Troja [2004]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 30. Mai 2004
Genre: Monumentalfilm / Drama / Action

Originaltitel: Troy
Laufzeit: 162 min. (gekürzte Fassung) / 163 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren (gekürzte Fassung) / ab 16 Jahren

Regie: Wolfgang Petersen
Musik: James Horner
Darsteller: Brad Pitt, Eric Bana, Orlando Bloom, Peter O'Toole, Brian Cox, Brendan Gleeson, Diane Krüger, Sean Bean, Saffron Burrows, Rose Byrne


Kurzinhalt:
Vor 3200 Jahren schließen die beiden Mittelmeer-Reiche Troja und Sparta nach langer Zeit Frieden miteinander, Trojas König Priamos (Peter O'Toole) sendet seine beiden Söhne Hektor (Eric Bana) und Paris (Orlando Bloom) zu Spartas König Menelaos (Brendan Gleeson), um diesen Anlass zu feiern. Doch Paris und Menelaos' Gemahlin Helena (Diane Krüger) verlieben sich ineinander, und so begleitet Helena heimlich den trojanischen Prinzen auf seiner Rückkehr nach Troja.
Rasend vor Wut wendet sich Menelaos an seinen machtbesessenen Bruder Agamemnon von Mykene (Brian Cox), Herrscher über die Griechen, dem das unabhängige Troja mit seinen uneinnehmbaren Mauern und seinen Schätzen seit langem ein Dorn im Auge ist. Agamemnon mobilisiert ein griechisches Heer von 50.000 Mann und wendet sich auch an Krieger Achilles (Brad Pitt), von dem es heißt, seine Mutter Thetis (Julie Christie) sei eine Göttin und er deshalb unsterblich. Achilles führte die Griechen schon zu vielen Siegen, verachtet aber Agamemnon zutiefst. Doch selbst wenn er für niemanden Partei ergreift, so ist ihm sein persönlicher Ruhm von größter Bedeutung – sein Name soll noch in 1000 Jahren bekannt sein.
Der Krieg um Troja kostet Tausenden Soldaten auf beiden Seiten das Leben. Während Achilles das Kampfgeschehen an den Stadtmauern meidet, erschlägt Hektor im Kampf Achilles' Vetter Patroklos (Garrett Hedlund) und zieht damit den Zorn des Göttersohnes auf sich.
Nach wie vor sind Trojas Mauern jedoch unüberwindlich – erst Odysseus (Sean Bean) entwickelt eine List, wie man die Stadt von innen heraus vernichten kann.
Bevor dies allerdings geschieht, muss Achilles seine Geliebte Briseis (Rose Byrne), Cousine von Hektor und Paris, aus dem trojanischen Palast befreien.


Kritik:
Ganze 185 Millionen Dollar verwandten die Produzenten darauf, die "Ilias" für das Kino nachzuspielen; Tausende Statisten, ein wahres Heer an erstklassigen Hollywood-Darstellern, Dreharbeiten in entlegenen Winkeln der Erde und ein sichtlicher Aufwand sollten Homers Erzählung Realität werden lassen – jedoch ohne die mythischen Aspekte der Vorlage, auch wenn die griechischen Götter immer wieder erwähnt werden.
Regisseur Wolfgang Petersen verzichtete seinerseits auf das Batman vs. Superman-Projekt, das ohne ihn wohl (zumindest vorläufig) auf Eis liegt. Brad Pitt sagte für Troja eine andere Rolle ab und trainierte sechs Monate für seine Rolle als Achilles.
Man sollte meinen, dass bei so hochkarätigen Namen ansich nicht viel schief gehen kann – und doch kann man nicht umhin, nach dem Kinobesuch kurz durchzuatmen und nüchtern festzustellen, dass man die zweieinhalb Stunden auch sinnvoller hätte nutzen können. Denn trotz des immensen Aufwands, trotz der Massenszenen und der Schlachtengetümmel präsentiert sich die Verfilmung der großen altgriechischen Sage als ein inhaltsleeres, bisweilen unfreiwillig komisches und überladenes Machwerk, das weder handwerklich zu überzeugen, noch in den zahlreichen Actionpassagen mitzureißen vermag. Stattdessen sieht man Figuren, mit denen man nicht mitfiebern kann, die Entscheidungen treffen, die man nicht versteht, und die in einer Sprache reden, die derart vorgetragen einfach gezwungen wirkt.

