Kojak [2005]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 31. Dezember 2005
Genre: KrimiOriginaltitel: Kojak
Laufzeit: 84 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Michael W. Watkins
Musik: Mark Snow
Darsteller: Ving Rhames, Roselyn Sanchez, Michael Kelly, Chuck Shamata, Dean McDermott, Demetrius Joyette, Peter MacNeill, Tom Rooney, Chazz Palminteri
Kurzinhalt:
Auf brutalste Weise werden Prostituierte im Großraum Manhattan ermordet, der Polizist Theo Kojak (Ving Rhames) steht mit seinem Team vor einem Rätsel – wie es scheint, sucht sich der Täter nur Opfer mit Kindern aus. So geht der unkonventionelle Kojak ein großes Risiko ein, als er der Presse einen Brief des Täters präsentiert, den er jedoch selbst verfasste, und in der Tat gelingt es ihm damit, den Täter aus der Reserve zu locken.
Doch während seine Kollegen Crocker (Michael Kelly) und Messina (Chuck Shamata) den Fall schon als abgeschlossen sehen, passt ein Opfer nicht in das Schema des Täters, denn jene Prostituierte hatte keine Kinder. So ermittelt Kojak entgegen dem Rat der stellvertretenden Staatsanwältin Carmen Warrick (Roselyn Sanchez) und dem Polizeicaptain Frank McNeil (Chazz Palminteri) weiter und kommt dabei einem Trittbrettfahrer auf die Spur. Doch der benutzte Details, die nur der Polizei und den Ermittlern zugängig waren ...
Kritik:
Telly Aristoteles Savalas war immerhin 49 Jahre alt, als er nach dem provokativen Überraschungserfolg des Fernsehfilmes Der Mordfall Marcus-Nelson [1973] mit Kojak [1973-1978] einen ebenfalls ungeahnten, internationalen Serienerfolg feiern konnte. Als Sohn griechischer Einwanderer war Savalas schon seit 1961 in Film und Fernsehen zu sehen, lieferte in Ein Köder für die Bestie [1962] eine äußerst beunruhigende Darbietung und wurde für seine Nebenrolle in Der Gefangene von Alcatraz [1962] das einzige Mal für den Oscar nominiert. Als Serie war Kojak dabei so erfolgreich, dass nach dem Ende des immerhin fünfjährigen Laufes noch acht TV-Filme mit dem Hauptcharakter produziert wurden.
Da sich die Originalserie auch heute noch großer Beliebtheit erfreut, kam es, dass immerhin 15 Jahre nach dem letzten TV-Film um den charismatischen Ermittler, Kojak neu aufgelegt wurde – dabei zwar in seinen Handlungen immer noch nicht immer politisch korrekt, aber dafür immerhin rauchfrei, schon des Images wegen. Was dabei herausgekommen ist, lässt sich schwer in Worte fassen, denn einerseits lebt dieser TV-Pilotfilm eindeutig von Ving Rhames als Ermittler, andererseits kommt weder das Team so recht zum Zug, noch kann die Story oder aber die bisweilen grausige Inszenierung überzeugen. Dafür sieht man jedoch viel Potential, das aber gleichzeitig keine neuen Akzente im Genre setzt. Dementsprechend schwer hatte es die neue Serie, die nach nur neun Episoden wieder eingestellt wurde.
Die größten Schwächen sind dabei leider beim Drehbuch zu suchen, das bereits im Pilotfilm darum bemüht ist, sämtliche Facetten der Hauptfigur unterzubringen. So erlebt man Kojak einerseits als toughen Cop mit Führungsqualitäten, andererseits als zurückgezogenen Einsiedler im Strudel der Gefühle, der diesen Fall so nahe an sich heran lässt, dass es ihn beinahe zerbricht. Doch abgesehen von ihm kommt kaum jemand zum Zug, sein Team bleibt unterrepräsentiert, die stellvertretende Staatsanwältin Carmen Warrick hat kaum etwas zu tun, und auch sein ehemaliger Kollege und Mentor Frank McNeil wird nur kurz beleuchtet.
