Battlestar Galactica: "Pegasus / Die Auferstehung" [2005 / 2006]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 31. Dezember 2006
Genre: Science Fiction

Originaltitel: Battlestar Galactica: "Pegasus", "Resurrection Ship"
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien
Produktionsjahr: 2005
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Michael Rymer
Musik: Bear McCreary
Darsteller: Edward James Olmos, Mary McDonnell, Jamie Bamber, Katee Sackhoff, Michael Hogan, Jim Callis, Tricia Helfer, Grace Park, Tahmoh Penikett, Aaron Douglas, Kandyse McClure, Alessandro Juliani, Paul Campbell, Michelle Forbes, Graham Beckel, Fulvio Cecere


Kurzinhalt:
Wurden die überlebenden Menschen rund um den Battlestar Galactica bislang von den Zylonen erbarmungslos gejagt, scheint sich die kleine Flotte derzeit in Sicherheit zu befinden – als ein großes, unbekanntes Schiff im selben Sektor auftaucht, ist die Angst vor einer erneuten Hetzjagd entsprechend groß. Doch der Kreuzer entpuppt sich als ein weiteres Schiff der Flotte, von dem man glaubte, es sei bei dem Angriff der Zylonen zerstört worden: die Pegasus.
Doch die Ankunft des Schlachtkreuzers erhöht nicht nur die Zahl der Überlebenden in der Flotte, sondern sie ändert auch die Rangordnung innerhalb des Militärs. Commander Adama (Edward James Olmos) untersteht nun Admiral Cain (Michelle Forbes) von der Pegasus. Die übt ihre Macht nicht nur aus, sondern hat sich bereits ein Ziel ausgesucht, das zusammen mit der Galactica angegriffen werden soll. Eine Flotte der Zylonen in einem benachbarten System beschützt auffällig ein unbekanntes Schiff, das – so zeigen es Aufklärungsflüge – für die Herstellung der Klone der Zylonen immens wichtig ist. Ein vernichtender Schlag könnte der Menschheit einen entscheidenden Vorteil verschaffen.
Doch während sich die Kampfverbände auf den Angriff vorbereiten, werden die Spannungen zwischen den Crews immer größer – als Helo (Tahmoh Penikett) und Tyrol (Aaron Douglas) davon hören, dass Crewmitglieder der Pegasus die Zylonin Sharon (Grace Park) missbrauchen wollen, greifen sie ein, und töten dabei einen ranghöheren Offizier. Für Cain Grund genug, beide zum Tode zu verurteilen. Ohne die Möglichkeit, den Admiral umstimmen zu können, befiehlt Adama einen Angriff auf die Pegasus, um seine Crewmitglieder zu retten ...


Kritik:
Mit vielen Fragen und ungewissen Aussichten ließen die Macher der erfolgreichen Neu-Interpretation von Battlestar Galactica die Zuschauer zum Ende der ersten Staffel zurück. Viele Handlungsstränge hingen in der Luft, das Schicksal mancher Figuren war nicht abzusehen, und für die Zuschauer war nicht ersichtlich, ob überhaupt alle wiederkommen würden.
Erste Änderungen an der Besetzung werden sich in der zweiten Hälfte der zweiten Staffel einstellen, und den größten Wendepunkt in der bisherigen Serie stellt ohne Zweifel die Storyarc um den Battlestar Pegasus dar. Hier kehren die Autoren auch endlich ausschließlich in den Weltraum zurück, während die erste Hälfte der zweiten Season mit vielen Planetenaufenthalten und sich ewig hinziehenden, religionschwangeren Stories getränkt war. Dass Battlestar Galactica aber auch alleinig durch den Science Fiction-Anteil überzeugen kann, beweisen die Macher hier eindrucksvoll.

