Indiana Jones - Jäger des verlorenen Schatzes [1981]

Wertung: 6 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 3. März 2006
Genre: Action / Fantasy

Originaltitel: Raiders of the Lost Ark
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1981
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Steven Spielberg
Musik: John Williams
Darsteller: Harrison Ford, Karen Allen, Paul Freeman, Ronald Lacey, John Rhys-Davies, Denholm Elliott, Alfred Molina, Wolf Kahler, Anthony Higgins, Vic Tablian, Don Fellows, William Hootkins, Bill Reimbold, Fred Sorenson


Kurzinhalt:
1936 entsendet Reichskanzler Adolf Hitler zahlreiche Forschungsteams, um religiöse Artefakte ausfindig zu machen. Der US-Geheimdienst kommt in Besitz eines Communiqués, dessen Inhalt zu entschlüsseln sie den Archäologie-Professor Indiana Jones (Harrison Ford) bitten. Der ist sich zusammen mit seinem Kollegen Marcus Brody (Denholm Elliott) einig: allem Anschein nach wissen die Nazis, wo sich die Bundeslade befindet, jene Truhe, die seit mehreren Tausend Jahren die Tafeln der Zehn Gebote enthält. Ihre sagenumwobene Macht soll Armeen unvorstellbare Kräfte verleihen und wäre in den Händen der Nazis eine nicht zu ermessende Waffe.
So soll Jones die Bundeslade finden und sicher in den USA zurück bringen. Erster Hinweis auf der Suche nach der Bundeslade ist ein Medaillon, das der Tochter von Jones ehemaligem Mentor, Marion Ravenwood (Karen Allen). Doch als Indiana Jones in Nepal bei ihr eintrifft, sind auch die Nazis bereits vor Ort – Marion und Indiana Jones gelingt die Flucht, aber die Suche nach der Lade hat erst begonnen und nimmt in Kairo, wo die Nazis unter Anleitung von Rene Belloq (Paul Freeman) – ebenfalls ein Archäologe, der Jones schon mehrmals um Artefakte betrogen hat – mit Ausgrabungen begonnen haben, unerwartete, dramatische Wendungen ...


Kritik:
Wie ihre Karriere ausgefallen wäre, hätte sie die Rolle der Prinzessin Leia in Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung [1977] bekommen, für die sie zeitweise vorgesehen war, lässt sich kaum spekulieren. Am 5. Oktober 1951 in Illinois geboren, zog sie in der Kindheit oft von einem Ort zum anderen – ihre Mutter war Lehrerin, ihr Vater FBI-Agent. Ans Schauspielern dachte Karen Allen dabei erst Anfang 20, als sie von einer Theateraufführung so beeindruckt war, dass sie sich daran versuchen wollte. So machte sie ihre Ausbildung in der Schauspielerei und spielte währenddessen nicht nur in einigen Aufführungen mit, sondern inszenierte selbige auch.
Nach einem ersten Auftritt in einem Independent-Film 1976 war sie in Animal House [1978] (hierzulande bekannt unter den Titeln Ich glaub' mich tritt ein Pferd und Im College sind die Affen los) in ihrer ersten größeren Rolle zu sehen – und beeindruckte Steven Spielberg so sehr, dass er sie für Jäger des verlorenen Schatzes vorsprechen ließ. Zuvor spielte sie unter anderem in Woody Allens Manhattan [1980] mit, ehe sie als schlagkräftige Heldin im ersten Indiana Jones-Abenteuer weltweit bekannt wurde.