Der Hauptschuldige ist dabei sehr schnell ausgemacht. Denn selbst wenn David Benioff mit seinem Drehbuch zu 25 Stunden [2002] eine gute Vorlage für ein Krimi-Drama geliefert haben mag, fehlte ihm offensichtlich einfach das Talent, um die "Ilias" zu adaptieren und zu einem gelungenen Drehbuch zu verarbeiten.
Das beginnt schon damit, dass er dem Zuschauer die Motivation der meisten Figuren schlichtweg vorenthält: Wenn schon die Liebe zwischen zwei Menschen der Auslöser für einen langen Krieg und den Tod für Tausende von Menschen sein soll, muss diese Beziehung auch glaubhaft sein. Leider wird aber überhaupt nicht gezeigt, wie sich Paris und Helena erst ineinander verlieben. Die eigentliche Schlacht um Troja und das Erbauen des trojanischen Pferdes werden ebenfalls mehr oder weniger nur im Schnelldurchlauf abgespult, obwohl einen genau diese List am meisten interessiert hätte. Über die Machtstrukturen innerhalb Trojas erfährt man so gut wie nichts, man bekommt nicht einmal die Stadt in ihrem ganzen Glanz zu sehen, stattdessen wird man mit einigen wenigen Kamerafahrten und Totaleinstellungen abgespeist. Zwar mögen die Dialoge hin und wieder recht zeitgemäß erscheinen, die treffendsten Einzeiler hat man dennoch bereits im Trailer zu hören bekommen, von den pointierten Dialogen oder Monologen, wie man sie noch aus der Vorlage kennt, und deren Sprache beinahe schon märchenhaft gesungen klingt, ist hier nichts zu spüren.
Und doch finden sich die größten Mängel des Skripts bei den Charakteren ansich, von denen es für einen zweieinhalb Stunden langen Film schlichtweg zu viele gibt.
Wird Achilles immerhin noch als greifbare, wenn auch unsysmpathische Person charakterisiert, der Ruhm wichtiger ist, als Menschenleben, sieht es bei den anderen Widersachern Trojas schon anders aus. Einen so farblosen Agamemnon, wie er hier portraitiert wird, ist für eine deartige moderne Produktion wirklich überraschend. Zwar wiederholt er sich wie ein kleines Kind ständig, dass man Achilles nicht kontrollieren könne, und dass er Troja einnehmen möchte; bis auf seine plumpe Bösartigkeit kann er aber nichts vorweisen – ja nicht einmal nachvollziehbare Trauer, als sein Bruder getötet wird. Patroklos, der in der Sage nicht Achilles Vetter, sondern eher sein Stiefbruder ist, hat hier fast nichts zu tun; und Odysseus kommt so kurz, dass man sich fragt, weswegen die Rolle nicht komplett gestrichen wurde.
Bei den Helden sieht es leider nicht besser aus: Briseis Zuneigung zu Achilles wird abgesehen von den Bett-Szenen nicht näher beleuchtet, ihre Motivation bleibt unbekannt. Helena selbst hält sich glücklicherweise im Hintergrund – was sie an dem weinerlichen, fast schon peinlichen Paris findet, wird wahrscheinlich jedem Zuschauer ein Rätsel sein, ebenso, wieso Helena es zu dem Krieg kommen lässt, und umgekehrt, was Paris an der zwar schönen, aber ausstrahlungslosen Helena gefressen hat.
Und eben aufgrund der erbärmlichen, karikaturhaften Paris-Figur fragt man sich als Zuschauer auch, weswegen weder Priamos, noch Hektor eingreifen und ihn zwingen, Verwantwortung zu übernehmen. Die letzten beiden sind zusammen mit Hektors Ehefrau Andromache auch die einzigen Sympathieträger des gesamten Films, Hektor vor allem dank einiger überzeugender Dialoge und der starken darstellerischen Leistung von Eric Bana, wohingegen Peter O'Toole die oberflächliche Rolle des Priamos zumindest ein wenig bereichern kann.
Als wären diese Voraussetzungen nicht schon schlimm genug, vermag es das Skript nicht einmal, diese Schwächen mit einem guten Aufbau zu überspielen.
