Tremors – Im Land der Raketenwürmer [1989]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Dominik Starck  |   Hinzugefügt am 28. Mai 2005
Genre: Horror / Komödie

Originaltitel: Tremors
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1989
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Ron Underwood
Musik: Ernest Troost
Darsteller: Kevin Bacon, Fred Ward, Finn Carter, Michael Gross und Reba McEntire


Kurzinhalt:
Es rumort etwas unter dem heißen Wüstensand um Perfection, Nevada – ein ruhiges, abgelegenes Kaff mit gerade mal vierzehn Einwohnern. Das merken nicht nur die Seismologie-Studentin Rhonda (Finn Carter) und ihre Seismographen, sondern bald auch die beiden Kumpel Valentine "Val" McKee (Kevin Bacon) und Earl Bassett (Fred Ward), die sich bisher mit kleinen Gelegenheitsjobs durchschlugen, nun aber den hehren Traum hegen in der nächsten größeren Stadt ihr Glück zu suchen. Doch weit kommen die zwei nicht, denn auf dem Weg aus der Stadt entdecken sie den ersten Toten – auf einem Strommast!
Bei diesem einen Todesfall bleibt es nicht, und schon bald sind die Einwohner von der Außenwelt abgeschnitten. Schnell wird ihnen klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und etwas Mörderisches im Boden unter ihnen auf sein nächstes Mittagessen lauert ...


Kritik:
Zugegeben, wer den deutschen Untertitel dieses Filmes hört, denkt zu Recht erst einmal an eine alte Sci-Fi-Trash-Gurke, die unter Umständen samt Gummi-Monstern und Papp-Kulissen auf den Pfaden von Frank Herberts bereits mehrfach verfilmtem Science-Fiction-Roman Dune – Der Wüstenplanet [1965] wandelt. Selbst die naheliegende Assoziation mit ähnlich "spektakulär" betitelten Werken wie dem berühmt-berüchtigten "schlechtesten Film aller Zeiten" Angriff der Killertomaten [1978] liegt nicht fern. Damit wäre dieser pointierten und charmanten Hommage an alte Monster-Horror-Streifen der 1950er Jahre à la Formicula [1954] und Tarantula [1955] jedoch großes Unrecht getan!

Alles begann mit S.S. Wilson, der einst auf einem Stein in der Wüste hockte und sich überlegte, was wohl wäre, wenn er nicht von dort heruntergehen könnte, weil unter dem Sand etwas auf ihn lauerte. Diese Idee wanderte dann als Zettelnotiz in eine Akte und sollte einige Jahre lang ruhen, bis er und sein Co-Autor Brent Maddock ihr Skript zu Nummer 5 lebt! [1986] verkaufen konnten.
Zu dieser Zeit suchten die beiden auf Anraten ihrer Agentin Nancy Roberts (die an der Entstehung der späteren Fortsetzungen massgeblich mitbeteiligt war) ihre alten Ideen zusammen, und schließlich ging man mit dem damals noch "Land Shark" betitelten Konzept hausieren – erfolglos allerdings, da sich niemand etwas unter der Idee vorstellen konnte.
Also setzten Wilson und Maddock sich mit ihrem Freund Ron Underwood zusammen, mit dem sie bereits einige Lehrfilme gedreht hatten, und schrieben ohne Auftrag ein komplettes Drehbuch, welches Roberts dann an die damals schon einflussreiche und mit dem Genre vertraute Produzentin Gale Anne Hurd gab. Hurd, die mit James Cameron zu dieser Zeit bereits große Erfolge mit Terminator [1984], Aliens – Die Rückkehr [1986] und (parallel zu Tremors) Abyss – Abgrund des Todes [1989] gefeiert hatte, war begeistert und hatte im Handumdrehen Universal davon überzeugt, für den Film samt einem 12-Millionen-US-Dollar-Budget grünes Licht zu geben.
Ron Underwood lieferte mit dem schließlich in Tremors umbenannten Film sein Debüt als Regisseur ab (und sollte mit seinem nächsten Werk City Slickers – Die Großstadt-Helden [1991] seinen größten Erfolg feiern), während Wilson und Maddock den Film produzierten und Gale Anne Hurd als ausführende Produzentin das gesamte Projekt beaufsichtigte. Steve – wie der sonst mit S.S. abgekürzte Initiator eigentlich heißt – Wilson führte darüber hinaus bei der "Second Unit" Regie.
Bereits bei der Produktion kamen dem Film nicht nur die kreative Energie von Underwood, Wilson und Maddock zugute, sondern auch die Erfahrung und die Kontakte von Hurd, die einen Großteil der Crew zusammenstellte, darunter bereits sehr früh Produktionsdesigner Ivo Christante, der in zwei Monaten Arbeit die komplette Stadt Perfection aus dem Sand stampfte. Auch die beiden Spezialisten für animatronische Spezialeffekte, Tom Woodruff Jr. und Alec Gillis, die sich gerade selbstständig machten, holte Hurd quasi direkt vom Aliens-Set.
Das Ergebnis der vereinten Kräfte konnte sich dann einige Zeit später im Kino sehen lassen und wusste seinerzeit, wie heute ebenfalls noch Zuschauer und Kritiker gleichermaßen zu begeistern. Selbst eher konservative US-Kritiker räumten dem Film bereits kurz nach seinem Start Klassiker-Qualitäten ein, und die hat er zweifellos.

