The Glass House – Das Glashaus [2001]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 24. August 2004
Genre: Thriller / DramaOriginaltitel: The Glass House
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Daniel Sackheim
Musik: Christopher Young
Darsteller: Leelee Sobieski, Diane Lane, Stellan Skarsgård, Bruce Dern, Kathy Baker, Trevor Morgan, Chris Noth, Michael O'Keefe, Rita Wilson
Kurzinhalt:
Durch einen Autounfall ihrer Eltern werden Ruby (Leelee Sobieski) und Rhett Baker (Trevor Morgan) zu Vollwaisen. Da beide noch minderjährig sind, wird das Ehepaar Erin (Diane Lane) und Terry Glass (Stellan Skarsgård) als Vormund eingesetzt, immerhin waren sie jahrelang mit den Verstorbenen befreundet. Kurz darauf ziehen die beiden Kinder zu ihnen nach Malibu in eine Luxusvilla am Strand.
Doch die anfängliche Idylle hält nicht lange, denn Ruby entdeckt Unstimmigkeiten im Eheleben der Glasses, und auch Terry, von Geldsorgen geplagt, scheint bei ihr Annäherungsversuche zu unternehmen. Als sie Erin mit einer Nadel im Arm erwischt, wendet sie sich an den Vermögensverwalter von ihrem und Rhetts Vermögen, das sie von ihren Eltern geerbt haben. Mr. Begleiter (Bruce Dern), ein Freund der Familie seit Jahren, vertraut Ruby an, dass sie immerhin vier Millionen Dollar geerbt haben – und es erhärtet sich der Verdacht, dass die Glasses genau darauf aus sind ...
Kritik:
Als seinerzeit das Westernepos Der mit dem Wolf tanzt [1990] im Kino lief und immerhin drei Stunden maß, fragten sich Fans, was denn in der 40 Minuten längeren Version enthalten sein soll, die später nochmals veröffentlicht wurde. Als die fast vier Stunde lange neue Version des Films jedoch da war, meinten Zuschauer einhellig: Was hatte man vorher überhaupt herausnehmen können?
Bedenkt man bei The Glass House, dass die ursprüngliche Schnittfassung ganze drei Stunden lang war, und sieht man sich dann den zähflüssigen und spannungsarmen 106-Minuten langen Endschnitt an, muss man aber sagen: Was sollte denn noch rein?
Für Regisseur Daniel Sackheim, der unter anderem an Serien wie Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI [1993-2002], Emergency Room - Die Notaufnahme [1994-2009] oder Millennium - Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst [1996-1999] mitarbeitete, war dies der einzige Abstecher ins Kino. Seither war er wieder für TV-Produktionen verantwortlich. Aber obwohl sein einziger Kinofilm aus einer interessanten Ausgangslage ein unendlich langatmiges Psycho-Drama entwickelt, kann man ihm selbst keinen Vorwurf machen, handwerklich gesehen ist The Glass House sehr gut gefilmt – einzig das Drehbuch lässt zu wünschen übrig.
Drehbuchautor Wesley Strick, der zuvor für die Skripts von The Saint – Der Mann ohne Namen [1997], Kap der Angst [1992] oder auch Arachnophobia [1990] verantwortlich war, erzeugt hier nur in den seltensten Situationen eine unterschwellige Spannung. Stattdessen verstrickt er sich und seine unglaubwürdigen Charaktere in einem Meer von Klischees, kündigt jegliche Storywendung schon Minuten vorher an und übertrifft sich allenfalls mit einigen der absurdesten Storyideen, die man seit langem in einer derartigen Hollywood-Produktion gesehen hat. Womöglich wollte er die Story zu komplex, zu vielschichtig angehen, anstatt seine Figuren glaubhaft zu machen.
Nicht nur, dass Ruby Baker nach ihrer anfänglichen Zickenphase auch durch den Tod ihrer Eltern nicht geläutert wird, sie bleibt trotz der vergossenen Tränen hier und da immer unterkühlt und distanziert. Ihr Verhältnis zu ihrem Bruder wird nie weiter ergründet, stattdessen reagiert die frühreife Teenagerin viel zu zurückhaltend auf Annäherungsversuche ihres neuen Vormundes. Woher der in erster Linie vom Vermögen ihrer Eltern erfahren haben soll, und wieso er sich bei seinem Plan auch noch derart schusselig und aufdringlich verhält, dass selbst der unbefangenste Betroffene stutzig wird, bleibt ebenfalls im Unklaren. Die drogenabhängige Ärztin mit einzubringen hat ebenfalls noch nicht gereicht, denn dann kommen noch die brutalen Geldhaie, und munter geht es los mit dem klischeehaften, "wer stirbt als nächstes?" beim Finale.
