28 Weeks Later [2007]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. Mai 2025
Genre: Horror
Originaltitel: 28 Weeks Later
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: Großbritannien / Spanien / USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren
Regie: Juan Carlos Fresnadillo
Musik: John Murphy
Besetzung: Robert Carlyle, Rose Byrne, Jeremy Renner, Harold Perrineau, Imogen Poots, Mackintosh Muggleton, Catherine McCormack, Idris Elba
Kurzinhalt:
28 Wochen, nachdem ein hochansteckendes Virus über Großbritannien hereingebrochen ist und die Infizierten weite Teile der Bevölkerung dahingerafft haben, hat in einer Quarantänezone in London der Wiederaufbau begonnen. Seit Monaten wurde keine Infektion beobachtet. Unter Leitung der von Brigadegeneral Stone (Idris Elba) geführten NATO-Einheit kehren Zivilisten nach Großbritannien zurück und sollen dort ein normales Leben führen. Darunter sind die Geschwister Tammy (Imogen Poots) und Andy (Mackintosh Muggleton), deren Vater Don (Robert Carlyle) den Ausbruch überlebt hat. Als sich die beiden Kinder davonschleichen, um aus ihrem alten Haus außerhalb der Quarantänezone Erinnerungsstücke an ihre Mutter Alice (Catherine McCormack) zu bergen, die den Infizierten zum Opfer fiel, machen sie eine unerwartete Entdeckung. Die stellt auch die Sanitätsoffizierin Scarlet Levy (Rose Byrne), eine Expertin für das Virus, vor ein Rätsel. Noch bevor sie verstehen kann, was genau geschehen ist, gerät die Situation in der Sicherheitszone außer Kontrolle und nicht nur sie, sondern auch Scharfschütze Doyle (Jeremy Renner) und Helikopterpilot Flynn (Harold Perrineau) kämpfen um ihr Leben …
Kritik:
Die Fortsetzung zu Danny Boyles einflussreichem Genrefilm 28 Days Later [2002] setzt mehr als ein halbes Jahr nach dessen Ereignissen ein und zeigt, wie Großbritannien nach Ausbruch eines verheerenden Virus wiederaufgebaut werden soll. Doch so viele Ideen 28 Weeks Later mitbringt, Filmemacher Juan Carlos Fresnadillo gelingt es kaum, sie wirklich zu nutzen, oder in einen größeren Kontext einzubetten. Was bleibt, ist stimmungsvoll, aber kaum mehr als das, was man bereits gesehen hat.
Da es sich bei den Infizierten in 28 Days Later nicht um Zombies nach dem allgemeinen Verständnis handelte, sondern sie vom sogenannten „Wut-Virus“ befallen waren, sind die Infizierten wenige Wochen nach Ausbruch buchstäblich verhungert. Nach einigen Monaten übernimmt eine von den Vereinigten Staaten geführte NATO-Einheit unter dem Kommando von Brigadegeneral Stone das britische Festland und beginnt in London, nachdem Großbritannien für infektionsfrei erklärt wurde, mit dem Wiederaufbau. Viele Briten, die sich bei Beginn des Ausbruchs im Ausland aufgehalten haben, kehren zurück, darunter auch die beiden Geschwister Tammy und Andy, die sich auf einem Schulausflug befanden. Ihr Vater Don hat den Ausbruch überlebt und erzählt seinen Kindern, wie er mitansehen musste, dass ihre Mutter Alice von Infizierten gebissen wurde. Sekunden später verwandeln sich die Opfer solcher Angriffe selbst in Infizierte. Doch als Tammy und Andy sich hinausschleichen, um außerhalb der Quarantänezone in ihrem Haus ein paar Habseligkeiten zusammen zu suchen, machen sie eine Entdeckung, die nicht nur ihre Welt auf den Kopf stellt. Auch die Sanitätsoffizierin und führende Expertin hinsichtlich des Virus, Scarlet, steht vor einem Rätsel. In rasendem Tempo gerät die wohl beschützte Ordnung in London ins Wanken und General Stone muss mitansehen, wie ihm zunehmend die Kontrolle entgleitet.
Geradezu erschütternd ist dabei der Beginn der Geschichte. Kurz nach Ausbruch des Virus verstecken sich Don und Alice in einem kleinen Cottage auf dem Land mit anderen Zivilisten. Sie haben es bislang geschafft, unentdeckt zu bleiben, bis eine Unachtsamkeit dazu führt, dass das Anwesen von Infizierten überrannt wird. Don gelingt die Flucht, doch was er seinen Kindern Monate später nicht erzählt, er ist kein Held in schimmernder Rüstung. Als er sah, dass seine Frau in der Falle saß, half er ihr nicht, sondern rannte weg. Man könnte nun erwarten, dass Dons Figur sich seiner Scham stellen und in einem anderen Moment über sich hinauswachsen muss, doch dem ist nicht so. Seine Entwicklung kommt durchaus unerwartet, was nicht bedeutet, dass sie überaus gelungen ist. Sie ist vor allem das Ergebnis vollkommen absurder Entscheidungen. Wie diejenige der Kinder zu Beginn, die Quarantäne zu brechen und ihr Zuhause aufzusuchen. Insbesondere in Anbetracht dessen, was sie alles erlebt und welche Verluste sie erlitten haben, ist ihr Verhalten nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für Don, der zudem aus unerfindlichen Gründen Zugang zu hochsensiblen militärischen Einrichtungen erhält. Einzig die Reaktion der Medizinerin Scarlet scheint nachvollziehbar, die Tammy und Andy um jeden Preis schützen will, nachdem die Situation in der Sicherheitszone außer Kontrolle geraten ist.
