The Book of Eli [2010]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 01. September 2010
Genre: Fantasy / Action / ThrillerOriginaltitel: The Book of Eli
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Albert Hughes, Allen Hughes
Musik: Atticus Ross, Leopold Ross, Claudia Sarne
Darsteller: Denzel Washington, Gary Oldman, Mila Kunis, Ray Stevenson, Jennifer Beals, Evan Jones, Joe Pingue, Frances de la Tour, Michael Gambon, Tom Waits, Chris Browning
Kurzinhalt:
Der Einzelgänger Eli (Denzel Washington) ist zu Fuß auf dem Weg nach Westen. Wer sich ihm in der völlig zerstörten und meist menschenleeren Landschaft in den Weg stellt und nicht umgehen lässt, wird getötet. Eli hütet ein Buch, aus dem er jeden Abend liest, wie seinen größten Schatz.
In einer Stadt, in welcher der Stadthalter Carnegie (Gary Oldman) die Menschen in Sicherheit, aber auch in Angst und Schrecken leben lässt, trifft Eli auf die junge Solara (Mila Kunis). Sie ist die Tochter von Claudia (Jennifer Beals), die Carnegie unter Kontrolle hat. Carnegie ist auf der Suche nach einem bestimmten Buch, und wenig später flieht Eli, zusammen mit Solara. Gemeinsam mit seinem Helfer Redridge (Ray Stevenson) und einem Trupp bewaffneter Männer begibt sich Carnegie auf die Jagd. Für Eli wie für ihn geht es um mehr als nur das Buch. Es geht um einen neuen Anfang ...
Kritik:
Sieht man sich The Book of Eli an, kann man sich kaum vorstellen, dass die düstere Endzeit-Vision nicht auf einem Comic basieren soll. Die Regisseure Albert und Allen Hughes prägen ihren überraschend ruhigen Film vom ersten Moment an mit einer bestechenden Optik und surreal anmutenden Perspektiven, die so fremdartig und kunstvoll erscheinen, als würden sie bereits gemalte Gemälde einer Schreckensvision aneinanderreihen und mit Dialogen versehen. Geschrieben wurde die Mischung aus Mad Max [1979] und The Stand [1994] von Gary Whitta, überarbeitet von Anthony Peckham, wobei die Story weniger Substanz bietet als der Stil, mit welchem sie umgesetzt wird.
Der Wanderer Eli (charismatisch und mit einem inneren Antrieb verkörpert von Denzel Washington) ist auf einem Weg gen Westen in einer völlig zerstörten Welt. Die Sonne ist mörderisch, die übrig gebliebenen Menschen in eine Anarchie verfallen, in der Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung stehen. Die Menschen bekriegen sich für Dinge, die sie früher weggeworfen haben, so der Protagonist. Wenn ihn jemand bedroht, verteidigt sich Eli mit tödlicher Präzision, doch schreitet er nicht bei jedem Unrecht ein, das ihm begegnet. Er muss auf seinem Weg bleiben. Was sein Ziel ist, woher er seine Sicherheit nimmt, macht ihn als Figur nur interessanter, und bleibt im Unklaren. Die harten Kampfszenen sind schnell inszeniert, mit Gegenlicht kunstvoll stilisiert, ohne die Gewalt zu zelebrieren. Sie verdeutlichen aber auch die Erbarmungslosigkeit jener Welt, in der das Gesetz des Stärkeren gilt und Wasser zu einer Kostbarkeit geworden ist. Der Stadthalter Carnegie ist indes auf der Suche nach einem bestimmten Buch und lässt Banden im ganzen Land ausströmen, um es zu suchen. Er plant, damit eine neue Herrschaft zu begründen, die Menschen zu vereinen – mit sich selbst an der Spitze. Eli ist Träger und Hüter des Buches und es beginnt eine Jagd auf den schweigsamen Fremden, der mit der jungen Solara (überzeugend: Mila Kunis) im Schlepptau weiter gen Westen läuft. Wer eine Liebesgeschichte erwartet, wird überrascht werden, denn sie ist nicht notwendig. Auch ist das Buch nicht wie in vielen anderen Filmen ein reiner MacGuffin, sondern ein Gegenstand, der zentral das Anliegen der Geschichte begründet. Anhand von Elis Zitaten und allein seines Namens ist dabei zwar absehbar, um welches Buch es sind handelt, doch die eigentliche Aussage, die The Book of Eli trifft, ist bei weitem keine verklärte Weltanschauung, sondern als Metapher für den Glauben an sich zu verstehen. Dass dieser in der Lage ist, Menschen Hoffnung zu geben und über sich hinaus zu wachsen. Und dass andere ihn als Waffe benutzen, um die Menschheit in Schach zu halten, nur Teile daraus hernehmen, sie gegenüber den Unwissenden zurechtbiegen und pervertieren, um ihr Ziel zu erreichen.