Angesichts des großen Erfolges verwundert es, dass sich Karen Allen entschloss, die nachfolgenden Jahre abseits des Rampenlichts zu verbringen, auch wenn sie für ihre Bühnenauftritte und auch die Mini-Serie Jenseits von Eden [1981] viel Lob bekam. Erst mit John Carpenters Starman [1984] wagte sie sich zurück ins alltägliche Filmgeschäft, um anschließend wieder kürzer zu treten und sich auf die Theaterarbeit und kleinere Produktionen zu konzentrieren. Auch wenn sie eigentlich ständig vor der Kamera zu sehen ist, sei es nun in Die Glasmenagerie [1987] oder Die Geister, die ich rief ... [1988], waren ihre Kinorollen meist weniger erfolgreich und auch bei den Kritikern nicht gern gesehen. Dahingegen veredelt sie in den letzten Jahren zahlreiche TV-Produktionen durch ihre Darbietung und erscheint als Gaststar bei Serien wie Law & Order (Aufrechten - Aus den Akten der Straße) [seit 1990]. Noch vor den Dreharbeiten zur umstrittenen TV-Drama-Dokumentation Challenger [1990], die die bei der Space Shuttle-Katastrophe umgekommenen Astronauten portraitiert, traf Allen auf ihren zukünftigen Ehemann Kale Browne, von dem sie sich nach neunjähriger Ehe 1997 wieder scheiden ließ. Abgesehen von der Erziehung ihres Sohnes Nicholas, entwickelte sie großes Interesse am Stricken und gründete 2003 ihre eigene Textilfirma, "Karen Allen-Fiber Arts". Außerdem gibt sie Schauspielunterricht am "Simon's Rock College of Bard" und ist immer wieder in kleineren Rollen wie zuletzt dem Drama When Will I Be Loved [2004] zu sehen.

Die Vorlage zu Karen Allens zweifelsohne größten Filmerfolg war das Ergebnis einer Zusammenarbeit der verschiedensten Filmemacher. So ersann George Lucas noch vor der Produktion des ersten Krieg der Sterne-Films die Idee, einen Abenteuerfilm inspiriert von den Fortsetzungsromanen der 1930er Jahre zu machen. Er entwickelte nach und nach die Figur des Indiana Smith, wobei er den Vornamen seinem Hund entlieh. Der Autorenregisseur Philip Kaufman lieferte Lucas die Story für sein erstes Archäologieabenteuer, hatte er sich selbst doch mit den Überlieferungen der Bundeslade beschäftigt. Als Lucas die Möglichkeit bekam, seinen Traum Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung umzusetzen, legte er das Skript für Jäger des verlorenen Schatzes abermals beiseite. Erst nachdem Star Wars wider Erwarten des Studios ein unglaublicher Erfolg beschert war, nahm er die Weiterentwicklung der Abenteuergeschichte wieder auf; zur gleichen Zeit erzählte im Steven Spielberg, der Lucas nach der Premiere von Star Wars besuchte, er würde gerne einen Agentenfilm im Stile von James Bond inszenieren und Lucas machte ihn auf das Drehbuch zu Jäger des verlorenen Schatzes aufmerksam. Spielberg war mit einer Ausnahme begeistert – der Name des Protagonisten, Indiana Smith hatte ihm nicht gefallen und wurde von Lucas spontan auf Indiana Jones geändert. Während Lucas sehr genaue Vorstellungen hatte, worum es im Film gehen sollte, wusste Spielberg von einigen Szenen, die er unbedingt in der Geschichte unterbringen wollte – und so wurde Lawrence Kasdan hinzu gezogen, der bereits an der Vorlage von Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück [1980] mitgeschrieben hatte. Kasdan oblag es, alle Ideen unter einen Hut zu bringen und der Geschichte gleichzeitig das Flair der 1930er Jahre zu verleihen.
Herausgekommen ist ein Drehbuch, das neben einer einfallsreichen, überraschenden Abenteuergeschichte auch denjenigen Elementen treu bleibt, die Lucas von Anfang an in seine Produktion integrieren wollte: die schnell hinter einander gereihten Actionszenen mit der mystischen Geschichte und die generell in rasantem Tempo erzählte Story erinnern beabsichtigterweise an diejenigen TV-Serien und Romane, von denen sich Lucas inspirieren ließ – die Szenenübergänge, insbesondere die Illustrierung der Flugsequenzen ist ein exzellentes Beispiel hierfür.
