Booksmart [2019]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. Juni 2020
Genre: Komödie

Originaltitel: Booksmart
Laufzeit: 102 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Olivia Wilde
Musik: Dan Nakamura
Besetzung: Kaitlyn Dever, Beanie Feldstein, Jessica Williams, Jason Sudeikis, Lisa Kudrow, Will Forte, Victoria Ruesga, Mason Gooding, Skyler Gisondo, Diana Silvers, Molly Gordon, Billie Lourd


Kurzinhalt:

Auch durch ihr bestimmtes und strebsames Auftreten ist Molly (Beanie Feldstein) bei ihren Mitschülerinnen und Mitschülern der High School-Abschlussklasse nicht sonderlich beliebt. Ihre beste Freundin Amy (Kaitlyn Dever), die meist in Mollys Schatten steht, ebenso wenig. Aber die Hänseleien und Beleidigungen können sie ertragen, weil sie wissen, dass sie sich Plätze bei renommierten Colleges erarbeitet und erfolgreiche Karrieren vor sich haben. Am letzten Schultag erfährt Molly, dass auch die faulsten Schüler und diejenigen, die sich nie ums Lernen gekümmert haben, an denselben Colleges angenommen wurden. All ihre Disziplin, worauf sie während der Zeit verzichtet haben, war umsonst. Also fasst Molly den Plan, dass sie beide am letzten Abend vor dem Abschluss die ausgelassenste Party ihrer Mitschüler besuchen. Amy hofft, dort endlich einem Mädchen, in das sie verliebt ist, ihre Gefühle gestehen zu können. Doch der Abend verläuft anders als geplant, so dass sogar ihre Freundschaft daran zu zerbrechen droht …


Kritik:
In ihrem Spielfilmregiedebüt widmet sich die Schauspielerin Olivia Wilde (u.a. bekannt aus Tron: Legacy [2010]) einem Thema, mit dem sich ein Großteil ihres Publikums identifizieren kann. Erzählt aus der Sicht von zwei besten Freundinnen, die kurz vor ihrem High School-Abschluss stehen, scheint die Darstellung dessen, was sich am letzten Abend ihres alten Schuljahres abspielt, arg übertrieben. Ob es sich in den USA tatsächlich so zuträgt, werden nur diejenigen wissen, die dort ihren Abschluss gemacht haben. Doch was der Filmemacherin treffend gelingt ist, das Gefühl herauszuarbeiten, das diese Zeit begleitet. Wenn man selbst der Meinung ist, alle Zusammenhänge verstanden zu haben und alles zu durchschauen, aber in den letzten Stunden die Erkenntnis gewinnt, dass dieser Lebensabschnitt nicht nur bald zu Ende geht, sondern damit auch alle möglichen Verbindungen wegbrechen werden. Booksmart verpackt dies in eine Komödie, die stellenweise zotig ist, aber insbesondere im letzten Drittel dank der beiden sympathischen Hauptfiguren viel mehr Charme entwickelt, als man ihr zutrauen würde.

Das liegt zum großen Teil an der stimmigen Besetzung, angeführt von Beanie Feldstein und Kaitlyn Dever, die die besten Freundinnen Molly und Amy spielen. Molly ist Schülersprecherin und seit jeher auf ihr Ziel fixiert. Nicht nur in der Schule, sondern darin, was sie eines Tages Bedeutendes inmitten der einflussreichsten Politikarena der Welt bewegen wird. Amy ist schüchtern und zurückhaltend, blüht bei Molly erst auf und scheint eher von ihrem Tatendrang mitgerissen zu werden, als tatsächlich daran teilhaben zu wollen. Dass sie lesbisch ist, sich vor nicht allzu langer Zeit geoutet hat und es nicht über sich bringt, ein Mädchen, in das sie verliebt ist, anzusprechen, macht es für sie nicht einfacher. Weder Amy, noch Molly sind beliebt und beide oftmals die Pointe böser Witze oder abwertender Kommentare. Mollys Entschlossenheit mag gleichzeitig Ursache dessen sein, wie sie von den anderen wahrgenommen werden, oder eine Folge daraus.
Doch Amy und Molly scheinen sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben, in dem Wissen, dass sie die High School als strebsame Außenseiter verlassen werden, um an renommierten Colleges ihren Weg zu gehen – bis Molly erfährt, dass die Partylöwen und Tunichtgute ihres Jahrgangs an denselben Colleges angenommen wurden. Aller Verzicht, so ist Molly überzeugt, war umsonst. Und so fassen Amy und Molly den Entschluss, die ausgelassenste Abschlussparty des Jahres zu besuchen und es richtig krachen zu lassen.

