The Dark [2005]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Januar 2006
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: The Dark
Laufzeit: 96 min.
Produktionsland: Großbritannien / Deutschland
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: John Fawcett
Musik: Edmund Butt
Darsteller: Sean Bean, Maria Bello, Richard Elfyn, Maurice Roëves, Abigail Stone, Sophie Stuckey


Kurzinhalt:
Als Adèle (Maria Bello) mit ihrer Tochter Sarah (Sophie Stuckey) ihren Mann James (Sean Bean) an der walisischen Küste besucht, scheint im ersten Moment, als wäre die Familie wieder vereint – doch ist zwischen Adèle und Sarah etwas vorgefallen, das ihre Beziehung für immer verändert hat.
So fühlt sich das verschlossene Mädchen bei ihrem Vater in der unwirtlichen Umgebung aufgehoben und genießt das Landleben. Bei einem Spaziergang mit ihren Eltern wird sie von einer Horde Schafe angegriffen, die sie verletzten und anschließend das Cliff hinunterspringen. Wenig später hält sich auf einem Felsvorsprung am Meer nach Treibgut Ausschau, als sie urplötzlich verschwindet. Davon überzeugt, dass Sarah ins Wasser gefallen ist, beginnen Adèle und James die Suche nach ihr, die aber bis auf einige Kleidungsstücke ohne Erfolg bleibt. Während James mit weiteren Suchmannschaften die Küste absucht, versucht seine Frau, mit ihrer Schuld an Sarahs Verschwinden fertig zu werden.
Als Adèle jedoch ein kleines Mädchen um das verlassene Haus entdeckt, das vor ihr wegläuft, keimt Hoffnung in der trauernden Mutter auf. Doch statt Sarah, entdeckt Adèle Ebrill (Abigail Stone), die ihr sagt, sie wisse, wo Sarah sich aufhält. Wie Adèle aber recherhiert, ist Ebrill schon seit 50 Jahren tot – und auch wenn der Bekannte von James, der Einheimische Dafydd (Maurice Roëves), eine Erklärung für die Vorkommnisse hat, scheint die Schlussfolgerung daraus zu fantastisch und zu beängstigend für James und Adèle. Doch sieht die Mutter schließlich eine Möglichkeit, ihre Tochter zurück zu bekommen ...


Kritik:
Es gibt immer wieder Filmproduktionen, die – wenn schon nicht der Film selbst – hinter der Kamera einige Überraschungen bereit halten; weswegen die deutsche Firma Constantin Film Geld in ein kleines, wenig Gewinn bringendes Projekt wie The Dark investieren würde, mag zwar schleierhaft sein, es sind jedoch immerhin viele bekannte Namen mit dem Film verbunden. So steht hinter der Kamera Regisseur des Kult-Horror-Films Ginger Snaps [2000] und beteiligt an vielen TV-Produktionen und -Serien (darunter auch Steven Spielbergs Taken [2002]), in der Hauptrolle ist Maria Bello zu sehen, bekannt aus der TV-Serie Emergency Room - Die Notaufnahme [seit 1994], dem Mel Gibson-Film Payback – Zahltag [1999] und zuletzt A History of Violence [2005]. Der an ihrer Seite spielende Darsteller, Sean Bean, ist schon seit langem im Kino vertreten, erfuhr durch seine zwar kurze aber einprägsame Rolle in Der Herr der Ringe [2001-2003]-Trilogie einen Karriereschub. Er war im vergangenen Jahr unter anderem noch in Flightplan [2005] und Die Insel [2005] zu sehen. Die größte Überraschung ist jedoch der britische Produzent Paul W.S. Anderson, der als Regisseur von Alien Vs. Predator [2004] und Event Horizon - Am Rande des Universums [1997] von sich reden machte.
Es ist bedauerlich, dass die Romanverfilmung basierend auf einer Vorlage von Simon Maginn nicht ebenso viele Überraschungen bereit hält, sich stattdessen aber trotz einer soliden Umsetzung mit einer durchweg guten Atmosphäre auf die Klischees des Genres verlässt und mit einem Finale aufwartet, dass so fern ab dieser Welt ist, dass man als Zuschauer beinahe versucht ist, die Augen zu schließen, um den bisherigen Eindruck des Films nicht zu zerstören.

