Kirsten Beyer: "Star Trek Voyager: Full Circle" [2009]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Februar 2010
Autorin: Kirsten Beyer

Genre: Science Fiction

Originaltitel: Star Trek: Voyager: Full Circle
Originalsprache:
Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 564 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 2009
Erstveröffentlichung in Deutschland: noch nicht erschienen
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 978-1-4165-9496-3


Kurzinhalt:
In den Jahren, seit die U.S.S. Voyager überraschend aus dem Delta-Quadranten wiedergekehrt ist, ist Vieles passiert. Kathryn Janeway hat als Admiral inzwischen mehr Verantwortung, Captain Chakotay leitet die Crew meist auf diplomatischen Missionen und von der Stammbesatzung sind nur wenige an Bord geblieben. Doch als die Tochter von B'Elanna und Tom Paris von einer klingonischen Sekte entführt wird, findet sich die ehemalige Crew der Voyager wieder ein, um jene Bedrohung abzuwenden. Dabei kommen sie einem viel größeren Geheimnis der klingonischen Rasse auf die Spur, auch wenn Chakotay hierfür bei seinen Vorgesetzten in Ungnade fällt.
Doch dann nimmt das Schicksal eine unerwartete Wendung und während die Willensstärke der gesamten Föderation auf eine harte Probe gestellt wird, steht die Crew der Voyager bald einer schwierigen Entscheidung gegenüber. Captain Eden und Admiral Batiste haben neue Pläne für das Schiff und seine Crew. Pläne, an welche die Zukunft der Föderation geknüpft ist, aber auch welche, die die Crew wieder an ihre Grenzen bringen wird ...


Kritik:
Einfach hatte es Star Trek - Raumschiff Voyager [1995-2001] nicht, als die Serie im Fernsehen lief. Die interessanten Figuren versumpften zu Beginn trotz einer Mission weit ab der bekannten Serien des Franchise in bekannten oder abgewandelten Geschichten und einiges an Kritik an der Serie war durchaus berechtigt. Während ein Teil der Fans die erste Frau an der Spitze eines Star Trek-Raumschiffes anhimmelte, wandte sich ein anderer ab. Beide Verhaltensweisen gehen unnötig ins Extreme. Nach dem Ende der Serie wurde es erstaunlich ruhig um Pläne, die Crew in einem Kinofilm zurück zu bringen. Zwar durfte sich die Figur von Captain Kathryn Janeway (aufgestiegen zum Admiral) im vielerorts verschmähten Kinofilm Star Trek: Nemesis [2002] über einen Kurzauftritt freuen, doch einen eigenen Kinoableger bekam die Serie nicht. Es dauerte auch ausgesprochen lange, ehe die Geschichten in Romanform wieder aufgegriffen wurden, und auch wenn der Verlag im Interesse des Star Trek-Filmstudios handelt, zählen die Bücher doch nicht als anerkannter Kanon. Erst 2003 startete man mit einem Neuanfang, der sich in den folgenden Jahren voranschleppte. Mit Full Circle liefert Kirsten Beyer ihren zweiten Roman zu Star Trek: Voyager. Es soll erneut ein Neuanfang sein, oder vielmehr, selbigen einleiten. Und wieder wird es diejenigen geben, die sie dafür über alles loben und diejenigen, die sich enttäuscht abwenden. Wie gehabt sind beides Extreme.

