Last Breath [2025]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 22. April 2025
Genre: Drama

Originaltitel: Last Breath
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Alex Parkinson
Musik: Paul Leonard-Morgan
Besetzung: Woody Harrelson, Simu Liu, Finn Cole, Cliff Curtis, Mark Bonnar, MyAnna Buring, Josef Altin, Bobby Rainsbury, Connor Reed, Nick Biadon, Riz Khan


Kurzinhalt:

Selbst wenn ihr Beruf alles andere als alltäglich ist, ihr Auftrag beginnt wie jeder andere, als das Schiff von Kapitän Jenson (Cliff Curtis) von Schottland aus in die Nordsee aufbricht. Mehrere Crews an Bord werden in speziellen Tanks an die Arbeit 100 Meter unter dem Meeresspiegel angepasst. Dort sollen unter anderem der erfahrene Duncan (Woody Harrelson) sowie die Experten Dave (Simu Liu) und Chris (Finn Cole) eine Pipeline auf dem Meeresgrund reparieren. So gefährlich die Arbeit, es gibt viele Sicherheitsprotokolle, die Zwischenfälle verhindern sollen. Doch kurz nach Beginn beginnt das Schiff, das bei hohem Wellengang von einer automatischen Steuerung an Ort und Stelle gehalten wird, abzutreiben. In der Folge strandet Chris an der Pipeline, hundert Meter unter dem Meer und nur mit zehn Minuten Sauerstoff. Für Duncan und Dave beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, zusammen mit der Crew und Tauch-Supervisor Craig (Mark Bonnar). Für Chris ist es ein Kampf ums Überleben, bei dem er im Grunde keine Optionen hat …


Kritik:
Basierend auf seiner Dokumentation Der letzte Atemzug: Gefangen am Meeresgrund [2019] erzählt Filmemacher Alex Parkinson in dem auf Tatsachen basierenden Last Breath von einem verheerenden Tauchunfall in 100 Metern Tiefe, der gleichzeitig in einer Rettungsmission wie auch einem Überlebenskampf mündet. Dessen Ausgang ist beinahe unvorstellbar, doch was sich immens packend anhört, greift in der dramatisierten Umsetzung viele Klischees auf und endet kaum so mitreißend, wie es beginnt.

Bereits die Arbeitsbeschreibung von Chris Lemons, Dave Yuasa und Duncan Allock klingt vollkommen verrückt. Sie zählen zu den hochspezialisierten Tauchern, die am Meeresgrund für die Wartung der weltweit mehr als 20.000 Meilen verlegter Rohre verantwortlich sind. Damit Menschen in solchen Umgebungen überhaupt lebensfähig sind, bedarf es eines speziellen Sauerstoffgemischs. Allein die Dekompression nach dem Auftauchen in an ein U-Boot erinnernden Röhren dauert vier Tage. Die Druckanpassung vor dem Tauchgang noch länger. Unter Captain Jenson soll der erfahrene Duncan, für den es nach 20 Jahren der letzte Tauchgang wird, zusammen mit dem kühl auftretenden Dave und Chris, der sich von seiner Verlobten verabschiedet hat, in der stürmischen Nordsee eine Gasleitung reparieren. Der hohe, unruhige Wellengang stellt für das Schiff an sich kein Hindernis dar, da es von Computersystemen an Ort und Stelle gehalten wird. Dabei ist die „Glocke“, eine kompakte Kugel, in der die drei Spezialisten 100 Meter tief ins Meer abgelassen werden, mit dem Schiff verbunden und die beiden Taucher Dave und Chris wiederum über eine Nabelschnur mit der Glocke selbst. Darüber erhalten sie Strom und Sauerstoff. Doch kurz nach Beginn der Reparatur versagt das dynamische Positionierungssystem und als das Schiff abgetrieben wird, wird die Nabelschnur von Chris’ Taucheranzug durchtrennt. Er bleibt allein auf dem Meeresgrund zurück, mit gerade einmal 10 Minuten an Notsauerstoff und ohne, dass Dave oder Duncan eingreifen könnten.

