Leben und sterben lassen [1973]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 09. Juli 2013
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Live and Let Die
Laufzeit: 121 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1973
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Guy Hamilton
Musik: George Martin
Darsteller: Roger Moore, Yaphet Kotto, Jane Seymour, Clifton James, Julius Harris, Geoffrey Holder, David Hedison, Gloria Hendry, Bernard Lee, Lois Maxwell, Tommy Lane, Earl Jolly Brown, Roy Stewart


Kurzinhalt:
Bei einer Anhörung in den Räumlichkeiten der UN wird der britische Botschafter ermordet. Wenig später findet sowohl ein CIA-, wie auch ein britischer Geheimagent den Tod. Sie alle hatten in irgendeiner Form mit dem Diktator der kleinen karibischen Insel San Monique, Dr. Kananga (Yaphet Kotto), zu tun. Ob hier tatsächlich ein Zusammenhang besteht, soll der Spion James Bond (Roger Moore) auf Geheiß seines Vorgesetzten M (Bernard Lee) herausbekommen. Das führt ihn nach New York, wo bereits auf dem Weg vom Flughafen zu seinem CIA-Kontakt Felix Leiter (David Hedison) ein Anschlag auf Bonds Leben verübt wird.
Als er Nachforschungen anstellt, trifft er nicht nur auf Mr. Big, der seine weitreichende Verbrecherorganisation von Harlem aus leitet, und dessen Helfer Tee Hee Johnson (Julius Harris), sondern zudem auf die Wahrsagerin Solitaire (Jane Seymour), auf deren Prophezeiungen auch Kananga vertraut. Über sie hofft er mit Unterstützung der Agentin Rosie Carver (Gloria Hendry) hinter Kanangas Pläne zu kommen, auch wenn Bond Solitaire damit in große Gefahr bringt ...


Kritik:
Mit Leben und sterben lassen beginnt ein neuer Abschnitt der James Bond-Reihe und der überaus erfolgreiche Werdegang Roger Moores in der Rolle des britischen Geheimagenten. Ohne wie in Im Geheimdienst ihrer Majestät [1969] auf die neue Besetzung einzugehen und mit einem Darsteller, der die Figur selbständig prägen darf, entpuppt sich der achte Film ebenso als Kind der 1970er Jahre, wie als Actionthriller mit ungewohnt okkultem Touch. Nach Diamantenfieber [1971] ist die erfreulich geerdete Story eine willkommene Änderung.

Sie beginnt mit mehreren Mordanschlägen auf Personen, die sich mit dem Präsidenten der kleinen, karibischen Insel San Monique, Kananga, beschäftigen. Sei es ein CIA-Agent, ein Botschafter oder ein britischer Geheimagent. Sie alle werden äußerst effizient und geräuschlos beseitigt. Was das Ziel hinter den Attentaten ist, wird die Aufgabe des (neuen) James Bond, der sich ebenso chic gekleidet gibt wie zuletzt, dessen sarkastische Kommentare aber weniger trocken, wenn auch nicht weniger treffend von Roger Moore dargeboten werden. Was Leben und sterben lassen unter anderem begründet ist ein anderer Umgang mit dem Humor der Reihe. Sei es in der Wiederkehrenden Figur des Sheriff Pepper oder der Tatsache, wie auf komplizierte Weise versucht wird, Bond aus dem Weg zu räumen. Dass der hilflose 007 hierfür erst einmal in einer Falle platziert werden muss, anstatt ihn gleich umzubringen, macht die Pläne der Schurken nur noch abstruser. Die Figur des Waffenmeisters Q taucht zwar nicht auf, wohl aber eine seiner Erfindungen, die prominent (und werbewirksam) in Szene gesetzt wird.
Auch die anders klingende Musik aus der Feder von George Martin, zusammen mit dem eingängigen Titelsong von Paul McCartney, oder allein das Fehlen Bonds im Teaser machen deutlich, dass eine andere Ära der Reihe angebrochen ist. Und ihr Auftakt ist ebenso actiongeladen wie unterhaltsam.

Bei seinen Nachforschungen stößt 007 auf den Gangster Mr. Big, dessen Helfer-Netzwerk sich weit über Harlem hinaus erstreckt und der auch vor hochrangigen Persönlichkeiten nicht Halt macht. Auch trifft er die Wahrsagerin Solitaire, die Big und Kananga gleichermaßen für sich nutzen. Durch seine Ermittlungen in den USA gibt es ein Wiedersehen mit CIA-Agenten Felix Leiter, dessen Darsteller David Hedison die Rolle Jahre später nochmals besuchen wird. Weshalb es für die Produzenten offensichtlich so schwierig ist, bei Nebenfiguren wie ihm oder dem diesmal von Roy Stewart gespielten Quarrel, ein Charakter bekannt aus James Bond 007 jagt Dr. No [1962], eine durchgängige Besetzung zu finden, ist ebenso unverständlich wie ärgerlich.
Der betonte Humor kommt insbesondere im Mittelteil zur Geltung, in dem die bei den Bond-Filmen übliche Zerstörungsorgie ihren Lauf nimmt. Auch finden sich hier einige herausragende Stunts, die nach 40 Jahren umso mehr begeistern, da keine Computertricks bei der Umsetzung genutzt wurden. Das mystische Element um die Wahrsagerin Solitaire nimmt Bond selbst zwar mit viel Skepsis auf, Leben und sterben lassen zieht diese Überzeugungen jedoch nicht ins Lächerliche.

Steuert der Thriller auf das Finale zu, hat man durchaus das Gefühl, als hätte das Drehbuch nicht nur aus dem charismatischen Bösewicht, sondern auch aus der eigentlich interessanten Story um dessen Pläne mehr machen können. Auch gibt es einige Gehilfen Kanangas, die nur wenig zu tun haben, während man über Solitaire so gut wie gar nichts erfährt. Angesichts der Laufzeit ist das verwunderlich, aber es zeigt auch, dass die Produzenten in Bezug auf die Action klotzen und nicht kleckern wollten. Das ist ihnen in jedem Fall gelungen.


Fazit:
Es gibt Fans der Reihe, die an Roger Moore in der Hauptrolle viel Anlass zur Kritik finden. Dass er den Charakter in eine andere Richtung entwickelt, ist unbenommen und macht die Bond-Filme auch für ein jüngeres Publikum interessant. Doch sieht man sich die Verhaltensweise des Agenten in Leben und sterben lassen an, wie er selbst die verletzliche Solitaire ohne mit der Wimper zu zucken für seine Zwecke nutzt und mit welch trockenen Kommentaren er sich seiner Gegner entledigt, ist kein großer Unterschied zu Sean Connery festzustellen.
Dass sich insbesondere der Humor des Films verlagert, ist spürbar, doch dank der aufwendigen und toll gemachten Action, fällt dies nicht negativ auf. Auch besitzt der achte Film der Reihe nicht den typischen Look der 70er-Jahre, sondern wirkt auch nach vier Jahrzehnten überraschend zeitlos. Dass die eigentliche Hintergrundstory um Kananga und seine finsteren Pläne kaum zur Geltung kommt, ist bedauerlich. Ebenso wie die Tatsache, dass man ein explosiveres Finale erwartet hätte. Das schmälert zwar nicht Moores Einstand, aber erklärt die Eingewöhnungsphase mit dem neuen Hauptdarsteller.