Doch von der ungewöhnlichen und uneinheitlichen Figurzeichnung einmal abgesehen enttäuscht vor allem der Krimianteil dieses Pilotfilms. So wird zwar ein äußerst brutaler und auch ernster Fall thematisiert, doch plätschern die Ermittlungen in den ersten 30 Minuten nur vor sich hin, während die Figuren vorgestellt werden. Wenn die Arbeit der Kriminologen endlich in Fahrt kommt, ist der Täter auch schon gefasst, und nach etwa 60 Minuten lenkt das Geschehen gar auf einen anderen Mordfall, der aber zu Beginn gar nicht gezeigt wurde. Und auch hier ist der Täter viel zu schnell ausgemacht, ohne dass irgendein Zeuge befragt werden müsste, oder sonst in einer Weise recherchiert würde. Doch auch damit findet Kojak keinen Abschluss und präsentiert drei kleinere Höhepunkte und das darauffolgende Nachspiel, ehe endlich der Abspann über den Bildschirm flimmert.
Aus dem eigentlichen, ersten Fall, hätte man ohne weiteres einen 90 Minuten langen Thriller machen, und womöglich sogar die Idee des Trittbrettfahrers als offenes Ende für die erste reguläre Episode offen lassen können – doch stattdessen versucht Autor Tony Piccirillo, der bei Kojak zudem als Produzent tätig ist, und mit seinem Theaterstück The 24th Day für Aufsehen sorgte, alle möglichen Aspekte von verschiedenen Fällen in den TV-Film zu pressen, dabei grundsätzlich die Hauptfigur sympathisch und verwundbar zu halten, aber im selben Moment auch ikonenhaft und unnahbar. Der Balanceakt ist nur bedingt gelungen, liefert aber immerhin solide Unterhaltung, wenn auch ohne richtig spannend zu werden oder in Erinnerung zu bleiben.
Sehenswert wird der Film für Krimifans erst durch die Besetzung, die dabei vor allem durch die Wahl des Hauptdarstellers überrascht. Die Verwunderung bei den Zuschauern war groß, als mit Ving Rhames ein Afroamerikaner den Part des Hauptermittlers bekam – doch der für seine Leistung in Don King: Only in America [1997] mit dem Golden Globe ausgezeichnete Darsteller macht seine Sache wie nicht anders zu erwarten sehr gut, gibt sich dabei auch Mühe, die schwierigen Momente seiner Figur gekonnt zur Geltung zu bringen und trägt den TV-Film sichtlich.
Weit weniger zu tun hat Roselyn Sanchez, die seit ihrer ersten größeren Kinorolle in Rush Hour 2 [2001] sehr gut im Geschäft ist. Sie mimt zwar routiniert, aber ohne großes Engagement, ebenso wie Michael Kelly.
Chuck Shamata und Dean McDermott machen ihre Sache zwar gut, hinterlassen aber im Gegensatz zu Tom Rooney keinen bleibenden Eindruck. Einzig Chazz Palminteri, der hier deutlich älter erscheint als seine damals 53 Jahre, kann mit seinem gewohnten Charme punkten und unterstützt Rhames Darbietung gekonnt.
So kann die Besetzung zwar Akzente setzen, außergewöhnliche Darbietungen sind jedoch nicht dabei – nicht zuletzt, da sie vom Skript nicht verlangt werden.