Bis die Rettungsmission überhaupt erst beginnt, ist die Hälfte der Laufzeit von eineinhalb Stunden vorüber, die in etwa so lange ist wie die Dokumentation über den realen Zwischenfall. Dabei hat es nicht den Anschein, als würde Last Breath das Geschehen, das sich nach dem Durchtrennen der Nabelschnur abspielt, in Echtzeit erzählen, was sich in gewisser Weise anbieten würde. Dafür wartet Filmemacher Alex Parkinson im Vorfeld mit zahlreichen Informationen über die herausfordernde Arbeit so weit unter dem Meeresspiegel auf. Eine tiefergehende Vorstellung der Figuren unterbleibt jedoch. Bis auf die vorgenannten Hintergründe erfährt man nichts zu den Charakteren. Das macht es allerdings auch schwerer, mit ihnen mitzufiebern, wenn sie am Meeresgrund stranden und um ihr Leben bangen. Ganz zu schweigen von der Besatzung des Schiffes, von der man nicht einmal die Namen erfährt und sich nur erschließen kann, wofür sie verantwortlich sind. Hier lässt das Drama viel Potential brachliegen und erzeugt, anders als bei der in der Glocke eingeschworenen Crew, kaum ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Dafür gelingt es der Nacherzählung ausgesprochen gut, dem Publikum die geradezu überwältigende Situation zu vermitteln, in der sich die Taucher befinden. So tief unter Wasser würde ein zu rasches Auftauchen nicht nur den sicheren Tod bedeuten, sie springen buchstäblich in völlige Finsternis in eine Umgebung, deren Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt liegt. Die klaustrophobische Stimmung ist bereits mit Händen zu greifen, ehe das Schiff abzudriften droht und sich die Nabelschnur der Taucher anspannt. Es ist eine Horrorvorstellung, die kaum zu überbieten ist, zumal ein Ankerlassen nicht möglich ist, da dies die Pipelines beschädigen und eine Naturkatastrophe auslösen könnte. Das mangelnde Licht sorgt dafür, dass Last Breath merklich dunkel geraten ist, doch es trägt zur greifbaren Atmosphäre des Dramas bei. Wie auch die teils ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Dem entgegen stehen Klischees wie eine letzte Mitteilung von Chris’ Verlobter, während dem der Sauerstoff ausgeht, oder kitschige Dialoge, die man bereits zu oft in Überlebensthrillern gehört hat.

Dabei wirkt Last Breath trotz der kompakten Laufzeit etwas lang, als wäre der Fokus, auch mit einem langen Epilog, nicht richtig gesetzt. Anstatt sich auf die Vorbereitung und die Rettungsmission zu konzentrieren, schweift die Erzählung ab, verbindet aber die unterschiedlichen Erzählebenen in der Glocke und auf dem Schiff, auf dem nach einer Lösung für das Positionierungssystem gesucht wird, nicht richtig. Vielleicht wäre hier auch mehr erzählerische Freiheit hilfreich gewesen. Dafür erwartet das Publikum eine Erzählung mit durchaus beklemmenden wie packenden Momenten und wenn Chris abgeschnitten und ohne Licht auf dem Meeresboden auf sich gestellt ist, ist das durchaus beängstigend. So stark dies stellenweise auch gespielt ist, es bleibt der Eindruck, als hätte man die Dramatik der Situation noch besser zur Geltung bringen können.


Fazit:
Die Situation, in die sämtliche Beteiligten geraten, ist so erschreckend, wie sie die Meisten wohl lähmen würde. Dass es gelungen ist, eine noch größere Katastrophe zu verhindern, grenzt, insbesondere in Anbetracht des Ausgangs, an ein Wunder. Aber während Filmemacher Alex Parkinson gelungen ein Gefühl hierfür vermittelt und gleichzeitig Interesse an seiner eigenen Dokumentation weckt, liefert seine an sich dramatischere Nacherzählung nur in den ersten beiden Dritteln das, was man davon erwarten würde. Last Breath ist über weite Strecken deutlich stärker, als der Film in Erinnerung bleibt. Angefangen von der guten Besetzung, über die Inszenierung, durch die das Publikum mit in jene Situationen versetzt wird. Doch richtiggehend packend geraten die Rettungsmission wie auch der Überlebenskampf nur selten. Das heißt nicht, dass dies nicht lohnen würde, man würde sich in Anbetracht der so unglaublichen, wahren wie ergreifenden Geschichte nur etwas mehr versprechen.