Bulworth [1998]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 21. September 2002
Genre: Komödie / UnterhaltungOriginaltitel: Bulworth
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 12
Regie: Warren Beatty
Musik: Ennio Morricone
Darsteller: Warren Beatty, Sean Astin, Halle Berry, Don Cheadle
Kurzinhalt:
Senator Jay Bulworth (Warren Beatty) hat gute Chancen bei der in wenigen Tagen anstehenden Wahl, gewählt zu werden – er steht für die Werte der Familie, verspricht, überflüssige Gesetze abzuschaffen und versucht, allen verschiedenen Gruppen das zu sagen, was sie hören wollen.
Doch innerlich ist Bulworth am Boden zerstört, seine Ehe ist eine Farce, seine Tochter möchte nicht einmal mehr mit ihm reden und er weiß am besten, dass die Wahlkampfspenden, die er von allen Seiten bekommt nur dazu dienen, dass er nach der Wahl für die Interessen der Unternehmen einsteht und alle Wahlversprechen schnell vergisst.
Angewidert von seinem Leben, entschließt sich Bulworth, eine hohe Lebensversicherung abzuschließen und gleichzeitig, einen Auftragskiller auf sich selbst anzusetzen. Danach fühlt er sich richtig befreit und sagt den Leuten endlich das, was er wirklich denkt: Niemand schert sich um ihre Rechte, wer die Politiker bezahlt hat auch gute Chancen, dass seine Interessen Beachtung finden. Er sagt seinen Spendern ins Gesicht, was er von ihnen und ihren Machenschaften hält und zu seiner Überraschung schießt er in den Umfragen steil nach oben! Gleichzeitig hat er sich auch in die junge Afro-Amerikanerin Nina (Halle Berry) verliebt, was mit seinem vorschnellen Ableben überhaupt nicht vereinbar ist – doch den Killer ausfindig zu machen und seinen Auftrag abzublasen, ist gar nicht so einfach, wie man denkt.
Kritik:
Für Warren Beatty war Bulworth ein Traumprojekt, das er großteils aus eigener Tasche finanzierte – kein Studio wollte ein so politisch unkorrektes Thema produzieren, zumal auch die Filmindustrie kräftig in der Politik mitmischt. Beatty übernahm das Drehbuch, die Regie und die Hauptrolle, doch der Erfolg war ihm nicht vergönnt – zumindest in finanzieller Hinsicht nicht.
Kritiker und Zuschauer feierten Bulworth als eine der treffendsten und bissigsten Politsatiren seit langem, doch irgendwie kann ich mich da nicht anschließen. Der Film hinterließ bei mir einen sehr zwiespältigen Eindruck. Der Anfang ist erfrischend und vielversprechend, die Ausgangslage des Protagonisten interessant. Doch im Mittelteil versumpft der Film zu einem langatmigen, orientierungslosen und viel zu überdrehten Klischeefilmchen. Gegen Ende hin bessert sich das wieder und Bulworths Schlusspladoyer ist absolut gelungen – danach geht der Film jedoch mindestens 5 Minuten zu lang und genau dann, wenn sich der Hauptcharakter endlich entscheiden müsste, wenn der Zuschauer darauf wartet, die zukünftige Richtung seiner politischen Karriere zu sehen, endet der Film überraschend und lässt den Zuschauer mit viel offenen Fragen und unbefriedigt zurück – getreu dem Motto: wenn ich mich nicht entscheiden kann, wie's weitergehen soll, mache ich einfach Schluss.
Viel Potential, schwache Umsetzung.
Das Drehbuch ist, wie der Inhalt selbst, durchwachsen; was mir völlig gefehlt hat, ist die Motivation des Hauptcharakters. Was bringt Bulworth dazu, einen Killer anzuheuern? Diese Frage wird nie richtig geklärt. Wenn die Verlogenheit seiner Politik der Grund wäre, hätten wir viel weniger Abgeordnete auf dieser Welt – und noch weniger Kandidaten. Dass seine Ehe den Bach heruntergegangen ist, wird auch nur am Rande erwähnt, seine Vorgeschichte überhaupt nicht. Bulworth ist ein Charakter ohne Vergangenheit, Gegenwart oder bestimmter Zukunft. Wieso er nach seiner "Läuterung" seine Reden unbedingt in Rap-Form darbringen muss, habe ich auch nicht verstanden. Beim ersten Mal ist es noch neuartig und witzig, nach dem dritten Mal war es nur noch langweilig, monoton und unoriginell (obgleich seine Aussagen wirklich treffend waren).