Augenzwinkernd beginnt Kasdan bereits den Beginn des Films und stellt den Zusehern eine Hauptfigur vor, die zwischen zwei Welten zu pendeln scheint; der facettenreiche Indiana Jones entpuppt sich auch im Verlauf der Suche nach dem biblischen Artefakt immer wieder als Quell ungeahnter Talente, obgleich Kasdan ihn nicht allwissend oder gar unverwundbar erscheinen lässt. Die Figur ansich trägt Jäger des verlorenen Schatzes merklich, verleiht den einzelnen Szenen allein durch den Charme und Wortwitz des Protagonisten eine natürliche Dynamik und entschädigt auch dafür, dass manche Nebenfiguren etwas weniger ausgeprägt vorgestellt werden. Und doch findet der Autor immer wieder die Zeit, Jones Begleiter und Widersacher in den Mittelpunkt zu rücken, sei es nun Marion Ravenwood, die auch ohne Jones einige Szenen bestreiten darf, oder Rene Belloq, dessen Geschäftsverhältnis zu den Nazis genauer beleuchtet wird. Dass Sallah einen richtigen Abschied von den übrigen Figuren zugeschrieben bekommt, ist lobenswert, ebenso wie die Tatsache, dass Kasdan in sehr wenigen Szenen Marcus Brody als Vertrauter und Vaterfigur von Indiana Jones vorstellt und ihm dabei auch ein Profil verleiht, das dem sympathischen Charakter bis zum Ende der Saga erhalten bleibt.
Die Szenenwechsel scheinen ohne Zweifel abrupt und die Geschichte insgesamt gehetzt, bedenkt man allerdings, dass dies von George Lucas ohnehin als Stilmittel beabsichtigt war, kann man dem Skriptautor nur gratulieren, gelingt es ihm trotz allem, viele Details in die Suche nach der Bundeslade einfließen zu lassen und gleichzeitig gut herausgearbeitete Figuren in einer Vielzahl von unterschiedlichen Umgebungen zu präsentieren. Vor allem aber fängt er jenes Abenteuerflair ein, das ähnlichen Produktionen meist völlig fehlt.
Auf Grund der langen Entwicklungszeit des Drehbuchs, gab es mehrere Fassungen, die auch Szenen enthielten, die nicht in der endgültigen Version enthalten sind. So gab es eine Szene, in der Indiana Jones sich hinter einem riesigen Gong vor Maschinengewehrfeuer schützt, und die Flucht der beiden Gefangenen am Ende beim Öffnen der Bundeslade über ein Netzwerk aus Loren in einem Minenschacht – beide Sequenzen sind im zweiten Teil der Reihe, Indiana Jones und der Tempel des Todes [1984] enthalten.

Blickt man aus heutiger Sicht auf die Indiana Jones-Reihe zurück, scheint es, als hätte es schlicht keine bessere Wahl für die Hauptrolle gegeben, als Harrison Ford, und in der Tat war er die erste Wahl von Regisseur Steven Spielberg. Allerdings hatte Produzent Lucas Bedenken, man würde Ford als seinen Stammdarsteller einstufen, hatte er doch sowohl in Star Wars, als auch in American Graffiti [1973] mitgewirkt. So wurden zahlreiche Darsteller eingeladen; während Nick Nolte die Rolle ablehnte, hatten sich Lucas und Spielberg ansich auf Tom Selleck geeinigt, der allerdings bereits für Magnum [1980-1988] unter Vertrag genommen worden war (zu seinem Pech begannen die Dreharbeiten zur Serie allerdings erst, nachdem die Produktion von Jäger des verlorenen Schatzes bereits abgeschlossen waren), und so kamen die Filmemacher zurück auf Harrison Ford. Der war vom Drehbuch begeistert und wurde drei Wochen vor Drehbeginn für die Rolle verpflichtet. Wie der Film aussehen würde, hätte jemand anders die Titelrolle verkörpert, lässt sich nicht einmal erahnen; Ford verleiht der Rolle eine solch natürliche Ironie, wirkt in den ernsten Momenten aber gleichzeitig entschlossen und doch nicht überschätzend selbstbewusst, dass zu keiner Situation Zweifel daran aufkommen, er wäre nicht Indiana Jones.