Beginnt der Film noch vergleichsweise ruhig und macht im ersten Drittel die eine oder andere kleine dramaturgische Länge durch (ohne dabei allerdings wirklich langweilig oder –atmig zu werden), weil sich die Geschichte etwas ruckartig entfaltet, so mutiert er spätestens in dem Moment zu einer spaßigen Achterbahnfahrt für Monsterfilm-Freunde, wenn man den später als Graboid bekannt gewordenen Wurm zum ersten Mal in seiner ganzen Pracht zu Gesicht bekommt.
Zwar war es sicher eine recht gute Idee anfänglich nur die Zungenersatz-Tentakel der Würmer zu zeigen und somit zu suggerieren, dass diese Viecher zwar durchaus irgendwie eklig sind, jedoch eine Größe und Passform besitzen, mit der die Bewohner von Perfection schon noch fertig werden können, was sich dann mit dem Auftauchen des gut zehn Meter langen kompletten Wurms ziemlich schnell erledigt. Der richtige Spaß am Film beginnt aber insbesondere mit der fintenreich angelegten Jagd auf (oder meist eher Flucht vor) den Graboiden, sodass man sich rückblickend wünscht, die Biester wären schon etwas früher präsentiert worden.
Ab dem absurd-komischen "Stabhochsprung"-Mannöver, bei dem die Protagonisten mit Stäben von Fels zu Fels durch die Wüste springen, um so dem unter der Erde lauernden Wurm zu entgehen, sprüht der Film nur so vor Ideen, wenn die Bewohner von Perfection mit immer neuen Einfällen versuchen, den Würmern beizukommen und vor allem selbst am Leben zu bleiben. Doch auch die Würmer sind nicht so schnell kleinzukriegen, und so entwickelt sich ein rasantes und witziges "Katz und Maus"- beziehungsweise "Wurm und Mensch"-Spiel, bei dem es vor Aktion und Gegenaktion nur so wimmelt.
Bei allem Schrecken und den diversen Opfern, die auf das Konto der Graboiden gehen, kann man diesen trotzdem irgendwie nicht so recht böse sein, denn letztendlich haben sie doch etwas an sich, was sie sympathisch macht – und sei es nur die Faszination des Zuschauers für coole Kreaturen. Ebenso gilt hier, dass zwar ein gewisser Body-Count vorhanden ist, der Witz im Film aber eindeutig dominiert, sei es von dem Duo Val und Earl kommend oder auch von Waffennarr Burt Gummer und seiner Frau Heather, die für manchen Lacher gut sind.

Heimlicher Star eines jedweden, wie auch immer gearteten Monsterfilms sind natürlich die bereits lobend erwähnten Kreaturen. Hier hat man hinsichtlich der Spezial-Effekte Erstaunliches mit relativ bescheidenen Mitteln geleistet. Zwar gibt es bei den Graboiden natürlich einige Beschränkungen hinsichtlich Geschwindigkeit und Mobilität – besonders in den Aufnahmen in Lebensgröße und bei Interatkion mit den Darstellern. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass dies alles in einer Zeit vor der Revolution der Tricktechnik durch CGI-Effekte verwirklicht wurde, kann sich das Ergebnis selbst heute noch sehen lassen.
Zu verdanken ist dies natürlich zu einem großen Teil den "Monster-Machern" Tom Woodruff Jr. und Alec Gillis (Alien vs. Predator [2004]) und deren erfolgreicher Zusammenarbeit mit den Brüdern Dennis und Robert Skotak, welche – ebenfalls im Auftrag von Gale Anne Hurd – von Aliens zu Tremors kamen und für die außerordentlich gelungenen Miniatur-Effekte verantwortlich waren.

