The Prodigy [2019]

Wertung: 2.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Januar 2019
Genre: Horror / Fantasy / Thriller

Originaltitel: The Prodigy
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: Hongkong / USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Nicholas McCarthy
Musik: Joseph Bishara
Darsteller: Taylor Schilling, Jackson Robert Scott, Peter Mooney, Colm Feore, Brittany Allen, Paula Boudreau, Paul Fauteux, David Kohlsmith, Olunike Adeliyi, Elisa Moolecherry


Kurzinhalt:

Als ihr Sohn Miles (Jackson Robert Scott) acht Jahre alt ist, zeigt er Eigenschaften, die man als bösartig bezeichnen könnte. Anfangs sind seine Eltern Sarah (Taylor Schilling) und John (Peter Mooney) noch der Überzeugung, dies wäre eine Facette seiner Hochbegabung. Doch als Miles’ Verhalten immer extremere Züge annimmt, suchen sie Hilfe. Sarah nimmt Kontakt mit Arthur Jacobson (Colm Feore) auf, der die Ansicht vertritt, dass in Miles’ Körper die Seele eines anderen Menschen wohnt. Manchmal geschehe dies, da Seelen diese Welt solange nicht verlassen, bis sie etwas für sie Wichtiges zum Abschluss bringen konnten. Während John die Situation nur schwer akzeptiert, muss sich Sarah entscheiden, was sie bereit ist zu tun, um ihren besessenen Sohn zu befreien …


Kritik:
Bei Nicholas McCarthys Horror-Thriller The Prodigy kann das Publikum nach den ersten fünf Minuten entscheiden, ob einem der Film gefallen wird, oder nicht. In der kurzen Zeit gibt es zwei Erschreckmomente zu erleben, die nicht auf Grund des Geschehens funktionieren, sondern durch die extrem laut eingespielte Musik und die Geräusche. Nimmt man noch etwas Gewalt gegen Frauen hinzu, ergibt das einen Genrevertreter, der viel bekanntes Terrain betritt und zu wenige Neuerungen bietet, um wirklich überzeugen zu können.

Dabei sieht es zu Beginn durchaus noch so aus, als würde sich das Drehbuch aus der Feder des Friedhof der Kuscheltiere [2019]-Autors Jeff Buhler zumindest einen kleinen Pluspunkt bewahren: Das verstörend bösartige Kind, Miles, im Zentrum. Der wird in dem Moment geboren, in dem ein psychopathischer Verbrecher seinen letzten Atemzug tätigt. Was das zur Folge hat, kann sich das geneigte Publikum bereits denken. Miles ist sehr begabt und Gleichaltrigen weit voraus. Als er acht Jahre alt ist, zeigt er jedoch ein Verhalten, das gelinde gesagt als verstörend zu bezeichnen ist. Selbst, als er gegen Mitschüler gewalttätig wird, zeigen sich Eltern oder Lehrer nicht besonders beunruhigt. Weswegen weder Polizei, noch Jugendamt eingeschaltet werden, verstehe wer will.
Jedenfalls müssen Miles’ Eltern Sarah und John erkennen, dass mit ihrem Sprössling etwas nicht stimmt. Sarah nimmt schließlich Kontakt mit dem Wiedergeburtsspezialisten Arthur Jacobson auf. Auch wohin dies führt, dürfte niemanden überraschen. Tatsächlich ist es sogar das einzig Überraschende, dass sich die Geschichte von The Prodigy genau so entwickelt, wie man es erwarten würde. Dabei machen die Erwachsenen genau diejenigen Fehler, die sie in Horrorfilmen zumeist begehen, und warnen den Bösewicht durch ihr Verhalten oder ihre Aussagen stets frühzeitig genug, dass dieser sich wehren kann.

Wäre dies bereits alles, dann wäre The Prodigy ein typischer Genrefilm, bei dem sich Fans aus eben den vorgenannten Gründen wohlfühlen würden. Für zwei Drittel der Laufzeit stimmt das auch und wenigstens ein Schreckmoment ist überaus unvermittelt und gerade deshalb gelungen. Regisseur McCarthy kleidet den Film in düstere Bilder und nimmt sich zumindest eingangs Zeit, die jeweiligen Szenen langsam aufzubauen. Das macht die laute Musik und die Toneffekte umso ärgerlicher, da sie für die Stimmung der Geschichte schlicht nicht notwendig sind. Auch überzeugen die Darsteller durchaus, wobei Jackson Robert Scott als Miles besser getroffen scheint. Als liebende oder angesichts ihrer Zweifel bzw. Erkenntnis ihren Sohn betreffend zerrissene Mutter wirkt Taylor Schilling lange Zeit merklich unterkühlt und distanziert. Aber im letzten Akt trifft die Hauptfigur eine Entscheidung, die so abwegig und nicht nachvollziehbar ist, dass man sich fragen muss, wie das alle Beteiligten mittragen konnten. Statt dann den absehbaren Klischees wenigstens aus dem Weg zu gehen, bleibt der Horror-Thriller dem eingeschlagenen Pfad unverständlicherweise treu. Das geht so weit, dass das Finale ein regelrechter Schlag ins Gesicht für Überlebende von Gewalttaten darstellt. Zwar braucht ein Film dieser Art nicht den Anspruch erheben, eine Aussage in irgendeiner Form treffen zu wollen – aber eine solche sollte es in gar keinem Fall sein.

Was am Ende bei The Prodigy damit bleibt ist das Gefühl, dass die Beteiligten die vertraut klingende Geschichte durch eine „unkonventionelle“ Richtungsentscheidung abwandeln wollten. Das Ergebnis ist jedoch ein Film, bei dem sich Genrefans allenfalls durch die meist lange absehbaren Erschreckmomente unterhalten lassen können. Wem das ausreicht und wer über die inhaltliche Bedeutung des letzten Drittels nicht nachdenkt, der ist hier bestens aufgehoben.


Fazit:
Wenn die ständig präsente Musik unentwegt ominös und unheilvoll klingt, dann weiß man, sobald sie aussetzt, dass gleich auch etwas Erschreckendes passieren wird. In der kurzen Laufzeit gibt es nur ein paar wirklich gelungene Momente, die allerdings weniger auf Grund der Idee dahinter als durch die laute Musik und die Toneffekte funktionieren. Abgesehen von den sehr dunklen und ausgewaschenen Bildern gibt sich Filmemacher Nicholas McCarthy ansonsten zwar keine Blöße, innovativ ist sein dritter Spielfilm jedoch nicht inszeniert. Wie so oft bei diesen Geschichten sind es die Figuren, die am meisten enttäuschen. Selbst wenn ihr eigener Sohn ihnen schreckliche Dinge gesteht, suchen seine Eltern nicht bei den Behörden Hilfe und reagieren auch sonst weit ab dessen, was nachvollziehbar wäre. Das ist zwar ein Klischee, aber hilfreich ist es nicht. Horrorfans können sich bei The Prodigy somit in erwartbarem Maß und auf gewohnte Weise gruseln lassen. Das letzte Drittel lenkt den Thriller jedoch in eine Richtung, die – so absehbar sie sein mag – einen ganz üblen Beigeschmack hinterlässt.