Das Drehbuch nimmt sich dabei sehr viel Zeit, die wenigen Charaktere einzuführen und baut ihre Figuren im Laufe der eineinhalb Stunden weiter aus. Dennoch bekommt man kaum etwas über den Hintergrund des Ehepaares genannt und erfährt nur sehr wenig über James im allgemeinen. Ausgelotet wird dafür ihre Trennung und die Beziehung der Mutter zu ihrer Tochter, die erfreulicherweise gegen den Klischeestrom schwimmt.
Zusammen mit der vermeintlich unwirtlichen Landschaft und der beunruhigenden Atmosphäre macht dieses Kammerspiel auch durchaus Sinn und unterhält, doch finden sich alsbald erste Fantasy-Elemente im Skript, die auf diese Art und Weise aufgesetzt wirken und insbesondere bei Adèle zu schnell Anklang finden, als dass man ihrer Motivation folgen könnte. Betritt die blasse Ebrill zusätzlich noch die Bühne, begibt sich das Drehbuch auf ein Gleis, das man ihm zu Beginn einerseits nicht zugetraut hätte, und das auch zu viele Klischees des Genres heraufbeschwört, ohne dabei wirklich neue Impulse liefern zu können.
Jene kommen erst durch die von Dafydd erzählte Hintergrundgeschichte, die allerdings wenig überzeugend wirkt und erneut zu dem ansich sehr menschliche Drama der Familie ein Mystery-Element beisteuert, das nicht zum Rest zu passen scheint. Konzentriert sich die zweite Hälfte des Films zusehends auf die weibliche Hauptrolle, stößt das Finale mit seinem reinen Fantasy-Charakter, der auch in seiner Durchführung auf plumpe Art und Weise an Hinter dem Horizont [1998] erinnert (ohne jedoch dessen Symbol- oder Bildgewaltigkeit zu erreichen), gerade diejenigen Zuschauer ab, die mit den beiden Hauptfiguren mitgefiebert hatten. Immerhin bewahren sich die Macher hier eine kleine Storywendung, die Genrefans zwar kommen sehen, die den letztlichen Eindruck aber immerhin etwas glättet.
So macht die Vorlage einen sehr durchwachsenen Eindruck, beginnt mit einer ansich menschlichen Tragödie und ersetzt das Drama durch einen übernatürlichen Thriller, der zu sehr an bekannte Zutaten erinnert und dennoch zu künstlich und erzwungen scheint, dabei aber gerade die Charakterentwicklung unterwegs "vergisst".

Den Darstellern ist dabei ansich kein Vorwurf zu machen, Maria Bello leidet in der vorliegenden Synchronfassung am meisten unter der deutschen Stimme und der gelegentlich unsauberen Synchronisation, die ihr beim Laufen durch die Landschaft aufgesetzt laut ein Stöhnen und Ächzen abringt. Mimik und Gestik sind hingegen routiniert, erreichen aber nicht das Niveau, das die inzwischen 38jährige Darstellerin unter anderem in Emergency Room oder auch in Payback bewies. In diesem Jahr wird sie im neuen Oliver Stone-Film World Trade Center [2006] zu sehen sein.
Routiniert wie gewohnt und dabei in manchen Szenen Bello merklich an Natürlichkeit überlegen agiert Sean Bean, der trotz einiger nicht nachvollziehbarer Rollen in den letzten Jahren in seiner Leistung eigentlich nie enttäuscht hat, verlieh er doch auch Filmen wie Troja [2003] zu guten Momenten. Er macht das Drama seiner Figur für den Zuschauer sicht- und spürbar, bekommt vom Skript jedoch keine Möglichkeit, seine Zweifel über Adèles Überzeugungen wirklich auszudrücken.
Der Engländer Maurice Roëves hat zwar nur wenige Szenen, erzeugt in diesen jedoch ein unbestreitbares Charisma, das bei seiner Rolle ansich gar nicht notwendig gewesen wäre. Schade, dass seine Figur im Film so stiefmütterlich behandelt wird, wäre er mehr eingebunden worden, wären auch mehr Spannungsszenen möglich gewesen.
Nicht ganz so überzeugend agieren die beiden Kinddarstellerinnen, allen voran Abigail Stone, die als Ebrill ansich eine Unruhe beim Zuschauer erzeugen sollte, aber in ihrer Mimik zu unentschlossen, zu unnatürlich und zu wenig beängstigend wirkt, als dass ihr das gelingen könnte. Anders hingegen Sophie Stuckey, die zwar durchweg solide agiert, der aber (vermutlich durch die deutsche Synchronisation) ihre Ähnlichkeiten mit ihrem Filmvater James abhanden gekommen scheinen, auch wenn mehrmals darauf bezogen wird.
So wird der Cast von zwei guten Akteuren angeführt, die ihren Figuren auch die notwendige Tiefe verleihen können, um wenigstens zu überzeugen, schade nur, dass anderen Orts das Drehbuch mehr nicht zulässt und insbesondere die wichtigste Kinddarstellerin zu mehr nicht in der Lage ist.