Die Inszenierung teilt sich in zwei Lager, denn während die meisten Szenen solide gefilmt sind und mitunter auch ein paar gute Perspektiven aufweisen, verpasst Regisseur Michael W. Watkins vielen Schlüssel- und Actionszenen einen äußerst gewöhnungsbedürftigen Look durch eine Slow-Motion-Kamera samt ausgelassenen Bildern pro Sekunde, wodurch sich das Geschehen und die Figuren ruckartig und beinahe schon marionettenartig bewegen. Konnte man bei Watkins TV-Mehrteiler 5ive Days to Midnight [2004] noch vermuten, dass dies vom Cutter eingebracht wurde, scheint es nun tatsächlich, als sei dies ein Einfall des Regisseurs, der seiner eigenen Arbeit damit mehr schadet, als nützt.
So kann man die Inszenierung von Kojak nicht grundsätzlich als gelungen, oder als misslungen bezeichnen, dass die Optik aber sichtlich unter dem Vollbild-Format leidet, ist unübersehbar.
Musikalisch gibt sich Akte X [1993-2002]-Komponist Mark Snow überaus experimentierfreudig, überrascht mit rhythmischen, jazzig instrumentierten Themen, die aber bei der Verfolgungsjagd zu Beginn zu laut und aufdringlich klingen. Der Stil erinnert dabei mitunter an Michael Kamens Themen für die Lethal Weapon-Filmreihe. Doch gerade in der zweiten Hälfte des TV-Films hört man häufig Snows bekannte Melodien und disharmonischen Klänge aus seinen Mysteryserien heraus, die aber dann so gar nicht zur übrigen Instrumentierung passen wollen.
Der Ansatz des Komponisten ist überaus lobenswert und auch die Verschmelzung des bekannten Kojak-Themas mit den neuen Elementen ist gelungen, allerdings erweckt die Musik hier den Eindruck, als müsse sich Mark Snow erst ein wenig in der Materie zurecht finden, ehe er in allen Szenen den richtigen Ton trifft.
Was nach den knapp eineinhalb Stunden bleibt sind viele Fragen, die sich aber weniger auf die neue Serie beziehen, sondern auf die Entscheidungen der Produzenten. So verwundert es einfach, dass das Skript zum als Pilotfilm gedachten TV-Zweiteiler so inhomogen erscheint, viel zu viele Aspekte behandelt, ohne auch nur einen richtig in den Fokus zu nehmen.
Aber als wäre das nicht genug, legt Regisseur Watkins genau dieselben Mätzchen an den Tag, wie bei seinem ebenfalls inhaltlich vielversprechenden, aber nur mangelhaft umgesetzten TV-Film 5ive Days to Midnight. Auch wenn Kojak inhaltlich nicht das hält, was es verspricht, wäre ohne die bisweilen unterdurchschnittliche Kameraarbeit zumindest ein halber Punkt mehr in der Wertung möglich gewesen – die vier jetzigen erarbeitet sich der TV-Film ohnehin nur mit knapper Müh' und Not.
Fazit:
Dass es grundsätzlich eine bessere Wahl ist, trotz der höheren Produktionskosten an realen Schauplätzen zu drehen, haben Serien wie Third Watch - Einsatz am Limit [1999-2005] eindrucksvoll bewiesen; denn während die erstklassige Dramaserie die Monumente von New York ausnutzen und aufzeigen konnte, ist dies bei der in Toronto gedrehten, aber in Manhattan spielenden Kojak-Neuauflage eben nicht der Fall.
Doch darauf beschränken sich die Schwachpunkte dieses TV-Films leider nicht, denn während die Darsteller immerhin überzeugen können – allen voran Ving Rhames – sieht es bei der Inszenierung von Regisseur Michael W. Watkins stellenweise anders aus, und auch das Drehbuch, das zwei Stories zu einer zu verweben versucht, und dabei zu wenig Spannung, zu wenig Innovationen und Ideen für das Polizeiserien-Genre bietet, hinterlassen einen faden Beigeschmack. Hätte das Serien-Remake wirklich dauerhaft Bestand haben sollen, hätte sich an eben diesen Kritikpunkten noch einiges ändern müssen. Angesichts der leidlichen Unterhaltung sollte man hier lieber zum Original greifen.