Bulworths Assistent Murphy (Oliver Platt) ist ebenso eindimensional, ein Karrierist ohne Rückgrat, anfangs zurückhaltend, in der Mitte des Films kiffend übertrieben und am Schluss nicht mehr präsent. Bis auf ein paar gute Sprüche völlig überflüssig.
Auch die anderen Darsteller spielen ihren Rollen entsprechend zwar ganz gut, an der Eindimensionalität der Figuren ändert das aber leider nichts. Auf mich wirkte all das – zusammen mit der unentschlossenen Story und dem dahintröpfelnden Erzählstil –, als ob bis auf die Grundidee das Drehbuch in wenigen Tagen dahingeschludert wurde und jegliche Überarbeitung fehlte. Ansich sehr bedauerlich, denn aus der Idee hätte man eine bissige und ernsthafte Politsatire machen können. Die Ansätze waren vorhanden, doch die Durchführung war mehr als dürftig.
Sehr deutlich wird das für mich an dem gänzlich fehlplatzierten Charakter des farbigen Obdachlosen, der mit allerlei philosophischen Sprüchen während des Films immer wieder die Geduld des Zuschauers auf die Probe stellt. Nach dem 10. Mal hätte ich mir gewünscht, er wäre ein Gespenst und ein Geist zusammen (und würde endlich die Klappe halten).
Kamera und Schnitt wirken in manchen Szenen (insbesondere in einer Disco-Szene und bei den "Verfolgungsjagden") zu hektisch, unübersichtlich – ansonsten sind sie unauffällig. Einen kleinen Punktabzug gibt es für die Bluescreens, die während den Autofahrten allzu offensichtlich sind; sogar in Klassikern aus den 60er Jahren sieht so etwas deutlich besser aus.
Ennio Morricone, der für den Score vernatwortlich war, hat nicht zuletzt mit seiner Musik zu Mission to Mars [2000] gezeigt, wie einfach man allein mit der Musik einen Film völlig zerstören kann. Auch bei dem verkorksten U-Turn [1997] bewies er sein fehlendes Talent, einen Film (der kein Western ist!) der Atmosphäre entsprechend zu vertonen (obgleich das U-Turn auch nicht mehr geholfen hätte); immer noch in Erinnerung sind mir die ungesunden Instrumentenquälereien bei Enthüllung [1994] – kaum zu glauben, dass dieser Man den kongenialen Soundtrack zu dem berühmten Spiel mir das Lied vom Tod [1968] schrieb. In Bulworth, das muss ich ihm zugestehen, ist seine Musik gut, vor allem, da sie so gut wie nie zu hören ist – dafür wird der Zuschauer mit einem Rap-Song nach dem anderen bombardiert, was einem früher oder später ebenfalls auf die Nerven geht.
Als Politsatire ist Wag the Dog [1997] nicht nur erfolgreicher gewesen, sondern in meinen Augen auch um einiges realistischer und besser. Während einem dort das Lachen teils im Halse stecken bleibt, angesichts mancher bösartiger Witze, schüttelte ich bei Bulworth des öfteren den Kopf, als der Hauptcharakter etwas völlig unverständliches und unglaubwürdiges tat.
Der Film hat sicher seine Fans, mich hat er nicht gewonnen – es gibt bessere Filme, auch deutlich bessere Politsatiren, auf den untentschlossenen und verschenkten Bulworth ist man als Zuschauer wirklich nicht angewiesen. Die Inszenierung ist großteils ohne größere Patzer und die Darsteller allesamt gut – doch auch sie bleiben weit hinter ihrem Potential zurück.
Fazit:
Dieser selbstmordgefährdete und rappende Politiker bekommt meine Stimme eindeutig nicht – auch wenn die Rap-Einlagen gut übersetzt und synchronisisert sind, habe ich das Gefühl, dass dem Film ein vernünftiger Anfang und ein richtiges Ende geholfen hätten.
So wirkt er halbfertig, unausgegoren und von der Kritik (wie einige Filme von Filmgrößen wie Warren Beatty) völlig überschätzt.