Dies liegt nicht zuletzt an dem intelligenten und interessanten Drehbuch, das einerseits neue Figuren einführt, andererseits in den zwei Stunden aber auch die Zeit findet, die bekannten Charaktere durch komplexe und schwierige Entscheidungen weiterzuentwickeln. Zugleich erfährt man als Zuschauer neue Details über die Organisation der Zylonen untereinander und bekommt zusätzlich ein sehr lehrreiches Gedankenspiel zur generellen Situation der überlebenden Menschheit geliefert.
So zeichnet die Autorin von "Pegasus", Anne Cofell Saunders, beinahe schon unbemerkt nicht nur eine Charakterstudie der neuen Oberbefehlshaberin der Kolonialflotte, Admiral Nelena Cain, sondern zeigt dabei auch, wie das Schicksal der Zivilisten hätte aussehen können, hätte sich Commander Adama nach dem verheerenden Angriff der Zylonen auf das Militärrecht berufen und unter seiner Führung eine Diktatur durchgesetzt, anstatt den Dialog mit der demokratischen Regierung zu suchen. Es ist nicht zuletzt dieses mitunter für das Militär hinderliche, immer schwankende Gleichgewicht, das den Menschen den besten Schutz bei einem demokratischen Mitspracherecht bietet. Admiral Cain musste hier keinerlei Rücksicht nehmen – und hat dementsprechend nach den militärischen Bedürfnissen gehandelt. Als Spiegelbild für das tägliche Weltgeschehen dient dieser Storyaspekt ebenso, wie für die Stärkung der Führungsqualitäten Adamas, der gerade in den letzten Episoden mit dieser Thematik zu kämpfen hatte.
Für den gewohnten Science Fiction-Anteil sorgen die neuen Erkenntnisse über die Zylonen, und auch der lange vorbereitete Angriff auf die Flotte kann dahingehend überzeugen – auch wenn das Kräftemessen zwischen Cain und Adama noch etwas spannender geraten ist.
Moralische Fragen werden zudem durch die unterschiedliche Behandlung der gefangenen Zylonen einerseits durch die Crew der Galactica und andererseits durch die Pegasus-Crew aufgeworfen, wobei diejenigen Zuschauer mit einem längeren Gedächtnis sich daran erinnern werden, dass die bekannten Figuren des Battlestar Galactica vor nicht allzu langer Zeit kurz davor standen, ebenfalls jenen Pfad zu beschreiten. Nicht zuletzt dieser immer aktueller werdende Bezug zur Situation in unserer heutigen Zeit zeichnet die Mini-Arc um die Pegasus aus und bringt treffend auf den Punkt, dass Science Fiction aus weit mehr besteht, als Weltraumschlachten und zukunftsträchtige Technik – sie soll vielmehr zeitgemäße Themen so aufbereiten, dass man sich als Zuschauer damit auseinandersetzt. Und eben das unterscheidet den Dreiteiler vom Beginn dieser Staffel, die mit esoterischen Elementen und viel zu langsam erzählten Storys all jene Dynamik vermissen ließ, die die Serie im ersten Jahr auszeichnete.