Nach der immens kurzen "Schlacht" zu Beginn bekommt man in vielen Minuten die ohnehin blassen Figuren vorgestellt, sonst passiert aber kaum etwas. Anschließend wird Trojas Küste angegriffen und der Kampf wieder ausgesetzt. Darauf folgt die erste Schlacht an den Mauern Trojas und dann wieder Ruhe. Dieser episodenhafte Aufbau ist als Erzählung zwar durchaus interessant zu lesen, als Film hat man hier aber schon das Gefühl, die drei klassischen Akte durchlebt zu haben und das Ende endlich vor Augen zu sehen. Jetzt kommt aber erneut ein Angriff, danach die beste Szene im Film, und dann eine lange Zeit, in der nicht viel geschieht, ehe die List, mit der die Griechen Troja überrumpeln und die Stadt einnehmen in einer Minute vorbereitet und die Stadt binnen fünf Minuten dem Erdboden gleichgemacht wird. Weitere fünf Minuten später ist Troja verlassen und der Abspann beginnt die Leinwand zu füllen. Wer hier eine Texttafel erwartet, die erklärt, was aus den Überlebenden Trojas geworden ist, der irrt. Der Ausklang der Geschichte, also die Minuten der Ruhe nach dem Finale, findet eigentlich nicht statt. Der vermeintliche Höhepunkt der Geschichte, wie Achilles in seine bekannte Ferse getroffen wird, geschieht nur wenige Momente vor Schluss, und das eher unspektakulär.
Anhand dieses inhaltlichen Aufbaus wird deutlich, dass das Drehbuch einen fatalen Fehler begeht, den der Film konsequent umsetzt: Bis zum nächtlichen Angriff mit feuerfangenden Strohkugeln wird das Geschehen mehr oder weniger lustlos abgespult; erst hier, wenn Hektor seine Bedenken äußert und klar wird, dass Troja selbst dafür verantwortlich ist, dass die Griechen nicht wieder abziehen, beginnt man sich für die Personen, allen voran Hektor, zu interessieren. Die Szene selbst besitzt einen guten Aufbau und führt erwartungsgemäß zum unausweichlichen Duell zwischen Achilles und Hektor, der richtige Höhepunkt des Films. Hier fiebert man endlich richtig mit, doch danach ist keinesfalls Schluss, sondern die Geschichte zieht sich sich für weitere 25 Minuten langwierig hin, wobei die List mit dem Trojanischen Pferd völlig unmotiviert vorbereitet, und der Bau gar nicht gezeigt wird. Die Eroberung Trojas ist in rund fünf Minuten vorbei, wobei man davon nicht einmal viel mitbekommt. Die Gegenwehr der Trojaner findet nur kurze Erwähnung, das letzte Aufeinandertreffen zwischen Paris und Achilles ist rasch abgehandelt – eine Steigerung gibt es nicht mehr, vielmehr scheinen die Szenen nach dem Duell zwischen Achilles und Hektor wie ein ewig langer, nicht enden wollender Epilog. Statt dass man die ersten drei Massenschlachten zu einer großen zusammengefasst hätte – die Einnahme der Küste von Troja ging ohnehin viel zu schnell –, und dann als krönenden Abschluss den Niedergang Trojas geschildert hätte, langweilen die Macher regelrecht mit ihren Schlachten, so dass man bis zum ohnehin nicht sehr spannenden Finale das Interesse großteils verloren hat. Der Spannungsbogen zieht sich schleppend bis gelungenen Kampf zwischen Hektor und Achilles, danach flacht er zusehens ab und verliert sich in einer einfalls- und leidenschaftslosen Szenenaneinanderreihung.
Das Skript, so platt und unspektakulär seine Dialoge, lässt jegliche Größe oder klassisch-tragischen Aufbau vermissen. Die ereignisreiche Geschichte Trojas wird auf die Leidenschaft von mehreren Männern reduziert, ohne ihre Motivation ausreichend zu erklären.
Indem Autor David Benioff die Verwicklungen mit den Göttern entfernt und eine vermeintlich nicht vermarktungsfähige Ausgangslage (nämlich, dass Paris Helena dem spartanischen Herrscher raubte, ohne dass diese seine Liebe erwidert hätte) durch ein pseudo-märchenhaftes Lovestory-Element ersetzt, das so gar nie vorgesehen war, entmystifiziert er die griechische Sage – vermutlich, um das Thema auf ein jüngeres Publikum zurecht zu schneiden. Dass beim Vorspann zu lesen ist, das Skript sei nur von Homers Vorlage "inspiriert", ist ansich eine Untertreibung. Hinter Troja versteckt sich vielmehr eine mit bekannten Namen und Orten gespickte Eigenkreation, ein verkrampfter Titanic [1997]-Klon ohne Anspruch, und mit einigen einfallslosen Standard-Action-Sequenzen versehen. Als "episch" kann man an dem Drehbuch lediglich sein kolossales Versagen in erzähltechnischer Hinsicht bezeichnen.