Dass sie es genoss, nicht nur das Opfer zu spielen, sondern auch aktiv bei den Szenen agieren zu dürfen, hat Karen Allen in Interviews bereits bekundet – und dieses Engagement sieht man der Darstellerin an. Von Ford in keiner Weise beeindruckt mimt sie überzeugend eine Mitstreiterin des abenteuerlustigen Archäologen und macht ihre Sache dabei so gut, dass Fans ihr Fehlen in den kommenden Filmen zurecht kritisierten.
Als Gegenspieler zu Indiana Jones hält Paul Freeman – der gebürtige Engländer wurde von den Produzenten nach der Zusage gefragt, ob er denn einen französischen Akzent imitieren könne – der Hauptfigur problemlos stand, überzeugt mit einem weniger bösartigen, als zielgerichteten Belloq, der sämtliche Mittel einsetzt, seine Absichten zu verwirklichen. Glücklicherweise zielt das Drehbuch nicht auf ein körperliches, sondern auf ein gedankliches Kräftemessen der beiden Widersacher ab, und was seine Ausstrahlung angeht, ist Freeman Harrison Ford beinahe ebenbürtig.
Die Rolle des bösartigen Schurken fiel dabei Ronald Lacey, der eigentlich wenige Jahre zuvor die Schauspielerei aufgeben und sich als Agent um die Talente anderer Akteure bemühen wollen, nach dem Erfolg von Jäger des verlorenen Schatzes änderte er allerdings seine Meinung; dass der Name seiner Filmfigur nie genannt wird, verleiht dem charismatischen, wenn auch etwas unterforderten Mimen einen unnahbaren Grad an diabolischer Imposanz, der seinen Charakter so prägnant wie erinnernswert macht. Lacey starb 1991 an Leberversagen im Alter von 56 Jahren.
John Rhys-Davies begann seine Karriere bei zahlreichen Fernsehserien, ehe er mit Shogun [1980] einen prägnanten Auftritt absolvierte – bis zum Moment, da Steven Spielberg ihn für Indiana Jones auswählte, konnte er nicht ahnen, dass der Abenteuerfilm einen seiner größten Erfolge darstellen sollte. Es ist seiner hühnenhaften Persönlichkeit zusammen mit seinem unverkennbaren Charme zu verdanken, dass er von Fans als eine der sympathischsten Figuren geschätzt wird. Hier zeigt Rhys-Davies, dass er der Rolle in den notwendigen Situationen auch den notwendigen Ernst verleihen kann und ergänzt Protagonist Harrison Ford gekonnt.
Ebenso Alfred Molina, für den die ersten Minuten in Jäger des verlorenen Schatzes auch die ersten Minuten überhaupt vor der Kamera darstellen. Dass er dabei gleich mit lebendigen Spinnen drehen musste, konnte er nicht ahnen. Er macht seine Sache wirklich gut und sorgt für den gelungenen Einstand der Saga.
Ein unverkennbarer Bestandteil der Indiana Jones-Reihe ist Denholm Elliott, der hier der Figur von Marcus Brody bereits jene beschützerischen Charakterzüge verleiht, mit denen er sich im dritten Teil der Reihe verewigte. Seine Dialoge wirken stets improvisiert und gerade deswegen natürlich, seine Gestik, als hätte er sich aus dem Stegreif dazu entschieden – er zählt zu den sympathischsten Figuren des Films, trotz seines kurzen Auftritts, und rundet den sehr gut ausgewählten Cast hervorragend ab.

Auch wenn Kameramann Douglas Slocombe an einigen Szenen von Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art [1977] beteiligt war, hatte er dennoch keinen ganzen Film mit dem renommierten Cinematographen inszeniert. Dabei ließ der Regisseur dem Kameramann zwar viele Freiheiten, bringt aber dennoch die ureigene Handschrift Spielbergs mit ein, verblüfft deswegen mit vielen Kamerafahrten, ungewöhnlichen Perspektiven und einer Bildersprache, die durch die wohl überlegte Ausleuchtung mit den zahlreichen Schattenspielen und Szenen, deren Handlung nur in Schatten der Figuren gezeigt wird, symbolhaft erscheint, wie bei kaum einem Film des Genres.
