Dich kriegen wir auch noch! [1998]

Wertung: 1.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 20. August 2002
Genre: Horror / Thriller

Originaltitel: Disturbing Behavior
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: Australien / USA / Kanada
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: nicht unter 18 Jahren

Regie: David Nutter
Musik: Mark Snow
Darsteller: James Marsden, Katie Holmes, Nick Stahl, Bruce Greenwood


Kurzinhalt:
Nach dem tragischen Selbstmord seines Bruders ziehen die Eltern von Steve Clark (James Marsden) mit ihm und seiner Schwester in das idyllische Cradle Bay, um dem Trubel der Großstadt und den Erinnerungen zu entkommen.
An der neuen High-School findet Steve in Rachel (Katie Holmes) und Gavin (Nick Stahl) schnell Freunde – doch irgendetwas erscheint ihm seltsam an der kleinen Stadt. Die Schüler teilen sich in verschiedene Gruppen auf, die streng unter sich bleiben, und hin und wieder verliert einer der Jugendlichen die Beherrschung. Gavin spricht von einer Verschwörung, und auch der Hausmeister der Schule, Mr. Newberry (William Sadler) glaubt daran. Wenig später muss Steve erkennen, dass manche der Schüler urplötzlich stark verändert auftauchen und die Vermutungen verdichten sich, dass Dr. Caldicott (Bruce Greenwood), der Schulpsychologe, etwas damit zu tun hat. Doch als Steve dem Geheimnis von Cradle Bay auf die Spur zu kommen scheint, könnte es für ihn bereits zu spät sein.


Kritik:
Verstörendes Verhalten, so die wörtliche Übersetzung des Originaltitels (und bedeutend treffender als der "kreative", reißerische deutsche Titel) war beinahe so etwas wie ein Familientreffen: Regisseur David Nutter arbeitete lange Zeit an der bekanntesten Mystery-Serie der Neuzeit, Akte-X, mit, ebenso wie Komponist Mark Snow, Kameramann John S. Bartley und der Casting-Verantwortliche Coreen Mayrs. Vermutlich waren es aus der gesamten Filmcrew noch viel mehr.
Kein Wunder also, dass der Film wie eine überlange Episode aus der erwähnten Serie aussieht. Für das deutsche Kino- und Fernseh-Publikum wurde der Film vorsichtshalber auf "ab 16 Jahre" heruntergeschnitten, somit ist auch der angestrebte Brutalitätsfaktor so gut wie nicht vorhanden. Allerdings hätten brutalere Szenen bei diesem erbärmlichen Machwerk auch nicht mehr geholfen. (Es gibt jedoch eine ungeschnittene FSK-18-Fassung auf DVD und Video.)

Die Story liest sich wie eine Arie aus den schlimmsten Klischees und den ältesten Ideen des Genres. Gehirnwäsche macht aus rabaukenden Schülern brave und doch böse Musterschüler, zu verantworten hat dies der Schulpsychologe und nun haben sie es auf den Neuen abgesehen.
Ganz im Ernst, aus der Story könnte man einen unterhaltsamen, spannenden und beunruhigenden Thriller machen, meinetwegen auch mit Jungstars; allerdings dürfte das Drehbuch nach der Hälfte nicht derart schnell abbauen, dass es schon beängstigend ist. Die erste Hälfte ist nämlich (bis auf die billig wirkende Inszenierung) ganz gut. Manchmal zwar unfreiwillig komisch, was zum einen an der Unfähigkeit mancher Darsteller liegt, andererseits sicher an der deutschen Synchronisation – doch alles in allem ein unterhaltsamer Anfang. Als einer der drei Hauptcharaktere dann jedoch "umgepolt" wird, begibt sich das Drehbuch, dessen Inhalt, die Inszenierung und die Dialoge auf einen Sturzflug, der bis zum Abspann nicht mehr gebremst werden kann. Eine peinlich inszenierte Szene reiht sich an die nächste (als erstes sei der Einbruch in und die Flucht aus der Nervenheilanstalt genannt), vorhersehbare Wendungen und schlichtweg erbärmliche Leistungen der Schauspieler runden das Paket völlig ab.

