit dem der Trainer arbeiten, und das sich in der Liga behaupten kann. Regisseur Bennett Millers Biografie basiert auf wahren Ereignissen und schildert, wie in der folgenden Saison die "Oakland A"s Geschichte geschrieben haben. Die Taktik, mit der Beane dabei arbeitete, hat er zum großen Teil dem jungen Peter Brand zu verdanken, der statt auf das Bauchgefühl der Talentsucher auf empirische Daten vertraut hat und ein Team zusammenstellt, das aus Spielern besteht, welche die übrigen Mannschaften nicht (mehr) haben wollten. Sei es, weil sie nicht photogen sind, oder angeblich über ihre besten Jahre hinaus seien. Brand wertet die Spieler nach ihrer Leistung aus und sieht Potential, wo andere vergangene Stars oder nicht einmal Talent wittern. Der Dank ist ein Siegeszug der Oakland As, der beispiellos ist und an dessen Ende endlich ein Meistertitel stehen könnte.

Auf Grund der zahlreichen Verweise und Details, die Moneyball auf den Baseball selbst und auf bestimmte Spieler aufweist, richtet sich das Drama vornehmlich an versierte Fans des Sports, aber auch diejenigen, die damit keine Erfahrungen gemacht haben, werden in der Lage sein, sich zu orientieren. Nicht zuletzt, da man sowohl dem Manager Beane, als auch Trainer Howe und den Spielern die Emotionen zum aktuellen Spielzug ansieht.
Insgesamt stehen ohnehin nicht die Spiele, sondern der Sport selbst im Vordergrund des Dramas, das keinen der Spieler in den Mittelpunkt rückt. Vielmehr konzentriert sich die Erzählung auf Billy Beane, der zusammen mit Peter Brand einen Ansatz findet, seiner Mannschaft Leben einzuhauchen, ohne dafür zu tief in die Tasche greifen zu müssen. Gleichzeitig wird der Profisport als ein Milieu geschildert, in dem Geld alles bedeutet und die Spieler selbst nichts. Sie werden zwischen Tür und Angel gekauft und verkauft, ohne dass sie nach ihrer Meinung gefragt werden – dabei bedeutet ein Verkauf in aller Regel kein Aufstieg in eine bessere Mannschaft. Und wenn Billy Beane über den Sinn und Zweck des Ganzen sinniert, er festhält, dass eine Siegesserie wertlos ist, wenn man nicht das letzte Spiel der Saison für sich entscheidet, scheint seine melancholische Haltung ein Spiegelbild all derer darzustellen, die sich von der Aussicht auf Ruhm in den Profisport haben locken lassen, nur um zu erkennen, dass es nie darum ging, was sie selbst gewinnen würden.

Miller streut in das aktuelle Geschehen Rückblicke in Beanes Jugend ein, wie er selbst rekrutiert wurde und ein Stipendium aufgab, um ein Teil der Liga werden zu können, wobei er die Erwartungen, die in ihn gesetzt wurden, nie erfüllen konnte. Seine Ehe ist gescheitert und selbst seine Tochter Casey scheint sich dessen bewusst, dass ihr Vater immer zur Hälfte bei dem Team verbleibt, für das er verantwortlich ist, und sie ihn an den gemeinsamen Tagen nie für sich haben wird. Moneyball zeigt ihn als in sich gekehrten, verbissenen Manager, der durchaus darauf aus ist, etwas zu verändern und sei es nur, um sich selbst etwas zu beweisen. Dabei steht er es nicht einmal durch, ein Spiel seiner Mannschaft im Stadion zu verfolgen.
Wie die 2002er Saison für die Oakland As ausgegangen ist, steht in den Geschichtsbüchern, insofern wird das Ende Kenner der Mannschaft oder des Sports nicht überraschen. Vielmehr scheint Bennett Miller darauf aus, die Figur Billy Beane zu porträtieren und in Brad Pitt hat er darin eine erstklassige Besetzung gefunden. Nichtsdestoweniger gibt es biografisch angehauchte Dramen, die einen ermuntern oder ermutigen, die Hoffnung machen oder aufzeigen, dass es wert ist, sich gegen ein etabliertes System aufzulehnen. Der zugegebenermaßen erstklassige Schachzug Peter Brands, die Spieler auf Grund ihrer Eignung und nicht hauptsächlich ihres Charismas auszuwählen, war nicht nur Geld sparend, sondern durch Beane hauptsächlich einer Notwendigkeit geschuldet. Doch auch kleine Teams werden am Ende hierdurch nicht wirklich ermutigt, zumal die Mühlen des hochpreisigen Sports sich dem Trend bekanntermaßen trotz der unglaublichen Budgets und Gagen angepasst haben.


Fazit:
Vom Regisseur über die Autoren bis hin zur Besetzung und der Umsetzung wirkt Die Kunst zu gewinnen – Moneyball, als wäre es auf Oscars getrimmt. Hierzu passen sogar die kritischen und kantigen Kommentare, durch welche die Produktion dem Profisport ein weit weniger schillerndes Gesicht verleiht, als es gemeinhin der Fall ist. Billy Beane wird als verschlossener, aber willensstarker Manager vorgestellt, der sich gegen sämtliche Ratschläge für einen Kurs entschied, den Peter Brand für ihn ausgelegt hat. Im Rahmen des Kräftemessens zwischen ihm und Trainer Howe wurden schließlich sogar Spieler geopfert.
Doch bei allen Ansätzen, trotz der tollen Darbietungen (auch von Jonah Hill) und der abgestimmten Szenenwechsel, der Mischung aus Realaufnahmen und Spielszenen, ist das Biografiedrama eines nicht: In irgendeiner Weise inspirierend. Eine emotionale Bindung zum Geschehen aufzubauen ist schon deshalb schwer, da man über die Figuren wenig erfährt, was einem mit ihnen mitfiebern lässt. Aber wenn sie und was sie erreicht haben für etwas stehen soll, dann dafür, dass im Profisport die Großen groß und erfolgreich bleiben, während die kleinen Clubs kaum Möglichkeiten haben, dagegen anzukommen. Die Leidtragenden sind die Spieler, die über ihr Schicksal nur selten bestimmen können und die Fans, die noch der Meinung sind, es ginge um den Sport oder ums Gewinnen. Das Gewinnen ist laut Moneyball nur ein Mittel zum Zweck des Geldverdienens.