Jede der Blickwinkel scheint komponiert und durch den exzellenten Schnitt von Michael Kahn erzeugt Jäger des verlorenen Schatzes nie den Eindruck, als wären manche Einstellungen im Studio entstanden. Bei zahlreichen Einstellungen, sei es nun die Entdeckung der Bundeslade, Indiana Jones Begegnung mit der Kobra oder aber die malerischen Sonnenuntergänge bei den Ausgrabungsstätten, könnte man ein Standbild ohne weiteres als Gemälde genießen. Ein klassisches Beispiel ist die hervorragend gefilmte Sequenz im Kartographenraum, in dem Indiana Jones die Lage der Bundeslade erfährt; Kamera und Schnitt harmonieren hier in einer Art und Weise, wie man es kaum für möglich halten würde und erzeugen zusammen mit der bombastischen Musik von John Williams eine Atmosphäre, die sich unzählige Abenteuerfilme seither zum Ziel setzten, ohne sie aber zu erreichen.
Was jedoch gerade in Anbetracht der Entstehungszeit des Films (und angesichts der Tatsache, dass Lucas und Spielberg den Film für weniger als 20 Millionen Dollar umsetzen mussten) verwundert, ist die erstklassige Ausstattung des Archäologieepos. Seien es nun die zahlreichen Bauten, die Kostüme oder Außenaufnahmen mit unzähligen Statisten bei den Ausgrabungen, selbst die Fahrzeuge und militärische Einrichtungen – sie erzeugen alle eine so authentische Atmosphäre, wie bislang lediglich von großen Kostümdramen gewohnt. Dabei haben sich ohne Zweifel allerlei Fehler eingeschlichen, und das ein oder andere Land wurde 1936 noch anders genannt, als es bei den Flugkarten zu lesen ist, dies ändert aber nichts daran, dass die Macher das Kairo von 1936 nur dadurch entstehen lassen konnten, dass sie beiden ausgewählten Aufnahmen sämtliche Antennen der Anwohner vor dem Dreh entfernen ließen, eine Nachbearbeitung wie heute per Computertricks war damals nicht möglich.
Der Produktionsaufwand war enorm und ist selbst heute noch ungeschlagen, trotz deutlich teurerer Nachahmerfilme. Das deutsche U-Boot hatten die Macher übrigens von Wolfgang Petersens Fernseh-Epos Das Boot [1981] gemietet.

Komponist John Williams, einer der höchstdekorierten Künstler seiner Zunft, geht bei Jäger des verlorenen Schatzes so verschwenderisch mit seinem Talent um, dass manche seiner Kollegen nur vor Neid erblassen können. Nachdem sich Lucas und Spielberg bei ihrem Hauskomponisten eingefunden hatte, eröffnete der ihnen, dass er zwei Melodien für Indiana Jones geschrieben habe, und nachdem er Spielberg beide Motive vorgespielt hatte, fragte jener begeistert, ob er denn nicht beide verwenden könne. So kommt es, dass das Thema des Archäologen aus zweierlei Motiven besteht, die durch eine kleine Überleitung verbunden sind.
Aber als sei das prägnante, unverwechselbare Thema (an dem Williams nach eigenen Angaben länger tüftelte, wie man manch anderen Alben) nicht genug, begleitet ein so mitreißender, wie temperamentvoller und einfallsreicher Score den Film, wie man ihn sich als Zuschauer nur wünschen kann. Ganz ohne Zweifel sind einige Motive seinem bahnbrechenden Soundtrack zu Star Wars nicht unähnlich, das Kernthema des Films, das Kennern der Musik sofort ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, ist jedoch das Thema der Bundeslade, das so getragen wie mystisch, so verheißungsvoll wie unheilschwanger daher kommt und im Laufe des Films mehrmals auf gekonnte Weise eingewoben wird.
Dass Williams ein Meister seiner Zunft ist, sieht man auch daran, wie geschickt es ihm beim Finale gelingt, das bereits etablierte Thema der Bundeslade aufzugreifen, es aber gekonnt zu verfälschen, den Zuhörer nach einer anfangs bekannten Melodie auf ungewohnte Wege zu führen. Der Score zählt wie Star Wars zu den Meilensteinen der Filmgeschichte und darf ansich in keiner Sammlung fehlen. Zum hören ohne den Film eignet sich die Musik dank eingängiger Themen und hervorragender Kompositionen ebenso, wie sie mit den Bildern effektvoll erscheint.