Die Musik von Mark Snow trägt leider, während des Finales, durchaus dazu bei. Sie wirkt in dieser Sequenz aufgesetzt, unpassend und viel zu laut. Das Thema, das er für den Film geschrieben hat, ist hingegen wirklich sehr gut, erreicht jedoch nicht die kongenialen Melodien seiner bekanntesten Fernsehserien Akte-X und Millennium. Leider bekommt man seine Kompositionen nicht oft zu hören, die Macher fanden es passender alle möglichen Rock- und Heavy-Metal-Lieder einzustreuen, um so den Verkauf des Soundtrack-Albums rechtfertigen zu können. Leider passen die meisten Lieder überhaupt nicht zu den Szenen sondern wirken eben nur wie ein überflüssiges Product-Placement. Was Kamera und Schnit in manchen Situationen nicht verderben, macht die gesungene Musik dann völlig kaputt.

Die Inszenierung ansich wirkt billig, als wäre der Film für's Fernsehen konzipiert gewesen. Innovative Kameraeinstellungen oder -fahrten sucht man vergebens. Szenen und Schnittfolgen werden so aberwitzig hintereinander gestellt, das man das Gefühl nicht los wird, als wären die 11 auf der DVD enthaltenen gelöschten Szenen besser im Film geblieben. Womöglich hätten sie einiges erklärt.
So wirkte der Streifen episodenhaft und zusammengestückelt – nicht einmal ein einheitlicher Look, was das Aussehen der Personen und der Kulissen angeht, ist den Machern gelungen. Da ändern sich Frisuren im Sekundentakt, obwohl es ein und dieselbe Szene ist. Von der farblichen Abstufung, die am Anfang den verschiedenen Personengruppen zugestanden wird, sieht man im Rest des Films überhaupt nichts mehr.

Die drei jugendlichen Hauptdarsteller können zwar meist überzeugen, die anderen wirken jedoch überwiegend fehl am Platz, gekünstelt und erneut hin und wieder unfreiwillig komisch. Die Erwachsenen haben ohnehin nicht viel zu tun. Hätte der Film nicht den Katie Holmes-Bonus, hätte ich wohl nicht durchgehalten. Sie bringt das verruchte Image ihres Filmcharakters ganz gut zur Geltung, auch wenn sie sich im Laufe des Films immer mehr zum "Normalchen" verändert, ohne dass der Zuschauer dafür eine Erklärung bekäme. James Marsden hat bis auf den permanenten Schockausdruck auf seinem Gesicht kaum etwas beizutragen, mimisch war das keine Glanzleistung. Ebenso ergeht es Nick Stahl, der übrigens in Terminator 3 [2003] als "John Connor" zu sehen sein wird. Viel hat er nicht zu tun und nach der ersten Hälfte des Drehbuchs ist sein Charakter großteils abwesend.
Tragisch, dass sich eigentlich hervorragende Schauspieler wie Bruce Greenwood (Thirteen Days [2000]) und William Sadler (The Green Mile [1999]) hier einmal mehr deutlich unter Wert verkaufen.

Potential hatte die Idee wirklich, diese Umsetzung ist jedoch mehr als nur enttäuschend. Ohne das wirklich gute Thema von Mark Snow und Katie Holmes wäre der Film völlig unerträglich gewesen. Der Titel Verstörendes Verhalten lässt sich leicht auf Autor, Regisseur und alle möglichen Darsteller übertragen; gerade von David Nutter, der einige sehr gute Episoden der beiden Mysterie-Serien Akte-X und Millennium gedreht hat, hätte ich mehr erwartet. Hier mangelte es sogar am Handwerk, dessen er sich bisher rühmen konnte.
Auch der vorhersehbare Schlussgag kann nicht darüber hinwegtrösten, dass man mit diesem Werk "nur" rund 85 Minuten seines Lebens vergeudet hat – wer wirklichen Teen-Horror sehen möchte, sollte sich Scream [1996], The Faculty [1998] oder Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast [1997] ansehen. Dort wird man wenigstens unterhalten und muss sich nicht vor dem Drehbuch und dessen Inszenierung fürchten.


Fazit:
Verstörendes Verhalten kann auch eine Nebenwirkung beim Ansehen dieses mehr als unterdurchschnittlichen Films sein. Zum eigenen Wohl sollten Interessenten nicht einschalten und sich besser die Vorstellung eines guten Films erhalten.
Diese Umsetzung der eigentlich interessanten Grundidee war langweilig, schlecht inszeniert und nicht übermäßig bis erbärmlich gespielt. Trashfans können sich an der ungeschnittenen Fassung erfreuen, alle anderen sollten ihre Zeit sinnvoller nutzen.