28 Weeks Later stellt dabei Ideen und Figuren vor, die auf den ersten Blick interessant erscheinen. Sei es Scharfschütze Doyle, der beginnt, seine Befehle zu hinterfragen und sich Scarlet und den Kindern anschließt. Oder General Stone, der mitansehen muss, wie sich alles, was er in den vergangenen Monaten aufgebaut hat, buchstäblich in Rauch auflöst. Doch diese Figuren kommen kaum zur Geltung und haben nur wenig zu tun. Dafür etabliert die Geschichte eine neue Art Bösewicht, einen Infizierten, der bestimmte zentrale Figuren in Visier nimmt und sie verfolgt. Nicht nur, dass dies dem Konzept des Virus entgegenläuft, es erscheint auch inhaltlich unnötig, da die größte Bedrohung der Infektion daher rührt, dass die Infizierten so rasend schnell sind und sich die Infektion derart rapide ausbreitet. Die Masse an Infizierten ist buchstäblich überwältigend. Dies wird in einer erschreckenden Sequenz auch zur Geltung gebracht – dunkel und vollkommen verwackelt, wie viele der Angriffe in Szene gesetzt sind. Doch stehen dem andere kreative Entscheidungen gegenüber, die von einer Grausamkeit geprägt sind, die schlicht nicht nachvollziehbar ist. So wird ausgerechnet eine Figur, die zuvor enttäuscht wurde, ausgerechnet von der Person, die sie enttäuscht hat, auf derart brutale Weise getötet, ohne sich wehren zu können, dass man sich fragen muss, was die Verantwortlichen dem Publikum hier mit auf den Weg geben wollen.
Diese Grausamkeit zieht sich in der zweiten Filmhälfte schließlich noch durch weitere Sequenzen, wodurch ein merklich bitterer Nachgeschmack bleibt. Da hilft es auch nicht, dass man bei vielen der Angriffe nur wenig erkennen kann. Vielmehr kommt erschwerend hinzu, dass die Trickeffekte ab der Hälfte stetig sichtbarer werden, als wäre 28 Weeks Later in der Darstellung des sich ausbreitenden Chaos ambitionierter, als das Budget den Filmschaffenden zugesteht. Wohin dies führt und welche von den Figuren den Abspann erleben werden, ist nach der großen (durchaus gelungenen) Wendung, wie es zum erneuten Virusausbruch kommt, kaum überraschend. Den Weg dorthin mag man nicht unbedingt kommen sehen und viele Aspekte daran sind interessant, nicht zuletzt die Figuren, die vorgestellt werden. Man würde sich nur wünschen, dass sie tatsächlich entwickelt, anstatt nur durch die Szenerie gehetzt zu werden.
Fazit:
Zusammen mit der letzten Einstellung, die tatsächlich erst kurz vor Fertigstellung des Films gedreht wurde, trifft Regisseur Juan Carlos Fresnadillo eine unmissverständliche Aussage darüber, ob sich das verheerende Virus weltweit ausgebreitet hat oder nicht. Dass man sich damit zudem die Tür für weitere Fortsetzungen offen lässt, ist nicht als Vorwurf zu verstehen. Auch kann man hineinlesen, dass der Filmemacher kritische Fragen zur Übermacht des Militärs stellen will. Doch kommt man kaum umhin, hier deutlich mehr Potential zu erkennen. Hätte man den Ausbruch des Virus in größerem Umfang aus Stones Kommandozentrale heraus erlebt, hätte man so festhalten können, wie wenig sich die Infektion trotz der Militärpräsenz und der omnipräsenten Überwachung verhindern ließ. Doch solch gesellschaftliche Aussagen muss man hier suchen. Oftmals stark verwackelt in Szene gesetzt, greift 28 Weeks Later durchaus gekonnt die Stimmung des ersten Films wieder auf, aber die Geschichte, die darin erzählt wird, wird von abstrusen Entscheidungen der Figuren vorangebracht, anstatt Personen vorzustellen, die das Beste versuchen und dennoch in ihrem Vorhaben scheitern. Charakterentwicklungen gibt es so gut wie keine und selbst wenn man mit den Figuren mitfiebert, da weit absehbar ist, wie all dies ausgeht, reißt ihr Schicksal kaum mit. Hektisch und brutal, ist dies ein Film ohne jegliche Subtilität. Die namhafte Besetzung hätte mehr verdient – und das Publikum ebenso.