Robin Hood [1973]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Februar 2014
Genre: Animationsfilm

Originaltitel: Robin Hood
Laufzeit: 83 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1973
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Wolfgang Reitherman
Musik: George Bruns
Stimmen: Brian Bedford (Claus Jurichs), Phil Harris (Edgar Ott), Peter Ustinov, Andy Devine (Hans Schwarz, Jr), Terry-Thomas (Klaus Miedel), Roger Miller (Reinhard Mey), Pat Buttram (Martin Hirthe), Monica Evans (Susanne Tremper), Carole Shelley (Inge Wolffberg), George Lindsey (Jo Herbst), Ken Curtis (Erich Fiedler), Barbara Luddy (Ursula Krieg)


Kurzinhalt:
In der Abwesenheit von König Richard hält Prinz John (Peter Ustinov) das Volk im eisernen Griff. Regelmäßig erhöht er die Steuern, die er vom Sheriff von Nottingham (Pat Buttram / Martin Hirthe) eintreiben lässt und wer nicht bezahlen kann, kommt an den Pranger. Einzig Robin Hood (Brian Bedford / Claus Jurichs), der im nahegelegenen Wald lebt, macht ihm das Leben schwer. Er bestiehlt immer wieder die Reichen und verteilt die Beute unter den Armen im Volk. Dabei macht Robin zusammen mit Little John (Phil Harris / Edgar Ott) nicht einmal vor der königlichen Kutsche halt und beraubt selbst Prinz John.
Da Robin schon seit Kindertagen in Maid Marian (Monica Evans / Susanne Tremper) verliebt ist, lässt er sich die Gelegenheit nicht entgehen, sie bei einem Bogenschützenturnier zu beeindrucken, wenn auch nur in Verkleidung. Doch Prinz John plant zusammen mit seiner rechten Hand Sir Hiss (Terry-Thomas / Klaus Miedel), Robin bei dieser Gelegenheit endlich festzunehmen. Und sollte dies nicht klappen, hat er immer noch Bruder Tuck (Andy Devine / Hans Schwarz, Jr) in der Hinterhand, den er als Köder benutzen kann ...


Kritik:
Es ist der Fluch eines jeden Disney-Films, dass er mit den größten Klassikern des Studios verglichen wird. Robin Hood erzählt die bekannte Geschichte um den Gesetzlosen im Sherwood Forest, der die Reichen bestiehlt, um den Armen zu geben, in kindgerechter Manier mit viel Witz und knuddeligen Figuren. Dabei gibt es einige Anlehnungen an Das Dschungelbuch [1967], die zwar finanziellen Ursprungs sein mögen, aber unterstreichen, dass das Studio dem Ruhm jenes Familienfilm immer noch hinterherläuft. Einholen kann es ihn aber nicht.

Das liegt jedoch weniger an diesen entliehenen Elementen, als vielmehr am Gesamtkonzept des Films. Regisseur Wolfgang Reitherman erzählt nicht die Geschichte von Robin Hood, sondern zeigt seine Konfrontation mit Prinz John, der in Abwesenheit König Richards das Volk mit immer stärkeren Steuern belastet, um seinen eigenen Reichtum zu mehren. Dass die kleinen Bürger darunter zugrunde gehen interessiert ihn nicht – im Gegenteil, wenn ihm etwas unangenehm ist, oder sein Berater, die Schlange Hiss, ihm etwas sagt, das er nicht hören möchte, beginnt er an seinem Daumen zu nuckeln.
Wer den Film nicht kennt, mag sich nun einerseits fragen, wie eine Schlange eine Beraterin sein kann und andererseits, wie sich Prinz Johns Verhaltensweise erklärt. Statt die Geschichte durch Menschen zum Leben zu erwecken, greifen die Filmemacher bei Robin Hood auf tierische Figuren zurück, die dabei nicht einmal einer bestimmten Region entsprungen sein müssen. Robin und Maid Marian sind beispielsweise Füchse, Sheriff von Nottingham ist ein Wolf, Bruder Tuck ein Dachs und Prinz John ein Löwe. Aber es gibt auch Krokodile, Schildkröten und Elefanten zu sehen.

Das junge Zielpublikum hat angesichts der farbenfrohen Figuren und der daraus entstehenden Situationskomik allerhand zu lachen, doch sowohl Prinz John, als auch Sheriff Nottingham sind kaum Robins Gegenspieler, sondern vielmehr so harmlos, dass es schon zum Lachen ist. Zwar findet der Film durch den Erzähler Momente, die zeigen, wie sehr die Bevölkerung unter den hohen Steuern zu leiden hat, doch ist das nie grausam oder schlimm. Selbst das Ende ist versöhnlich.
Was man der Geschichte vorwerfen muss ist die Tatsache, dass sie lange nicht in Fahrt kommt. Nicht nur, dass man nicht erfährt, wie Robin in diese Situation gekommen ist, oder weswegen der den Armen hilft, die Story plätschert gemächlich vor sich hin, ohne dass ein Ziel in Sicht wäre.

Den Witz ziehen die Situationen meist aus Prinz John und seinem Helfer Hiss, während die durchweg knuffig gezeichneten Figuren den Charme beisteuern. Es ist diese Mischung, dank der Robin Hood aus heutiger Sicht meist als Klassiker der Zeichentrickära bezeichnet wird. Und für das Zielpublikum eignet sich die Erzählung eben weil sie unaufgeregt und ohne Kanten dargebracht wird. Doch letztendlich fehlen dem Film Figuren, die in Erinnerung bleiben und auch begeisternde Musikeinlagen sucht man vergebens. Deshalb ist er bei weitem nicht schlecht und immer noch charmanter, als viele andere Trickproduktionen, doch es mangelt an dem Esprit vieler Disney-Klassiker, bei denen auch nach mehr als 50 Jahren noch das Leuchten in den Augen der Zuschauer zu sehen ist, als hätte man ihn zum ersten Mal gesehen. Robin Hood eignet sich ohne Einschränkungen als harmloser Nachmittagsspaß für die ganz jungen Zuschauer. Aber auch sie werden ihn schon bald danach wieder vergessen haben.


Fazit:
Die Hintergründe und Figuren sind liebevoll gezeichnet und zum Leben erweckt. Dass den tierischen Charakteren viel von ihrer Natürlichkeit abhanden kommt, sei den Machern dabei verziehen. Doch statt packende Kämpfe mit Pfeil und Bogen, oder eine charmante Liebesgeschichte um Robin und Marian, gibt es viel Humor zu sehen, der sich meist um den weinerlicher Prinz John dreht, dem gar nichts gelingt. Darüber können die Kinder im Publikum öfter lachen als die älteren Zuschauer.
Robin Hood beginnt und endet durchaus gelungen, der Mittelteil allerdings streckt sich merklich in die Länge und führt lange Zeit nirgendwo hin. Auch die Songs bleiben nicht haften, sondern erinnern vielmehr als andere Klassiker des Studios, ebenso wie das Aussehen mancher Figuren und sogar bestimmte Choreografien. Als kindgerechte Aufbereitung des Robin Hood-Themas ist das gut gelungen, doch bei einem Familienfilm werden die älteren Zuschauer für gewöhnlich ebenso unterhalten. Die allerdings schauen hier öfter auf die Uhr, als es gut für den Film ist.