Underwoods Regie ist nach Debütanten-Maßstab sehr ordentlich geraten und sein anschließender Erfolg mit City Slickers sicher keine Überraschung; dennoch kann er sich glücklich schätzen, von einer guten technischen und kreativen Crew unterstützt worden zu sein, von denen man hier unter anderem Kameramann Alexander Gruszynski (der sich damit konfrontiert sah, abgesehen von zwei Ausnahmen alle Sets unter freiem Himmel einzufangen und damit auch auszuleuchten) und Cutter O. Nicholas Brown (mit dem Underwood später noch des öfteren zusammenarbeitete) erwähnen muss.
Dass Underwood nicht immer das Glück hatte, auf ein peppiges Skript und handwerkliche Klasse zurückgreifen zu dürfen, beweisen Total-Flops wie Pluto Nash [2002], die Underwood später drehen sollte.

Ein großer Pluspunkt des Films sind ohne Frage die sympathischen Darsteller, die durchweg gut besetzt sind. Allen voran marschiert dabei das Gespann Kevin Bacon und Fred Ward, bei denen die Chemie von Anfang an stimmt und deren Zankereien wie bei einem alten Ehepaar einfach Spaß machen.
Bacon feierte zuvor bereits kleinere Erfolge mit Filmen wie seinem Debüt Ich glaub' mich tritt ein Pferd [1978] und dem Slasher Freitag, der 13. [1980], ehe es kurz vor Tremors ab Mitte der 1980er richtig losging und er mit Werken wie Footloose [1984] und She's Having a Baby [1988] richtig bekannt wurde. Bis heute hat er in einer Vielzahl der unterschiedlichsten Filme mitgewirkt und verfolgt eine anhaltend abwechslungsreiche Karriere, die immer wieder seine Vielschichtigkeit unter Beweis stellte (siehe auch Wild Things [1998] und Mystic River [2003]).
Ward gehört zu der Sorte Schauspieler, die in unglaublich vielen Filmen mitwirken, stets eine gute oder großartige Arbeit in kleinen wie großen Rollen abliefern, letztlich aber nie zu den großen Superstars gezählt werden. An mangelndem Talent liegt es jedenfalls nicht, denn der vielseitige Darsteller hat dieses in den verschiedensten Filmen vor (etwa in Der Stoff, aus dem die Helden sind [1983] und Silkwood [1983]) und nach (Short Cuts [1993]) seinem ersten Auftritt als Earl Bassett immer wieder demonstriert. Trotz offensichtlicher Mängel sind sich deshalb selbst heute noch unzählige Fans einig, dass es ein Jammer ist, dass Remo – Unbewaffnet und gefährlich [1985] mit Fred Ward in der Hauptrolle mangels Einspielerfolg an den Kino-Kassen nicht zu einer Film-Reihe à la James Bond ausgeweitet wurde, wie es ursprünglich geplant war.
Neben den beiden männlichen Hauptdarstellern macht auch Finn Carter als begehrte Frau der Stunde ihre Sache sehr ordentlich. Das Gleiche gilt für Reba McEntire, die als Heather Gummer zu sehen ist. Die Country-Sängerin, die seinerzeit hier ihren ersten Ausflug ins Schauspielgeschäft wagte, liefert eine nicht überragende, wenngleich passable Vorstellung und bestreitet überdies den Song im Abspann.
Drei im Genre nicht ganz fremde Gesichter seien hier ebenfalls noch herausgegriffen. Victor Wong, der hier als Ladenbesitzer Walter Chang vertreten ist, welcher den Graboiden auch ihren Namen verpasst, ist im Fantasy-Bereich kein Neuling und hatte als Egg Shen in John Carpenters rasanter Fantasy-Action-Komödie Big Trouble in Little China [1986] einen Part. Nach Auf der Suche nach dem Goldenen Kind [1986] wurde er von Carpenter erneut engagiert, diesmal für Die Fürsten der Dunkelheit [1987]. Im September 2001 verstarb der unverwechselbare chinesisch-amerikanische Darsteller leider an Herzversagen.
Richard Marcus, der hier eine relativ kleine Rolle als Dorfbewohner Nestor innehat, erlangte später unter Serien-Fans einige Bekanntheit durch seine Verkörperung des unheimlichen Antagonisten Dr. William Raines in Pretender [1996-2000].
Ebenfalls kurz(lebig) ist der Auftritt Bibbi Beschs als Megan, die Frau des Dorfdoktors. Der eine oder andere Zuschauer wird sich vielleicht noch an die von ihr verkörperte Dr. Carol Marcus erinnern, die zwar als nur eine von vielen Frauen eine Affäre mit Enterprise-Captain James Tiberius Kirk hatte, als einzige ihm aber einen Sohn schenkte (alles zu erfahren im großartigen Star Trek II – Der Zorn des Kahn [1982]).
Neben dem stimmigen Buddy-Duo Bacon und Ward war der heimliche (menschliche) Star allerdings zweifelsohne Michael Gross als Survivalist Burt Gummer. Gross spielte vor Tremors in der TV-Serie Familienbande [1982-1989] und in dem TV-Thriller FBI Murders [1988]. Heute kennen ihn viele Fernsehzuschauer auch durch seine wiederkehrende Rolle als John Carters (Noah Wyle) Vater in ER – Emergency Room [seit 1994]. Nach dem Erfolg von Tremors blieb Michael Gross aufgrund seiner launigen Darstellung und der Beliebtheit des schrägen Charakters mit den diversen nachfolgenden filmischen Weiterführungen der Geschichte noch ein ganze Weile im Clinch mit den Graboiden.