Die Darsteller versuchen ihrerseits das Beste aus dem undankbaren Drehbuch zu machen, und manchen gelingt das recht gut, anderen leider weniger.
Als große Fehlbesetzung erweist sich – so schmerzlich das klingt – Achilles-Darsteller Brad Pitt, der für die Rolle das Rauchen aufgab, sich lange darauf vorbereitete – und dennoch nicht überzeugen kann. Dass er einer der besten Schauspieler seiner Generation ist, hat er sowohl in Sieben [1995], als auch in Fight Club [1999] eindrucksvoll bewiesen; er machte Filme wie Rendezvous mit Joe Black [1999] und Legenden der Leidenschaft [1994] wirklich sehenswert, brillierte als Bergsteiger in Sieben Jahre in Tibet [1997] (für seine Darstellung darf er nun nicht mehr in China einreisen) und lehrte die Zuschauer in Kalifornia [1993] in der Tat das Fürchten. Und doch fehlt ihm zum Verkörpern einer antiken Sagengestalt schlicht die gewisse Ausstrahlung. Zwar nimmt man ihm Achilles' Arroganz und Egoismus bisweilen durchaus ab, sieht man ihn aber zusammen mit Peter O'Toole in einer Szene, wird der Unterschied deutlich. Gelingt es dem Altstar, aus seinem ohnehin blassen Charakter mittels Mimik, Gestik, Betonung und Stimme eine fast schon epische Weisheit herauszuholen, wirken Pitts Kommentare plump und unbeholfen. Achilles' bester kurzer Monolog darüber, dass die Götter die Menschen beneiden, hört sich aus seinem Mund an, als wäre er über das Skript selbst amüsiert. Insgesamt hat man das Gefühl, als könne er sich in diesem Kostüm am Set manchmal das Schmunzeln kaum verkneifen. Wenn er Patroklos tot vorfindet und ihn die Wut übermannt, scheint Pitt regelrecht gelangweilt; vergleicht man seine Darstellung hier mit den letzten Szenen in Sieben, in denen man mit ihm mitgelitten hat, so wirkt er in Troja einfach farblos. Auch seine letzte Szene mag da nicht viel zu retten – als Achilles war er schlicht und ergreifend die falsche Wahl.
Dem bereits angesprochenen Peter O'Toole gelingt es da schon eher, die Zuschauer für sich zu gewinnen, auch wenn ihm das Drehbuch kaum Gelegenheit bietet. Seine denkwürdigste Szene ist die Unterredung mit Achilles, wohingegen Priamos' heruntergehetzter Abgang ihm unwürdig ist. Den legendären Lawrence von Arabien [1962]-Darsteller nochmals in Aktion zu sehen, ist jedoch wirklich schön.
Brian Cox hat eine undankbare Rolle als Agamemnon zu füllen, zwar spielt er durchaus überzeugend, doch hat er bis auf große, bösartige Sprüche nicht viel in Petto; dafür wirkt Cox' Interpretation zu Beginn beinahe schon amüsiert und gezwungen.
Als sein Bruder ist der unter Bart kaum zu erkennende Brendan Gleeson zu sehen, der unter anderem in Dark Blue [2002] und Lake Placid [1999] mitgewirkt hat. Als Menelaos gehört er zu den wenigen, die ihre Gefühle und Beweggründe vernünftig zum Ausdruck bringen können. Er spielt gut, gehört aber entgegen der Sage zu den kurzlebigsten Beteiligten.
Wieso man die Rolle der Briseis nicht gestrichen hat, ist angesichts ihrer Tragweite beziehungsweise dem Fehlen derselben kaum verständlich, Rose Byrne gibt sich ohne Zweifel Mühe, und wächst im Laufe des Films sichtlich in ihre Figur hinein, gerade zu Beginn hat sie aber nichts zu tun und den Grund für ihre Faszination für Achilles bringt sie ebensowenig zum Ausdruck.