Und selbst damit ist es nicht getan, denn auch das Finale selbst ist mit jedem noch so vorhersehbaren Klischee gespickt, das man aus unzähligen anderen Thriller-Filmen kennt. Dass die vermeintlich spannenden Szenen immer nur eine Bedrohung für diejenigen Personen darstellen, die einem als Zuschauer ohnehin unsympathisch sind, steigert den Unterhaltungswert nicht wirklich. Und auch wenn Leelee Sobieski vor der Kamera eine wirklich gute Figur macht, sie findet mit dem überheblichen, nicht nachvollziehbaren Art ihrer Figur keinen Draht zum Zuschauer.
So entpuppt sich das Drehbuch als ein viel zu gemächliches Thriller-Kammerspielchen, das weder das grundsätzlich grandiose Setting im gläsernen Haus auszunutzen vermag, noch die Abgründe der menschlichen Seele erörtert. Man kann hier nicht umhin sich vorzustellen, was jemand wie Andrew Kevin Walker, Autor von Se7en – Sieben [1995] aus den Charakteren, oder David Koepp, Panic Room [2002], aus dem klaustrophobischen Kammerspiel im Haus der Glasses hätte machen können.
Nicht einmal die Produktionskosten von 30 Millionen Dollar wurden weltweit wieder eingespielt; auch wenn das sicher nicht an den Schauspielern liegt.
Leelee Sobieski, die für ihre Hauptrolle in Jeanne d'Arc - Die Frau des Jahrtausends [1999] nicht nur für den Emmy, sondern zahlreiche andere Preise nominiert war, hat in ihrer noch recht jungen Karriere schon deutlich mehr Einsatzbereitschaft gezeigt und auch mehr Charisma ausgestrahlt, als bei ihrer farblosen Darbietung hier. Stets unterkühlt, auch angesichts des Verlusts ihrer Filmeltern, und auch in den hektischen Situationen nie überzeugend panisch gehört sie zu den schwächsten Darstellerinnen im Film.
Gegen sie wirkt die vollkommen unterforderte Diane Lane noch aktiv, spielt selbst zwar nicht schlecht, bekommt aber so wenig Hintergrund zugeschrieben, dass ihre plötzliche Abhängigkeit schlicht aufgesetzt wirkt.
Mit Stellan Skarsgård verschlug es immerhin einen routinierten Mimen vor die Kamera, der auch durchaus beunruhigend und düster erscheint, aber dessen Motivation bis auf blanke und einfallslose Geldgier immer unbekannt bleibt. Wofür er das Geld braucht, wird nie erläutert; sein dubioses Auftreten zu Beginn wirkt dabei noch am überzeugendsten, aber immerhin gelingt es ihm gut, stets unsympathisch zu erscheinen.
Mit dem aus Der Patriot [2000] stammenden Trevor Morgan, der hier zwar ebenfalls nichts zu tun hat, findet sich immerhin ein Sympathieträger im Cast. Seine Rolle besteht er mit Bravour, auch wenn er in Roland Emmerichs Film mehr zum Zug kommt. Bruce Dern bleibt immer suspekt, macht als Begleiter aber immerhin eine gute Figur – schade nur, dass er so kurz zu sehen ist.
Der einzige, der das Maximum aus dem schwachen Skript herausholt ist Regisseur Daniel Sackheim, der zusammen mit Kameramann Alar Kivilo (Ein einfacher Plan [1998], Frequency [2000]) und Cutter Howard E. Smith – Gefährliche Brandung [1991], The Abyss - Abgrund des Todes [1989] – eine optisch beeindruckende Arbeit abgeliefert hat.
Er fängt das buchstäblich gläserne Haus gekonnt ein, stellt den warmen und malerischen Landschaftsaufnahmen und Sonnenuntergängen die kühle und sterile Villa gegenüber. Auch die Regenaufnahmen besitzen von ihrer reinen Natur her etwas Bedrohliches, ebenso wie das am Berg gelegene Luxushaus. Viele Einstellungen sind einfallsreich und wirklich gut ausgeklügelt; insbesondere beim Finale wartet Sackheim mit ein paar kurzen, aber dafür eindrucksvollen Kamerafahrten auf, die die ohnehin enge Straße noch schmaler werden lassen.