Nach den begeistert aufgenommenen Testvorführungen des Films wurde übrigens ein neues Ende nachgedreht. Ursprünglich verließen Val und Earl Perfection endgültig Richtung Bixby, wobei sich Earl fassungslos darüber zeigt, dass Val Rhonda zwar wirklich gern hat, es aber nicht schaffte, ihr dies zu sagen. Als er dann feststellt, dass Rhonda noch sein Feuerzeug hat, hat Valentine einen "guten Grund" wieder umzudrehen und zu ihr zurückzufahren.
Da das Publikum jedoch Wert darauf legte, nicht nur ein Happy End angedeutet zu bekommen, sondern es tatsächlich zu sehen, entfiel diese Szene, und es wurde ein Schluss gedreht, in dem sich Val und Rhonda küssen.

Tremors liegt – wie alle anderen Teile der Quadrilogie – bereits bei Universal als "Collector's Edition"-DVD samt einer fast einstündigen Dokumentation mit Kommentaren von fast allen wichtigen Crew-Mitgliedern vor. Dazu gibt's noch fünf Sprachversionen und den Trailer, wobei man sich durchaus einmal die englische Original-Tonspur zu Gemüte führen sollte, denn beispielsweise der Wortwitz bei der Namensgebung der Monster-Würmer geht in der deutschen Synchron-Fassung leider etwas verloren, weil man "Graboiden" korrekt mit "Schnappoiden" übersetzte, während man das bei den Sequels unterließ.
Zusätzlich zur Einzel-DVD ist der Film auch im Doppelpack mit Teil zwei erhältlich oder mit allen drei Fortsetzungen in einer schicken Box, die im Schlund eines Graboiden steckt. Die vier DVDs sind aber jeweils ausstattungsgleich mit den einzeln erhältlichen.


Fazit:
Nicht umsonst erfreut sich Tremors – Im Land der Raketenwürmer noch heute bei seiner vielleicht nicht riesigen, nichtsdestotrotz zu Recht überzeugten Fan-Gemeinde sehr großer Beliebtheit und wurde unter anderem sogar durch das "Sci-Fi Special"-Magazin anno 2005 jüngst auf Platz fünf der bis dato besten Horror-Komödien aller Zeiten gewählt.
Der Film ist eine leicht stockend und sprunghaft beginnende, dann aber sehr witzige und schnelle Mischung aus Horror-Action und skurrilem Spaß, gespickt mit überzeugenden Kreaturen und ebenso kauzigen, wie sympathischen Charakteren. Ein echter Party-Spaß – egal ob alleine oder in der Gruppe –, der Lust auf mehr macht.