Ursprünglich hätte Helena im Film gar nicht gezeigt werden sollen, da auch Wolfgang Petersen nicht der Meinung war, dass irgendeine Darstellerin die Vorstellungen der Zuschauer erfüllen könnte – doch da das Studio darauf bestand, wählte der Regisseur eine unbekannte Darstellerin aus und fand in Diane Krüger seine Helena. Die 27-jährige Deutsche musste für die Rolle sogar sieben Kilogramm zunehmen, da Petersen sie für zu mager hielt. Als Darstellerin kann das Ex-Top-Model gerade so die Grundvoraussetzungen erfüllen, allerdings lässt sie eines vermissen, was man der Figur auf jeden Fall als notwendig zugesprochen hätte: Eine richtige Ausstrahlung. Stattdessen ist sie zwar nett anzusehen, zappelt jedoch wie eine angenehm dezent geschminkte Barbie durch die Kulissen, ohne Charisma oder Überzeugungskraft. Von der Goldenen Himbeere ist sie zwar weit entfernt, von einer positiven Auszeichnung aber noch viel, viel weiter.
Im Gegensatz zu Saffron Burrows, die unter anderem noch aus Deep Blue Sea [1999] bekannt ist, und hier als Hektors Gemahlin einen guten Eindruck hinterlässt. Obgleich sie nur wenige Dialoge hat, bringt sie diese mitreißend rüber und vermag jederzeit ihre Gefühle glaubhaft zu präsentieren.
Sean Bean bewegt sich auf gleichem Niveau; seine Arbeit an der Herr der Ringe [2001-2003]-Trilogie war ihm wohl von Vorteil, wenn es darum geht, altertümliche Sprachen stilvoll vorzutragen. Leider hat er in Troja viel zu wenig zu tun, sodass seine guten Momente in den 160 Minuten mehr oder weniger untergehen, zumal das Drehbuch der Figur des Odysseus keine Tiefe verleiht.
Von den Hauptdarstellern bleiben somit noch die Prinzen von König Priamos übrig, Hektor und Paris. Eric Bana verkörpert ersteren und ist eigentlich der beste Darsteller des Films, seine Szenen gehören zudem zu den Höhepunkten, sowohl bei den Kämpfen, als auch bei den Dialogen. Wenn er den Rat von Troja von einem Angriff auf die Griechen abhalten will, glaubt man ihm seine Verzweiflung, ebenso wie er sich in sein Schicksal fügt und gegen Achilles antritt. Als größter Sympathieträger macht er das Duell mit dem Göttersohn sehenswert, denn man fiebert mit ihm mit und würde ihm den Sieg wirklich gönnen. Bana agiert hier bei weitem natürlicher und überzeugender, als er es im letztjährigen Hulk [2003] vermochte, man kann nur hoffen, dass dem Australier öfter Rollen wie diese zugetragen werden.
Das Schauspiel seines Filmbruders Orlando Bloom steht auf einem ganz anderen Blatt. Bloom, der ebenfalls in Der Herr der Ringe zu sehen war, scheint hier wie die Erwachsenenversion eines Kleinkinds, Paris' Motive bleiben dem Zuschauer verborgen, seine kindliche und rückratlose Vorstellung bei dem Duell gegen Menelaos gehört zu den peinlichsten Szenen des ganzen Films – die vernichtende Szene in Bezug auf seine Leistung kommt kurz vor Schluss, in der er auf seine Cousine Briseis einredet. Blooms mimischen Anstrengungen wirken hier so unbeholfen und unfreiwillig komisch, dass man angesichts seines charismalosen Auftretens laut loslachen möchte. Hatte sich Orlando Bloom als Legolas in Der Herr der Ringe eine große Fangemeinde aufbauen und auch in Fluch der Karibik [2003] mit seinem jungenhaften Charme überzeugen können, verspielt er sich hier sämtliche Bonuspunkte und macht einen ersten großen Schritt auf seine erste Goldene Himbeere zu. Von ihm als Fehlbesetzung zu sprechen, ist fast eine Untertreibung, in der Rolle des Paris ist er schlicht lächerlich, wobei allerdings auch die gravierenden Drehbuchschwächen sicherlich einen großen Teil dazu beitragen.
Man sollte meinen, dass mit einer so hochkarätigen Besetzung ansich nichts falsch zu machen ist, und doch werden manche Darsteller ihren Rollen nicht gerecht – und ausgerechnet diejenigen, von denen man es am wenigsten erwartet hätte. Die meisten geben sich jedoch sichtlich Mühe, gegen das unausgegorene Drehbuch und die platten Dialogen anzuspielen, bis auf wenige erfreuliche Ausnahmen aber leider vergebens.