Man muss sich fragen, weswegen nach drei großen Stories, die in den Jahren seit dem eigentlichen Neustart in Romanen erzählt wurden, schon wieder ein frischer Beginn notwendig ist. Die bekannten Figuren sind in alle Winde verstreut, persönliche Entwicklungen haben Charaktere in Beziehungen gebracht, die wieder neue Charaktere eingeführt haben und nicht zuletzt entschied sich der Verlag, die bekannteste Figur, Admiral Janeway, auf eine mehr oder weniger heroische Art und Weise aus der Reihe herausschreiben zu lassen. Um auch diejenigen Fans, die Voyager vielleicht als Serie verfolgt, aber nie ein Buch aus der Reihe gelesen haben, ebenfalls für den Neuanfang zu begeistern, obliegt es Beyer, alle Interessenten auf denselben Wissensstand zu bringen. Insofern behandelt Full Circle nicht nur diejenigen Ereignisse, die drei Jahre nach Heimkehr der Crew zur Erde stattfinden, sondern erzählt auch immer wieder Episoden aus den Jahren dazwischen. Dazu gehört eben ein Abriss, wie Chakotay von Janeways Ende erfährt, beziehungsweise wie er in den Jahren danach versucht, damit klarzukommen. Oder auch ein kurzer Moment, in dem die Crew der Voyager einer Flotte Borg-Schiffe entgegensieht, die in der Roman-Trilogie Star Trek Destiny [2008] ausführlich behandelt wird. Man bekommt somit immer ein Puzzlestück zu sehen, ohne aber das ganze Bild ins Auge fassen zu dürfen. Um diese vielen Rückblicke und einzelnen Episoden in Full Circle nicht allein stehen zu lassen, rahmt Beyer ihre Geschichte mit zwei Handlungssträngen ein, die ineinander greifen sollen, um am Schluss zu überzeugen. Da geht es einerseits um zwei rivalisierende klingonische Sekten, die es auf die Tochter von B'Elanna und Tom Paris abgesehen haben, und ein geheimes Projekt von Captain Eden, das bezeichnenderweise den Titel "Full Circle" trägt. Für genügend Handlungsstränge in dem mit über 550 Seiten stattlichen Roman ist also gesorgt. Nur an was es der Erzählung mangelt ist ein einwandfrei identifizierbarer Antagonist. Kurzzeitig ist der Anführer der Klingonensekte der Böse, wenig später die Borg, wenig später scheint es die Admiralität, die irrsinnige Entscheidungen trifft – nur gegen wen kämpft die im Winde verstreute Crew letztendlich? Gegen die alles verzehrende Trauer, innere Dämonen und eine kosmische Ungerechtigkeit. Doch all das ist nicht greifbar und letztlich auch wenig packend. Selbst wer die bisher veröffentlichten Romane nicht gelesen hat, wird schnell erraten können, worauf Full Circle hinausläuft. Die ständigen zeitlichen Sprünge innerhalb der Geschichte mit Rückblenden, die über mehrere Kapitel dauern, machen den Zugang zudem unnötig schwer. Wenn Chakotay einen eben solchen Rückblick erzählt und die Erzählung dann aus der Perspektive anderer Figuren zu jener Zeit überwechselt, wirkt die Geschichte auch nicht mehr glaubhaft und die inhaltliche Struktur unaugereift.

Kirsten Beyer wollte mit ihrem Roman offensichtlich den Grundstein für die Geschichte legen, die sie mit dem Folgeroman Unworthy [2009] beginnt. Das ist durchaus legitim und es war sicherlich keine leichte Aufgabe, die vielen losen Enden soweit zu verknüpfen, um dann mit dem nächsten Buch neu beginnen zu können. Nur verhalten sich die Figuren zum einen nicht immer glaubwürdig, manche Entscheidungen, wie dass Ehepartner freiwillig mehrere Jahre voneinander getrennt leben, um mit dem vorgetäuschten Tod des anderen einem Hinterhalt zu entgehen, wirken schlichtweg abstrus und gegenüber denjenigen, die zurückgelassen wurden sogar grausam. So ergibt Full Circle auch nicht immer Sinn, die Geschichte besitzt zu wenig Zugkraft und die episodenhaften Rück- und Einblicke ermüden auf Dauer mehr, als dass sie fesseln. Die Autorin mag ein schweres und undankbares Erbe angetreten haben, aber von einigen Ausnahmen abgesehen gelingt es ihr leider nicht, ein stimmiges Bild jener bekannten Figuren zu zeichnen. Nach dem lange vorbereiteten Cliffhanger am Ende, kommt man kaum an Unworthy vorbei und man kann nur hoffen, dass ihr dann jener frische neue Start beginnt, der mit diesem Roman versprochen wurde. Begeistern konnte sie hiermit aber bislang nicht.


Fazit:
Über mangelnde Charakterentwicklungen kann man bei Full Circle nicht klagen. Beziehungen werden beendet, neue begonnen. Es werden auch neue Figuren eingeführt, die Autorin Kirsten Beyer wohl an Bord behält. Nur scheint es oftmals übertrieben, wenn davon die Rede ist, wie frei die Tränen bei den Beteiligten fallen und aller Emotionalität zum trotz, packt die Erzählung nicht durch ihre Spannung. Hierfür scheint die Rahmenhandlung zu sehr erzwungen und der Mittelteil zu unabhängig.
Dass Full Circle viele Stellen abzuklappern hat, die andere Bücher ebenfalls schon beschrieben haben, um allen Leser mit dem kommenden Buch einen Neuanfang zu ermöglichen, mag wohl sein. Nur gelingt es Beyer auf diese Weise nicht, eine eigenständige, sich selbst tragende Geschichte zu erzählen. Atypische Verhaltensweisen von Figuren, die man beinahe ein Jahrzehnt begleitet hat sind dagegen noch leichter zu ertragen als eine Story, die zu wenig fesselnde Höhepunkte bietet. Wenn das Spannungsfinale 150 Seiten vor Romanende stattfindet, helfen auch alle möglichen persönlichen Schicksale nicht über einen eher schleppenden Lesefluss hinweg. Erfreulicherweise hält sich die Autorin mit dem technischen Gebrabbel zurück und macht immer wieder Andeutungen, was im kommenden Roman so alles warten mag – das regt durchaus Interesse für das nächste Buch, macht die Enttäuschung über dieses aber nicht wett.