Miami Vice (Unrated Director's Edition) [2006]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 03. Mai 2009
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Miami Vice
Laufzeit: 139 min.
Produktionsland: Deutschland / USA
Produktionsjahr: 2006
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Michael Mann
Musik: John Murphy
Darsteller: Colin Farrell, Jamie Foxx, Li Gong, Naomie Harris, Ciarán Hinds, Justin Theroux, Barry Shabaka Henley, Luis Tosar, John Ortiz, Elizabeth Rodriguez, Domenick Lombardozzi, Eddie Marsan


Kurzinhalt:
Eine gegen einen Drogenring arbeitende Task Force scheint kompromittiert, vertrauliche Daten sind in Verbrecherhände gelangt und diejenigen Agenten und Quellen, die für die Ermittlungsbehörden arbeiteten, wurden getötet. Darum bittet der FBI Agent Fujima (Ciarán Hinds) die Polizei von Miami um Hilfe, um den Maulwurf aufzuspüren. Sonny Crockett (Colin Farrell) und Ricardo Tubbs (Jamie Foxx) arbeiten fortan verdeckt, um sich und ihr Team als Drogenschmuggler in eine Schmugglerbande einzuschleusen.
Dabei kommen sie sogar recht schnell dem Kopf der Organisation, Montoya (Luis Tosar) auf die Spur. Doch der ist ohne seine Privatarmee kaum anzutreffen. Über seine Assistentin Isabella (Li Gong) versucht Crockett, an Montoya heranzukommen. Während dessen Mittelsmann Jose Yero (John Ortiz) Verdacht schöpft und tiefer in Crocketts und Tubbs Leben gräbt, verliebt sich Sonny tatsächlich.
Schon bald laufen die Ereignisse aus dem Ruder ...


Kritik:
Vor 25 Jahren startete mit Miami Vice [1984-1989], die nicht nur einen neuen Stil im Fernsehen etablierte, sondern auch Don Johnson als James 'Sonny' Crockett und Philip Michael Thomas als Ricardo 'Rico' Tubbs zu Ikonen der Unterhaltungsindustrie emporhob. Michael Mann produzierte damals die Genre prägende Serie und war ebenso einflussreich bei der Gestaltung des Looks.
Etwas mehr als zwanzig Jahre später versuchte Mann, den Stoff auf die große Leinwand zu hieven. Mit einem verjüngten Cast, keinerlei Cameoauftritten und mittels der Digitalen Filmkamera, die der Filmemacher bereits bei Ali [2001] zum Einsatz brachte, und die seinen letzten Film, Collateral [2005] großteils in unwirkliche, faszinierende Bilder tauchte. Doch im Gegensatz zu Collateral, versucht Mann hier nicht mehr, mit der digitalen Kamera das Aussehen einer normalen Filmkamera zu imitieren. Vielmehr nutzt er die Optik mit den Nachzieheffekten, den grieseligen Auflösungen bei Nacht und den beinahe schon surreal scharfen Abbildungen, um Miami Vice einen Videolook zu verleihen. Das erzeugt zwar gerade bei den Nachtaufnahmen einen sehr dokumentarischen Eindruck, doch ist es eine Stilart, auf die man sich einlassen muss. Gerade in der ersten Filmhälfte allerdings, wenn zwischen den Schnitten bei Nachtaufnahmen das Aussehen der Bilder von glatt und dunkler auf heller und grieselig wechselt, stört die Optik durch eine ständige Präsenz, die mehr von der Geschichte ablenkt, als sie zu unterstützen.