Dass sich die Filmemacher hierfür den in der westlichen Welt mit am weitesten verbreiteten Glauben hergenommen haben, sollte nicht falsch verstanden werden. Die hier getroffenen Aussagen lassen sich für beinahe jede Glaubensgemeinschaft treffen. Albert und Allen Hughes unterstreichen ihre Absichten mit zahlreichen Anspielungen innerhalb der Geschichte und enthalten einem auch die letztlich sehr überraschende Wendung nicht vor, auch wenn man sie kaum vorhersehen kann. Die Bildkomposition mit den Wolkenformationen im Hintergrund, denen jede Farbe entzogen scheint, bis Eli sich dem Ende seiner Reise nähert, sind mit Bedacht gewählt und vermitteln selbst in den temporeichen Momenten eine Übersicht über das Geschehen. Kamerafahrten, die heutzutage Michael Bay blass aussehen lassen, wirken ebenso stilsicher wie Zeitlupen, die nie zu kurz ausfallen, aber auch nicht länger sein dürften. The Book of Eli ist visuell beeindruckend und auf Ebenen choreografiert, mit denen sich viele Filmemacher gar nie beschäftigen. Auf den Ton, der absichtlich scheinbar nebensächliche Geräusche hervorhebt und mit der atmosphärischen Musik ein übernatürlich schwebendes Gefühl verleiht, wird ebenso Wert gelegt. Dabei bleibt die mit Fantasyelementen angereicherte Endzeitvision erstaunlich ruhig erzählt. Gerade dadurch kommen Figuren wie der von Gary Oldman überzeugend verkörperte Carnegie, oder auch dessen rechte Hand Redridge (Ray Stevenson) gut zur Geltung. Jennifer Beals bleibt in ihren kurzen Auftritten als Solaras Mutter Claudia mysteriös. So wie das Ende des Films.
Fazit:
Auf die Antwort zur Frage, um welches Buch es sich handelt, das Eli beschützt, kommt man als Zuseher recht schnell. Die Feststellung, warum es jedoch das letzte seiner Art ist, und wozu Eli beziehungsweise Carnegie es nutzen wollen, überrascht und ist als Sinnbild für den Glauben selbst zu verstehen. Die Regisseure Albert und Allen Hughes siedeln ihre Geschichte in einer zerstörten Welt an und fangen sie in ebenso kargen Bildern ein, aus denen jede Farbe, jeder Hoffnungsschimmer verbannt scheint. The Book of Eli ist ein exzellent fotografiertes, stilisiertes Werk, das in der Ausdruckskraft die Grenzen zwischen Film und Bewegtbildkunst verschwimmen lässt.
Tadellos und charismatisch gespielt überzeugen die Darsteller, während die sphärische Musik das surreale Ergebnis abrundet. Substanziell könnte man sich trotz der unvorhergesehenen Wendung mehr wünschen, stilsicherer hätte man den sehenswert ruhigen postapokalyptischen Film nicht umsetzen können.