Handwerklich gibt es indes kaum etwas auszusetzen, insbesondere die Kameraführung durch den in München geborenen Christian Sebaldt ist gut gelungen und er fängt gerade in der ersten Hälfte des Films die ebenso raue wie faszinierende Landschaft gekonnt in stilvolle Bilder. Der Schnitt scheint, gerade mit den immer wieder eingestreuten Rückblenden und Erinnerungen hingegen unnötig verschachtelt und stellenweise auf Krampf in eine Stilrichtung gerückt, die sehr stark an den Horror-Erfolg The Ring [2002] erinnert.
Doch erzeugte Ring-Regisseur Gore Verbinski die unheimliche Stimmung aus einer Mischung der Bilder, der Klänge und der durchweg Furcht einflößenden Situationen, gelingt dies John Fawcett nur in einer Szene beim Finale, bei der sich Adèle dem Schäfer und seinen Schafen gegenüber sieht. Bis dahin (und auch danach) konzentriert sich der Horror auf kleine Filmschnipsel, in denen grausame Bilder angedeutet werden, plötzlich laute Geräusche oder die genreüblichen Figuren, die sich umdrehen und urplötzlich jemand vor sich stehen sehen. Durch die Landschaft und Geschichte wirkt das zwar prinzipiell beunruhigend, aber nie beängstigend und verfehlt damit das Ziel des Regisseurs vollkommen.
Einen Teil dazu trägt sich auch die Story bei, die in dem Sinne zu gekünstelt erscheint und deren Verlauf zu fantastisch wirkt, als dass man sich als Zuseher darin verlieren könnte.

Bis auf zwei Kinoproduktionen (darunter Dark City [1998]), bei denen Komponist Edmund Butt als zusätzlicher Orchestrator verantwortlich war, konzentriert sich das Schaffen des Künstlers bislang auf Fernsehproduktionen, dabei ist sein Score zu The Dark ansich durchweg sehr stimmungsvoll geraten und überzeugt mit einer minimalistischen, wenn auch immerhin instrumentalen Begleitung der Bilder.
Zwar wirkt die Musik in manchen Schlüsselmomenten ein wenig laut eingespielt, doch dies ist Butt nicht anzulasten; dafür macht sein Soundtrack einen durchweg guten und passenden Eindruck und vermittelt insbesondere beim Vorspann ein passendes, musikalisches Bild der Landschaft, der sich die Figuren gegenüber sehen.

Blickt man nach eineinhalb Stunden auf The Dark zurück, bleibt zunächst der Eindruck, dass der Film länger schien, als er tatsächlich war. Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, dass Fawcetts Regiearbeit langweilig geraten wäre, nur sieht man sich einem Kammerspiel gleich immer wieder denselben Umgebungen und denselben Zimmern gegenüber, ohne dass dazwischen wirklich viel passiert wäre.
Hätte man sich entweder auf einen Thriller mit leicht übersinnlichen Elementen, oder aber ein Drama in der kantigen Umgebung beschränkt, wäre mit diesen Darstellern sicherlich ein wirklich guter Film herausgekommen, und die Beteiligten geben sich auch alle Mühe, dass durchwachsene Skript so gut es geht zum Leben zu erwecken. Es sind dabei weniger die Dialoge, die einen als Zuschauer stören, als die grundsätzliche Storyentwicklung, deren sprungartigem Verlauf man zunächst kaum glauben kann und am Ende auch nicht glauben möchte. Und wenn bei einem Horror-Film keine beängstigende Stimmung aufkommt, helfen auch eine solide Inszenierung und gute Akteure nicht weiter – Interessenten sollten das Geld der Kinokarte lieber für einen Gang zur Videothek investieren und die ersten beiden Ring-Filme ausleihen, bei denen man sich mehr gruselt und auch besser unterhalten wird.


Fazit:
Auch wenn Regisseur John Fawcett durch die Rückblenden und das menschliche Drama im Hintergrund einen etwas anderen Ansatz pflegt, schwimmt The Dark in Sachen Präsentation und Optik doch eindeutig auf einer Welle mit, die The Ring vor vier Jahren neu ins Rollen brachte, ohne aber dessen Klasse oder Originalität zu besitzen. Dafür wirkt der übersinnliche Aspekt zuerst zu aufgesetzt und beim Finale zu erzwungen, zu viel und zu unglaubwürdig.
Wen das nicht stört, der darf sich eineinhalb Stunden mit einer berauschend rauen Landschaft unterhalten lassen, zwei gut gelaunten Darstellern und einer ansich durchgehend stimmungsvollen Atmosphäre, deren Schreck-Momente aber meist durch laut eingespielte Geräusche, statt durch die Situation selbst entstehen. Wirklich Furcht einflößende Situationen sucht man hier vergebens, so dass Genrefans zu bereits auf Video erhältlichen Titeln greifen sollten – enttäuschte The Descent – Abgrund des Grauens [2005] vor kurzem mit einem aufgesetzten Splattergehalt, ist dies bei The Dark mit einem stellenweise esoterischen Fantasygehalt der Fall, der mehr in Erinnerung bleibt, als die restliche Geschichte, die zwar mystisch erscheinen mag, aber ebenso unpassend eingewoben ist.