Aber auch hier ist das Lob nicht uneingeschränkt, denn auch wenn die Bilder wirklich beeindruckend geraten sind, was dem Zuschauer gerade beim Haus fehlt ist eine gelungene Vorstellung der Architektur. So ist nie klar, wo welche Räume liegen, wie Ruby die Glasses überhaupt beobachten kann, wo sich die Küche und der Swimmingpool befinden. Hätte man hier zu Beginn auf einige Total-Einstellungen von der Innenarchitektur gesetzt und statt nur mit kurzen Szenen in den jeweiligen Räumen eine ausgiebige Kamerafahrt durch das gesamte Haus gemacht, wäre auch eine deutlich bessere Atmosphäre aufgekommen. Gerade auf Grund der Beschaffenheit des Hauses, nämlich den vielen Glaswänden, hätten sich eigentlich viele inszenatorische Möglichkeiten ergeben – schade, dass dieses Potential nicht genutzt wurde.
Dennoch macht der Film handwerklich einen sehr sauberen Eindruck und wird durch seine fast schon berauschende Optik erst sehenswert.
Musikalisch wandelt Komponist Christopher Young (Das Urteil - Jeder ist käuflich [2003], Species [1995]) auf sicheren Pfaden. Seine beunruhigenden und unterschwelligen Melodien erzeugen eine Gänsehautatmosphäre und unterstützen die Bilder gekonnt. Ein durchgängiges Thema gibt es auch, gleichwohl es bei der zurückhaltenden Natur des Scores nicht recht in Erscheinung tritt.
Die erschienene CD hat zwar nur eine Länge von 36 Minuten, wer seine bisherigen Arbeiten jedoch kennt wird wissen, dass Young abgesehen von einigen Action-Cues ohnehin sehr viel mit atmosphärischen Klängen arbeitet, die auch hier zum Einsatz kommen und in den richtigen Situationen hervorstechen; Fans sei der Score also empfohlen. Zu den Bildern passt er jedenfalls sehr gut.
Was bei dem kolossalen Schnitt vom Studio, der immerhin fast 70 Minuten Material aus dem Film genommen haben soll, letztendlich entfernt wurde, wird man wohl nie erfahren; ein Charakter, der im Lauf des Films mit Ruby anbändeln sollte, wurde angeblich komplett gestrichen und von den zwei bekannten Deleted Scenes, die auf der US-DVD zu sehen sind, spielen beide noch vor dem Einzug der Waisen bei den Glasses. Bei der ersten ist Ruby zu sehen, wie sie nach ihrer Ohnmacht am nächsten Morgen aufwacht und denkt, der Unfall ihrer Eltern sei nur ein Traum gewesen; die zweite Szene zeigt Ruby und Rhett, die die Asche ihrer Eltern beerdigen.
Ob diese Szenen den Film besser gemacht hätten, sei jedoch dahingestellt. Es sind ja nicht die einzelnen Szenen Hauptkritikpunkt an Sackheims Film, sondern vielmehr die fast nicht vorhandene Hintergrundgeschichte dazwischen. Neben nicht sonderlich einfallsreichen Dialogen wird der Zuschauer mit klischeebeladenen Szenen gelangweilt, die mit einem derartig lähmenden Tempo dargebracht werden, dass man beinahe dabei einschlafen könnte.
Die Bilder gefallen, der Ton und die Musik ebenso – aber die nicht wirklich engagierten Darsteller zeugen, dass auch sie an das völlig verkorkste Drehbuch nicht so recht geglaubt haben.
Fazit:
Zwar gelingt Stellan Skarsgård ein überaus überzeugendes Portrait eines zutiefst unsympathischen Hausherrn, aber seine Motivation bleibt wie Vieles der Geschichte auch nach dem Ende ein Rätsel. Zu viel fällt hier "zufällig" zusammen, die Geschichte wirkt wie aus Versatzstücken zusammengeschustert und doch viel zu langatmig ausgewalzt. Die Darsteller zollen das großteils mit lustlosem Schauspiel.
Da kommt trotz der bestechenden Optik nie Spannung auf und bei manchen Wendungen fragt man sich als Zuschauer wirklich, ob die Macher von The Glass House nie zuvor im Kino gewesen sind. All das hat man nämlich schon besser und schlüssiger gesehen. Um einen hier zum Einschalten zu animieren fehlt es dem Film einfach an Originalität. Optisch ist er überragend, inhaltlich ... einfach nicht.