Dass Regisseur Wolfgang Petersen ein sehr guter und talentierter Regisseur ist, bewies er nicht erst mit seinem grandiosen Klassiker Das Boot [1981], und auch in Hollywood legte er mit In the Line of Fire – Die zweite Chance [1993] und Outbreak [1995] solide Arbeiten vor; doch seither ging es mit seinem künstlerischen Schaffen leider immer mehr bergab, obgleich Air Force One [1997] und Der Sturm [2000] zumindest großteils sauber umgesetzt waren.
In Troja ist davon leider wenig zu sehen, die Dialoge sind mit einfallslosen Perspektiven eingefangen, manchmal derart in Großaufnahme, dass man sich schon an eine TV-Seifenoper erinnert fühlt. Dafür lassen die Kampfsequenzen mit ihrem hektischen und unübersichtlichen Schnitt jedwede Choreographie vermissen.
Was einen aber wirklich ärgert, sind die verpatzten Möglichkeiten. Wo Peter Jackson in Der Herr der Ringe bei den Massenaufnahmen mit beeindruckenden und innovativen Kamerafahrten aufwartete, die Schlachten episch in Szene setzte und den Zuschauer allein durch die Bildgewaltigkeit an den Kino-Sessel fesselte, kommt Petersen mit 08/15-Einstellungen daher, eine getragene Inszenierung fehlt leider völlig. Stattdessen haben sich hin und wieder unpassende Matrix [1999]-ähnliche Zeitlupen hinein verirrt, die besonders die brutalen Szenen besonders hervorheben. Hätte Regisseur Petersen erneut auf die Dienste des deutschen Kameramanns Michael Ballhaus zurückgegriffen, wäre vermutlich eine deutlich angemessenere Inszenierung herausgekommen.
So lassen die Totalen über Troja Tiefe vermissen, statt dass der Regisseur dem Zuschauer vor der Vernichtung der Stadt noch zeigt, welche Bauten und Schätze die Griechen später dem Erdboden gleichmachen werden.
Inszenatorisch ist das als "Epos" beworbene Troja aufgrund von altbackenen Aufnahmen, klischeehaften Einstellungen und Schlachtszenen, die jegliches Tempo vermissen lassen, leider eine herbe Enttäuschung.

Und als wäre das nicht schon schlimm genug, können auch die Spezialeffekte nicht mit dem aktuellen Standard mithalten.
Manche Effekt-Einstellungen sehen zugegebenermaßen sehr gut aus, andere dagegen wirken, wie aus einem Computerspiel entnommen, zum Beispiel wenn die Griechen mit ihren Schiffen landen. Die Massenszenen vermitteln nicht den Eindruck, als wären 50.000 Männer auf dem Schlachtfeld, und auch die Kulissen im Inneren der Gebäude bestätigen diesen Eindruck. Der große Ratssaal der Trojaner gehört dabei zwar zu den Highlights, die restliche Stadt im Hintergrund oder die Katakomben erscheinen aber regelrecht billig. Obgleich vieles davon am Ende in Flammen steht, hat man weiterhin das Gefühl, es handle sich lediglich um Studiomaterial.
Was Petersen hier abliefert, ist die leidenschaftsloseste Arbeit, die man bislang von ihm gesehen hat, und ein zutiefst uninspiriertes Werk. Von einer monumentalen Erzählweise oder Umsetzung ist hier nichts zu sehen. Und das ist angesichts des schieren Budgets doch eine große Überraschung.

In den USA ist Troja ab 17 Jahren freigegeben. Der deutsche Verleih wollte für einen möglichen Erfolg auf Nummer sicher gehen und ließ einige Szenen entfernen, damit der Film mit einer Freigabe ab 12 Jahren in den Kinos starten konnte.
Selbst diese Fassung ist gerade bei dem Schlachtgetümmel mitunter derart brutal, dass man sich oft fragt, ob das wirklich sein muss. So ist schon am Anfang in Zeitlupe zu sehen, wie Achilles seinem Wiedersacher ein knapp 60 Zentimeter langes Schwert vom Hals aus nach unten in den Körper stößt, und es dann wieder herauszieht. In einer anderen Szene, die glücklicherweise mit schnellen Schnitten montiert wurde, trifft ein Speer einen Mann direkt in den Kopf und durchbohrt in geradewegs, und das sind nur zwei Beispiele.