Dass die Komödie dabei auf Witze um Körperöffnungen, Kopulationsversuche, Drogen und dergleichen setzt, ist offenbar dem Genre geschuldet. Andererseits ist Molly wildentschlossen, all das aufzuholen, was sie in den vergangenen Jahren verpasst hat, während Amy hofft, ihrer großen Liebe näherkommen zu können. Die vorgenannten Wegstationen gehören damit gewissermaßen dazu. Zu sagen, man wüsste, in welche Richtung sich Booksmart entwickelt, wäre eine Übertreibung, selbst wenn der Ablauf nicht vollkommen überrascht. Es soll genügen zu sagen, dass sie nicht auf Anhieb auf der gewünschten Party ankommen, sie ihren Direktor als Fahrer eines privaten Taxiunternehmens wiedersehen und es sogar eine Sequenz gibt, in der die Figuren als animierte Puppen zu sehen sind.
Nicht all diese Elemente sind rundum gelungen und es gibt auch Momente, in denen man nicht mit diesen Figuren, sondern über sie lacht. Aber das so ungleich scheinende Duo im Zentrum erzeugt eine solch ansteckende Dynamik und Vertrautheit, dass es nicht nur eine Freude ist zuzusehen, man gewinnt einen Eindruck dafür, was sie beide verlieren werden, wenn sie sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln.

Dass beide ihren jeweils eigenen Weg werden gehen müssen, ist ein Teil ihres Lernprozesses. Dabei können sie als Persönlichkeiten nur wachsen, wenn sie den Raum dazu bekommen, ohne von der jeweils anderen gelenkt zu werden. Diese feinen Beobachtungen verpackt Filmemacherin Olivia Wilde in stylische Bilder und lässt dabei ihrer jungen Besetzung Zeit und Platz, sich zu finden und zu ergänzen. So wirken manche Wortwechsel zwar wenig zielgerichtet, überzogen hastig und doch authentisch. Diese Balance ist es, die Booksmart letztlich auszeichnet. Das mag nicht für jedes Publikum geeignet sein, bei einem Großteil dürfte es zumindest Erinnerungen wachrufen.


Fazit:
Mit sicherer Hand und scheinbar unendlich viel Freiraum lässt Regisseurin Olivia Wilde ihre sympathische Besetzung, angeführt von den sich toll ergänzenden Kaitlyn Dever und Beanie Feldstein, eine Geschichte erzählen, die später einmal ein Schwank aus der Jugend der Charaktere sein wird. Damit spricht sie vielen jungen Menschen ebenfalls aus der Seele und präsentiert gleichzeitig eine tadellos gefilmte Komödie, die in den entscheidenden Momenten den Figuren Platz gibt. Das heißt nicht, dass der Humor immer ins Ziel trifft, manche Scherze sind arg zotig, andere Kommentare wirken für die jungen Charaktere zu naseweis. Doch im Großen und Ganzen erzählt Booksmart eingängig und stimmig ein Kapitel aus dem Erwachsenwerden, an das sich viele vielleicht noch erinnern werden. Aus diesem Grund trifft das letzte Drittel den Nagel so gelungen auf den Kopf.