So wirken hier auch die Darsteller motivierter, als noch einige Folgen zuvor, was man unter anderem an Katee Sackhoff beobachten kann, deren Auftritt in "Pegasus" weit weniger gelungen ist, als im zweiten Teil des Zweiteilers "Die Auferstehung". Hier überzeugt die Darstellerin durch eine passende Mimik und eine gelungenen Körpersprache, die sie leider bislang häufig übertrieb.
Dreh- und Angelpunkt ist jedoch nach wie vor Edward James Olmos, den man zu Beginn der Season schmerzlich vermisste, der durch sein Charisma und seine väterliche Ruhe aber all das an Erfahrung und Vertrauen ausstrahlt, was seinem ersten Offizier Tigh (ebenfalls exzellent verkörpert durch Michael Hogan) fehlt. Hogan hat zwar weniger zu tun, macht seine Sache aber wie gewohnt sehr gut.
Ebenso Mary McDonnell, welche die schwer gezeichnete Präsidentin Roslin mit einer Anmut mimt, die ihre autoritäre aber nicht aufdringliche Präsenz noch übersteigt. Dass sie weniger als noch vor einigen Episoden durch Visionen angetrieben wird, nicht mehr wie zuvor besessen scheint und bodenständiger wirkt, scheint die Aktrice zusätzlich zu motivieren.
Eine Überraschung ist nach wie vor Jamie Bamber, der als Lee Adama eine sehr gute Darbietung zeigt, gleichwohl er hier erst im letzten Drittel stärker gefordert ist. Selten zu sehen ist Kandyse McClure, die aber in Gesprächen mit Commander Adama wenige Episoden zuvor zeigte, was schauspielerisch in ihr steckt und man kann nur hoffen, dass die Autoren das nutzen und ihre Figur stärker ausbauen – das Potential hierzu ist vorhanden.
Dass Jim Callis und Tricia Helfer inzwischen ein eingespieltes Team sind, sieht man unter anderem daran, wie sie sich in den durchaus schwierigen Szenen in der Gefangenenzelle an Bord der Pegasus gegenseitig zu außergewöhnlichen Leistungen motivieren – auch wenn beide Figuren von Grund auf unsympathisch sind, faszinieren sie doch durch ihre Undurchschaubarkeit und ihre komplexen Verwicklungen. Beide machen ihre Sache wie gewohnt außergewöhnlich gut. So auch Grace Park, die aber nur kurz zu sehen ist, dann aber in einer sehr wichtigen Szene, die die Darstellerin problemlos meistert.
Tahmoh Penikett und Aaron Douglas spielen routiniert wie gewohnt, ebenso Alessandro Juliani, der aber nur wenig zu tun hat. Paul Campbell ist hingegen nur in einem Gastauftritt zu sehen und hat dort nicht einmal eine handvoll Dialogzeilen.
Die im Science Fiction-Bereich erfahrene Michelle Forbes (in der wiederkehrenden Rolle der Ro Laren im Star Trek-Universum zu sehen gewesen) bleibt nicht zuletzt durch ihre bemerkenswerte Autorität in Erinnerung, die nie einen Zweifel daran aufkommen lässt, wer das Kommando über die Flotte übernommen hat. Zwar werden ihre Entscheidungen dadurch nicht unbedingt verständlich, aber sie verdeutlichten zusehends ihre Motivation und ihre Entschlossenheit – gerade zum Schluss der Story-Arc verblüfft Forbes durch eine subtile und doch aufschlussreiche Mimik.
Graham Beckel rundet den durchweg gut zusammen gestellten Cast ab, bei dem auch die Gastdarsteller wie gewohnt überzeugen können. Es ist aber merklich der Vorlage zu verdanken, dass sowohl die neuen, als auch die bekannten Akteure engagiert vor der Kamera agieren. Mehr kann man sich als Zuschauer an sich nicht wünschen.

Von dem überraschenden Erfolg von Battlestar Galactica wollten auch andere Serien profitieren, und so schickten sich Produzenten an, Lost in Space neu für das TV aufzulegen – ohne Erfolg. Die dafür errichteten Sets fanden allerdings als Kulisse für die Pegasus Verwendung, auf die Regisseur Michael Rymer zurückgreift.
Handwerklich überzeugt Rymer wie gewohnt durch passende, stellenweise sehr einfallsreiche Perspektiven und gerade in wichtigen Momenten gut choreografierte Einstellungen, die sich nicht nur die Darsteller zunutze machen, sondern auch die Sets selbst – dass er jene charakteristischen Blickwinkel auch bei den Effekt-Szenen beibehält ist sowohl überraschend wie auch lobenswert, kleidet es den TV-Film doch in eine durchgängige und stimmige Optik. Die Handkamera ist mit Bedacht eingesetzt und stört nicht im geringsten und auch die wenigen Zeitlupen sind sorgfältig ausgewählt.
Kamera und Schnitt harmonieren gekonnt und bewegen sich durchaus auf Kinoniveau – dank der exzellenten Spezialeffekte wird der professionelle Eindruck der epischen Story noch verstärkt, auch wenn man sich etwas mehr Zeit für das Finale gewünscht hätte. Davon aber abgesehen gibt es nichts zu bemängeln.