Auch wenn Krieg sicher gewalttätig war und ist, und man dies zur Abschreckung auch zeigen sollte, kann Troja in der vorliegenden Version keinesfalls ab 12 Jahren empfohlen werden, egal wie die deutsche FSK hier im Würfelsystem entschieden haben mag.
Die Kürzungen selbst sind leider immer wieder offensichtlich, der abrupte Szenen- und Musikwechsel ist auch für wenig erfahrene Zuschauer häufig erkennbar.
Und doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die brutalen Szenen nur unmotiviert und geballt eingestreut wurden, als dass sie wie zum Beispiel in Braveheart [1995] einem authentischen Flair dienen würden, das das amerikanische R-Rating ermöglicht hätte. Was aber bei den Massenszenen vor den Stadtmauern Trojas die immer wieder auftretenden "Blutnebel" sollen, wenn die Reihen aufeinandertreffen, verstehe wer will.

Mindestens ebenso enttäuschend und zum eher mittelmäßigen Gesamteindruck des Films beitragend ist der Score von James Horner, der einfallsloser kaum sein könnte. Das ewig gleiche Gesäusel der Musik macht jeglichen emotionalen Dialog zunichte, die Actionszenen werden mit pompösem Standard-Geklimper, das Horner sowohl aus seinen eigenen Soundtracks Titanic und Legenden der Leidenschaft, als auch von Konkurrent Hans Zimmers Erfolgsscore Gladiator [2000] geklaut hat, zugekleistert, ohne Aufbau oder monumentale Melodien. Als wäre das nicht genug, erwartet den Zuschauer beim Abspann auch noch ein typischer Horner-Song, der demjenigen aus Die Maske des Zorro [1998] zum Verwechseln gleicht.
Horners Score ist – um es mal beim Wort zu nennen – unpassend, schlecht, farblos und gehetzt. Die Musik klingt in vielen Szenen fröhlich und tänzelnd, wenn auf der Leinwand Menschen zu Dutzenden den Tod finden, das Liebesthema dagegen so altbekannt, dass es schon vor 3200 Jahren nicht neu war – dennoch kann man dem Altmeister nur bedingt einen Vorwurf machen!
Eigentlich vorgesehen für den Score war Gabriel Yared (Stadt der Engel [1998], Unterwegs nach Cold Mountain [2003]), der mit Regisseur Petersen bereits im März 2003 zusammen kam, und Musik aufnahm, die während der Dreharbeiten abgespielt wurde. Doch einen Monat vor der Kinopremiere von Troja entschied das Studio Warner, dass Yareds Score zu "altbacken" klinge, und holte James Horner an Bord, der in Windeseile einen neuen Score schreiben und aufnehmen musste.
Yareds Soundtrack, der in Auszügen auf seiner Webseite zu hören ist, klingt dabei in der Tat eher wie ein Monumentalfilm-Soundtrack und auch nicht ganz so eingängig, wie Horners Bombast-Musik, dabei aber doch zu den Szenen deutlich passender und vor allem episch, ja bisweilen erinnern die kraftvollen Melodien und der gehobene Chor an Howard Shores Oscar-pramierte Der Herr der Ringe-Scores, eignen sich stimmungsvoll aber deutlich besser für Troja, als Horners Musik.
Was sich das Studio dabei gedacht hat, den eindeutig besseren Soundtrack abzulehnen und nicht einmal richtig zu veröffentlichen, wird ihr Geheimnis bleiben. James Horner lieferte hier unter Zeitdruck jedenfalls eine grenzenlos enttäuschende Arbeit ab, die den Film an manchen Stellen regelrecht zerstört. Fans sollten sich aus ihrer Sammlung drei oder vier ältere Scores des Musikers und den Gladiator-Soundtrack zur Hand nehmen – daraus lässt sich problemlos beinahe jede Melodie und jeder Cue zusammenstellen, der hier verwendet wurde.
Regisseur Petersen soll mit der Studioentscheidung übrigens nicht einverstanden gewesen sein, ebensowenig wie jeder Zuschauer, den der taktlose Soundtrack mit seiner Langatmigkeit zur Verzweiflung getrieben hat.