Mit American Graffiti hatte George Lucas einen erfolgreichen Film vorgelegt, den er mit Star Wars allerdings noch in den Schatten stellte. Seine Science Fiction-Mär spielte 1977 allein in den USA über 300 Millionen Dollar wieder ein. Steven Spielberg andererseits erreichte mit Der weiße Hai [1975] über 250 Millionen Dollar, und auch sein nachfolgender Film Unheimliche Begegnung der dritten Art war finanziell ein großer Erfolg – einzig mit der Satire 1941 [1979] konnte er weder Zuschauer noch Kritiker zufrieden stellen. Man sollte allerdings meinen, dass sich Studios um ein Projekt jener beiden Filmemacher reißen würden – und doch wollte kein Studio in Hollywood den Film finanzieren. Es bedarf großer Überredungskünste von George Lucas, damit Paramount Pictures zusagte. Deren Logo baute Spielberg fortan auch gleich im Film mit ein, wofür sich Produzent Frank Marshall auf die Suche nach einem solchen Berg in der freien Natur begab.
Letztlich war Jäger des verlorenen Schatzes mit einem weltweiten Einspielergebnis von beinahe 400 Millionen Dollar der erfolgreichste Film des Jahres 1981 und markiert gleichzeitig den lukrativsten Teil der Trilogie. Dies mag einerseits daran liegen, dass sich die Filmemacher bis zur Veröffentlichung von Indiana Jones' erstem Abenteuer mit keinen anderen Filmen messen lassen mussten, andererseits ist die Suche nach der Bundeslade mit so vielen interessanten und exzellenten Einfällen gespickt, dass leicht verständlich wird, weswegen der Film seit 25 als Referenz des Genres gehandelt wird.
Den Filmemachern gelingt dank einer fesselnden Geschichte mit dem nötigen Anteil Übersinnlichem und einer ausgezeichneten Ausstattung ein authentisches Bild von 1936, in dem man sich dank der sympathischen Hauptfiguren und des so effektiven wie bekannten Kampfes zwischen Gut und Böse gern verliert. Dabei reiht sich unter Steven Spielbergs Regie ein Highlight an das nächste, und dank der unverwechselbaren Musik von John Williams kann man die Silhouette des Helden mit Peitsche und Hut förmlich vor sich sehen.


Fazit:
Exotische Landschaften, altertümliche, sagenumwobene Überlieferungen, eine Entdeckung, die die Geschichte der Menschheit beeinflussen könnte und bedrohliche Situationen, aus denen sich aber stets ein Ausweg finden lässt – Indiana Jones entspricht dem Prototypen eines Abenteurers und lebt damit den Traum unzähliger Zuschauer. Dass man dem exzellent besetzten Harrison Ford und seinen Mitstreitern bei ihrer Reise rund um den Globus gespannt folgt, liegt einerseits an der intelligenten, faszinierenden Geschichte, andererseits aber auch an der überzeugenden Rekonstruktion jener Epoche durch ein Produktionsteam, das besser nicht hätte versammelt werden können.
Handwerklich hervorragend eingefangen ist man ständig an der Seite der Figuren, lebt die gefährlichen Momente ebenso mit, wie ihre verdienten Ruhepausen und ist ebenso gespannt auf die schließliche Entdeckung, wie beide Parteien dieses ungleichen Rennens um die Bundeslade. Steven Spielberg und George Lucas garantieren hier für perfekt gemachte, mitreißende Unterhaltung auf höchstem Niveau, dank pointierter Dialoge, stetig präsentem aber nie aufgesetztem Humor und einer Erzählung, die wie für die große Leinwand gemacht scheint. Jäger des verlorenen Schatzes begründete seinerzeit den modernen, klassischen Abenteuerfilm und bleibt gerade auf Grund der handgemachten Umsetzung in diesem Genre unerreicht.
Ein Meilenstein des Films und heute so rasant wie vor 25 Jahren.