Es ist erstaunlich, dass es Regisseur Michael Rymer einmal mehr gelingt, die fast schon opernhaft klassischen Stücke von Komponist Bear McCreary gekonnt in die Episode einzubauen; auch wenn der Score sich wie gewohnt zwischen instrumentalen Stücken und elektronisch untermalten, atmosphärischen Themen abwechselt, greift der Komponist in der letzten Folge des Dreiteilers auf ein abgewandeltes Thema zurück, das Zuschauern aus dem Zweiteiler "Kobol" bekannt sein dürfte.
So episch die Melodie im ersten Moment anmutet, dient sie Regisseur Rymer aber auch dazu, die vordergründige Action bei der finalen Schlacht in ein ganz anderes Licht zu tauchen und dem Geschehen das rein unterhaltsame Element zu nehmen, auch wenn sich die Ereignisse gegen die vermeintlich bösartigen Zylonen richten. Die zweifellos beabsichtigten sozialkritischen Untertöne werden durch den gelungenen, immer atmosphärischen und nie aufdringlichen Soundtrack passend unterstützt und heben sich gerade in der heutigen Fernsehlandschaft, in der den Zuschauer meist sehr elektronische Musik erwartet, wohltuend von den übrigen Produktionen ab.

Spaltete Battlestar Galactica zu Beginn der Serie die Zuschauer noch in diejenigen, die den verklärten Erinnerungen an die Originalserie aus den 1970er Jahren nachhingen und die Neu-Interpretation als Blasphemie beschimpften, und den neuen aufgeschlossenen Zuschauern, die durch die düstere Science Fiction-Geschichte angesprochen wurden, wandelte sich das Bild am Anfang der zweiten Staffel. Nun polarisierte die Serie die Fans in diejenigen, welche die sehr esoterische, mit religiösen Gleichnissen überfrachtete Geschichte ansprechend fanden und diejenigen, die sich an eben jener erzwungenen Mystik störten.
Für die Pegasus-Arc halten sich die Macher etwas mehr im Hintergrund, erweitern die Zylonen aber weiter um religiöse Aspekte, die aufmerksamen Zuschauern aber eines zu denken geben sollten: weswegen glauben die überlebenden Menschen, darunter die Präsidentin Roslin, an mehrere Götter, wohingegen die Zylonen für den Monotheismus stehen? Wessen Glaubenskreuzzug ist denn nun der richtige?
Man darf abwarten, was die Autoren aus diesen Grundlagen machen werden, wird das Thema behutsamer angegangen und mehr auf aktuelle Themen eingegangen, wie in "Die Auferstehung", erweckt die Serie aber einen stimmigeren Eindruck. Gerade durch die zahlreichen Themen spielt Battlestar Galactica seine Stärken gekonnt aus und bietet temporeiche und spannende Science Fiction auf hohem Produktionsniveau. Allein das ist im Science Fiction-Bereich im Fernsehen derzeit äußerst selten, beziehungsweise sonst nirgendwo zu finden.


Fazit:
Es dauerte immerhin zehn Episoden, ehe die Autoren zur alten Form auflaufen und neben einer interessanten Geschichte auch neue Aspekte für die bekannten Figuren einbauen. Selbiges geschah zwar zum Auftakt der zweiten Staffel ebenso, doch überwog der stellenweise arg dick aufgetragene mystische Anteil, der zusammen mit lang ausgewalzten Planetenaufenthalten die Story unnötig in die Länge zog.
Mystizismus findet sich bei der Pegasus-Storyarc ebenfalls, doch weit dezenter und auch stimmiger. Gleichzeitig wirft das Drehbuch interessante Fragen zu den einzelnen Charakteren auf und präsentiert dem Zuschauer anschaulich (und doch fast nebenbei), wie das Schicksal der Überlebenden hätte verlaufen können, hätte Adama seinerseits die Militärdiktatur durchgesetzt und sich nicht mit dem demokratischen System arrangiert – Parallelen zum Weltgeschehen sind hierbei durchaus beabsichtigt.
Bereitet "Pegasus" gekonnt den elektrisierenden Zweiteiler "Resurrection Ship" vor, packen die Macher in jene 80 Minuten viel Handlung, viele Details und gerade im zweiten Teil eine Menge erstklassig gemachter Science Fiction-Action, die durch eine durchweg sehr gute Inszenierung und hochmotivierte Darsteller abgerundet wird. Hoffentlich können die Macher dieses Niveau halten, die 'Durststrecke' zu Beginn der zweiten Battlestar Galactica-Staffel war lang genug.