Die Geschichte selbst wirkt dabei äußerst unausgegoren, wird man doch als Zuschauer mitten in eine Ermittlung des Drogendezernats hineingeworfen, ohne dass man vorher die Figuren vorgestellt bekommen hätte. Daraus entwickelt sich dann erst die eigentliche Story, bei der sich Crockett und Tubbs undercover als Drogenschmuggler in eine Organisation einschleusen müssen. Soweit so gut, doch von einem tatsächlichen Ablauf einer solchen Schmuggleraktion bekommt man kaum etwas zu sehen, immer wieder werden Fetzen eingestreut, aber dass man von der Abholung bis zur Auslieferung der Pakete die verdeckten Ermittler begleiten dürfte, davon ist leider nichts zu sehen. Auch hätte es sich angeboten, wenn sich die Fahnder gegen eine tatsächliche Untersuchung ihrer Ware durch nicht eingeweihte Behörden hätten wehren müssen. Daraus hätte man eine spannende Sequenz stricken können. Doch auch hier muss das Skript leider passen. Viele Storyelemente scheinen schlichtweg nicht ausgearbeitet oder nur unzureichend angeschnitten. Ein Maulwurf innerhalb des FBI wird beispielsweise angedeutet, aber nicht wirklich entlarvt, welchen Bezug und welche Absichten die militante arische Bruderschaft im Film hat, wird ebenfalls nicht aufgeklärt und selbst ein Drogenbaron sollte mehr Verstand besitzen, als eine solche Gruppe zum Verteilen der Ware einzusetzen – immerhin ziehen sie schon von Haus aus Aufmerksamkeit auf sich.
So birgt die Story viel ungenutztes Potential und konzentriert sich stattdessen auf Elemente wie ein überflüssige und klischeehafte Lovestory, durch die die Beteiligten wie emotional pubertierende Teenies erscheinen. Von Crockett und Tubbs bleibt damit nicht viel übrig, durch den bewusst auf cool getrimmten Look und die eingefahrene Mimik der Hauptdarsteller wirken beide Figuren nicht nur unterkühlt, sondern insbesondere der von Colin Farrell nur leidlich überzeugend gespielte Sonny grundweg unsympathisch. Gerade deshalb kann man seine Entscheidung am Schluss nicht nachvollziehen. Wenn man sich am Ende des Films die Helden im Gefängnis wünscht, ist dies an sich kein gutes Zeichen. Jamie Foxx gibt sich indes Mühe, Ricardo Tubbs trotz der immerwährenden Sonnenbrille und dem permanent gleichen Gesichtsausdruck in seinen Entscheidungen für den Zuschauer nachvollziehbar zu halten. Ihm gelingt das besser als vielen anderen.
Ciarán Hinds wirkt hoffnungslos unterfordert und seine Rolle um die besten Momente beraubt während Barry Shabaka Henley seine Sache gut macht und ebenso wenig vor der Kamera zu sehen ist (er übernahm die Serienrolle von Edward James Olmos, der das Angebot die Figur erneut zu verkörpern abgelehnt hatte). Die Bösewichte sind zwar böse, sind aber selbst zu selten für böse Taten verantwortlich, als dass man sie mit ihren Verbrechen identifizieren könnte. So wirkt Luis Tosar zwar bedrohlich, aber nicht charismatisch, während John Ortiz charismatisch, aber nicht bedrohlich erscheint. Die Rolle von Li Gong hingegen hätte man mühelos aus dem Skript entfernen können.

Miami Vice mutet an wie ein realistisch gehaltener Thriller, dessen Figuren aber gleichzeitig so stilisiert erscheinen, dass man mit ihnen nicht wirklich mitfiebern kann. Ihre Entscheidungen sind stellenweise unbegreiflich und das Aussehen von Colin Farrell als Sonny Crockett sorgt im ersten Moment eher für Schmunzeln als für alles andere.
Das Aussehen des Films, das Michael Mann mittels seiner digitalen Filmkamera in Neonfarben und mit natürlichen Lichtquellen betont unwirklich gestaltet, muss man akzeptieren, möchte man sich darauf einlassen. Fans der Serie bekommen bei der nicht immer passenden Musik zumindest ein paar bekannte Themen abgewandelt vorgeführt, aber vom Charme der Figuren ist hier nicht viel übrig geblieben. Herausgekommen ist ein Film, der wie drei ineinander verschachtelte Episoden anmutet. Mit dem Unterschied, dass die drei Folgen vermutlich jeweils mehr gefesselt hätten.
Dass der Film dabei an sich keinen einzigen Hoffnungsschimmer für die Drogensituation und die Aufdeckung ihrer Hintermänner enthält, fällt kaum mehr ins Gewicht.


Fazit:
Bei den Ankündigungen war die Rede von einem coolen Thriller, der das Genre neu definieren sollte. Heute redet kaum mehr jemand von Miami Vice. Autor und Regisseur Michael Mann unterwirft seinen Film dem alten Prinzip, bei dem der Stil über die Substanz geht. So sind die Bilder, wenn man sich denn auf den digitalen Filmlook einlässt, stellenweise malerisch und brillieren mit Farben, die man so auf der Leinwand nur selten zu sehen bekommt, gerade bei den Nachtaufnahmen. Doch inhaltlich enttäuscht der Drogenthriller mit einer zusammengeschusterten Geschichte, welche die falschen Momente ausschmückt und einem viele Möglichkeiten vorenthält.
Die Action wirkt nicht einmal ansatzweise so durchdacht wie beispielsweise bei Heat [1995] und die Darsteller leiden an den blassen Dialogen, durch die der konfuse Inhalt auch nicht leichter zugänglich wird. All das ist zudem nur leidlich spannend und nur stellenweise packend. Bei dem Versuch, Trudy aus der Gefangennahme zu befreien, spannt man sich als Zuschauer wirklich an. Doch bei einem über zwei Stunden langen Thriller, an den so hohe Erwartungen geknüpft waren, reichen diese wirklich gelungenen Minuten leider nicht aus.