Verzweifeln kann auch der, der sich mit der Geografie, oder der Geschichte der alten Griechen etwas auskennt: Ganz offensichtliche Fehler sind beispielsweise, dass man zu Beginn den Hafen Spartas zu sehen bekommt, Sparta aber mitten auf dem Festland liegt und keinen Anschluss zum Meer hat; oder dass es in Troja Lamas gibt, die erst Jahrtausende später aus Südamerika nach Europa gebracht wurden. Auch die Belagerung der Stadt, die laut der Sage 10 Jahre gedauert haben soll, wird hier in zwölf Tagen abgehandelt. Und woher die riesigen Baumstämme gekommen sein sollen, mit deren Hilfe die Trojanier das Pferd in ihre Stadt brachten, wird ebenfalls nicht geklärt. Weitere Änderungen beinhalten, dass gemäß der Sage Paris später während des Krieges getötet wurde, und Helena zusammen mit Menelaos (der überlebte) nach Sparta zurückkehrte.
Anekdoten zu der Produktion gibt es indes so viele, dass man schon selbst ein Buch darüber schreiben könnte. So verletzte sich Brad Pitt während der Dreharbeiten (treffenderweise) die Achilles-Sehne, und Pitt und Bana hatten eine Vereinbarung für ihre Kampfszene getroffen, laut der jeder, der dem anderen (unbeabsichtigterweise, natürlich) einen leichten Schlag versetzt, 50 Dollar zahlen müsse, bei einem harten Schlag 100 Dollar. Pitt musste am Ende der Dreharbeiten 750 Dollar locker machen.
Zwei Biologen wurden während der Dreharbeiten (in Mexiko) angestellt, die an der Küste dafür sorgten, dass keine der zahlreichen Schildkröteneier von der Filmcrew zertrampelt wurden.

Für deutsche Kinozuschauer allerdings ein weiterer Grund zum Ärgern ist die Tatsache, dass Brad Pitt nicht wie gewohnt von Tobias Meister gesprochen wird, sondern von Martin Kessler, der Synchronstimme von Nicolas Cage.
Verantwortlich hierfür ist Regisseur Petersen, dem Pitts gewohnte Stimme zu weich für die Rolle des Achilles klang – dass es hierfür Proteste seitens der Kinozuschauer hagelt, ist sicher verständlich.

Auch sonst war das Publikum mit Troja nicht so zufrieden, wie es das Studio gerne gehabt hätte – und das zurecht.
Der Grund ist einfach: Während die Namen der Beteiligten und das Budget einen Monumentalfilm erwarten ließen, der diese Bezeichnung wirklich verdient, enttäuscht das Endergebnis als überlanger, inhaltsleerer und aufgeblasener Sandalenfilm, der weder seinem Thema, noch seinen Darstellern gerecht wird. Wohin die beinahe 200 Millionen Dollar geflossen sind, kann man sich beim besten Willen nicht erklären – dafür hätte man sogar fast zwei Herr der Ringe-Filme bekommen.
Die Handlungsweisen der meisten Figuren sind unverständlich, der Krieg zu kurz und Helena nicht mysteriös genug. Wer von Wolfgang Petersen einen erstklassigen Sommerfilm erwartet hat, der sowohl hinsichtlich Story, als auch in Bezug auf die Machart die Größe der griechischen Sage auszunutzen weiß, geht leer aus. Als Actionfilm oder Historiendrama überzeugt Troja hingegen ebensowenig, viel eher scheint es eine antike Kopie von Pearl Harbor [2001], nur ohne dessen Unterhaltungswert – und das ist ansich ein Paradoxon!


Fazit:
Brad Pitt als Achilles, Eric Bana als Hektor  und Peter O'Toole als Priamos – eigentlich sollte da nichts schief gehen, wenn das Drehbuch es denn verstehen würde, die Mythologie der griechischen Sage vernünftig umzusetzen.
Trotz der Kulissen und der Spezialeffekte, trotz der Massenszenen und der Zweikämpfe lässt einen das Geschehen in Troja ausgesprochen kalt. Auf keiner Seite der Beteiligten, weder bei den (vermeintlich) bösen Griechen, noch bei den unschuldigen Trojanern gibt es richtige Identifikationsfiguren, ihre Motivationen bleiben schleierhaft, und die Kampfszenen lassen jede Dynamik vermissen.
Dafür wartet Wolfgang Petersens Film mit einem unvorstellbar einfallslosen Soundtrack auf, einer routiniert einschläfernden Kameraführung samt Schnittarbeit, und einem derart platten Drehbuch, dass sogar in Seifenopern bessere Dialoge zu hören sind.
Der Aufwand und Eric Bana als Hektor rechtfertigen die Punktevergabe gerade noch, als mitreißendes Kino-Epos versagt Troja hingegen kläglich.