David Mack: "Star Trek Destiny (Buch I): Götter der Nacht" [2008]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 15. Juli 2009
Autor: David Alan Mack

Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: Star Trek Destiny (Book I): Gods of Night
Originalsprache:
Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 431 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 2008
Erstveröffentlichung in Deutschland: 2010
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 978-1-4165-5171-3


Kurzinhalt:
Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit Jean-Luc Picard und seine Crew der Enterprise dem Prätor Shinzon Einhalt gebot. Sein ehemaliger Offizier William Riker ist inzwischen Captain der U.S.S. Titan. Doch steht die Föderation einmal wieder ihrem unerbittlichsten Feind gegenüber: die Borg haben mit einer Invasion begonnen. Doch statt die betroffenen Planeten in ihr Kollektiv aufzunehmen, sind die kybernetischen Organismen auf die Zerstörung der Welten aus. Unter größten Verlusten gelingt es den Raumschiffen der Sternenflotte, die Borg zumindest mancherorts abzuwehren.
Die Frage jedoch bleibt, wie gelingt es den Borg, urplötzlich unentdeckt mitten im Raum der Föderation aufzutauchen? Während Picard mit der Enterprise eine letzte Verteidigungslinie bildet, wähnt sich Captain Ezri Dax an Bord der U.S.S. Aventine einer möglichen Erklärung für die Reiseroute der Borg auf der Spur. Sie untersucht dabei das auf einem entfernten Planeten entdeckte Wrack der Columbia, das vor über 200 Jahren hier abgestürzt war. Von der Crew allerdings fehlt jede Spur.
Riker und seine Mannschaft stoßen bei ihren Untersuchungen auf ein weiteres Puzzle, das jedoch mit den anderen Ereignissen in Verbindung stehen könnte – und vielleicht auch eine Möglichkeit bietet, den Kampf mit den Borg zu beenden ...


Kritik:
Nach den Ereignissen in Star Trek: Nemesis [2002] griffen die Buchautoren des Star Trek-Franchise die Geschichte um die etablierten Figuren erst 2005 wieder auf. Dann startete die U.S.S. Titan unter dem Kommando von Captain William Riker ihre eigene Mission und auch Jean-Luc Picard und seine Crew der Enterprise hatten neue Aufträge zu erfüllen. Die übrigen TV-Serien Star Trek: Deep Space Nine [1993-1999], Star Trek - Raumschiff Voyager [1995-2001] und Enterprise [2001-2005] wurden ebenfalls in Buchform weitererzählt, um die teilweise offenen Fragen der Fans zu beantworten. Der dafür zum großen Teil verantwortliche Verlag Pocket Books hatte dabei für 2008 ein großes Projekt angekündigt, das vom bekannten Trek-Autor David Mack umgesetzt wurde. Dieser hatte nicht nur bei den Serien Deep Space Nine und Voyager Stories beigetragen, sondern sich auch mit seinen einfallsreichen Romanen in jenem Science Fiction-Universum einen Namen gemacht.
Der Vorteil daran, wenn ein einziger Verlag ein solches "Event" auf die Beine stellt, ist zweifellos, dass die Verantwortlichen dahinter auch die künstlerische Kontrolle besitzen. So wurde die im Herbst und Winter 2008 in den USA veröffentlichte Trilogie Star Trek Destiny von mehreren Autoren in mehreren Büchern vorbereitet, Ereignisse eingeleitet und Stories begonnen, die hier ihre Fortführung finden. Auch die im Anschluss veröffentlichten Bücher nehmen Bezug auf Destiny und nehmen die hier eintretenden Veränderungen als gegeben hin, anstatt ihre eigene Story zu erzählen.

So bezieht sich Autor Mack sehr oft auf andere Missionen der Crews, andere Erlebnisse in der Vergangenheit der Figuren, die in anderen Romanen erzählt wurden. Glücklicherweise macht er das so gründlich, dass man für das Verständnis von Destiny die übrigen Romane nicht gelesen haben muss, auch wenn es Manches vereinfachen würde. Vielmehr wird man als Gelegenheitsleser des weitläufigen Star Trek-Universums im ersten Moment überrascht sein, wie tief greifend die Charakterentwicklungen sind, die in den Romanen vorgenommen wurden. Bekannte Admiräle beispielsweise überlebten ein vorangegangenes Buch nicht, Picard ließ sich bei einer weiteren Konfrontation mit den Borg erneut in sein Dronen-Alter-Ego Locutus verwandeln und manche Figuren haben in dem Sinne sogar von einer "Serie" zur anderen gewechselt.
David Mack versucht in dieser Trilogie, viele jener inzwischen verworren erscheinenden Handlungsstränge einerseits zu erklären, um neuen Lesern einen Einstieg zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch, diese zusammenzuführen und weiterzuerzählen. So deckt Destiny die Erlebnisse von vier unterschiedlichen Crews ab: Picard kommandiert nach wie vor die Enterprise, während Riker die Titan an einem weit entlegenen Winkel auf eine Forschungsreise führt. Ezri Dax (bekannt aus Deep Space Nine) hat aus der Not heraus ihr eigenes Kommando bekommen und befehligt die U.S.S. Aventine, während in einer weiteren Erzählung die Columbia eine Rolle spielt. Jenes zweite Schiff der Sternenflotte, das während der Serie Enterprise kurz zu sehen war, jedoch bei einer Mission im Jahr 2156 verschollen ging. Durch die Vielzahl an Handlungsfäden ergibt sich auch eine große Zahl an Figuren, die im ersten Roman der Trilogie auftauchen. Mehr als drei Dutzend Namen sollte man den jeweiligen Charakteren zuordnen können, die gelegentlichen Nebenfiguren nicht mitgerechnet. Glücklicherweise fasst Mack diese in einem Anhang nochmals zusammen, wo man sich als verwirrter Leser informieren kann.

Die Geschichte selbst wurde im Vorfeld mit Spannung erwartet, immerhin kündigte der Verlag an, es würden manche Grundpfeiler des Star Trek-Universums erschüttert und Änderungen eingeführt, die weitreichender wären, als alle bisher dagewesenen. Die Borg erneut als Bösewichte einzuführen stieß dabei verständlicherweise auf Verwunderung, immerhin sind die Erzfeinde der Föderation oft genug Antagonisten einer Serie (Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994], Voyager), im Kinofilm (Star Trek: Der erste Kontakt [1996]) und sogar schon in mehreren Büchern gewesen. Mack versucht diesem Bösewicht neues Leben dadurch einzuhauchen, dass sich seine Absichten geändert haben. Waren die Borg bislang darauf aus, die Menschheit wie alle anderen Lebewesen in ihr Kollektiv zu assimilieren, haben sie es sich nun zum Ziel gesetzt, die Föderation selbst auszulöschen. Mit einer unvorstellbaren Effizienz und Grausamkeit verfolgen sie ihr Ziel, doch was sie zu diesem Gesinnungswechsel bewogen hat, erfährt der Leser zumindest im ersten Roman nicht. Die bekannten Figuren werden durch diese Situation bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht und verhalten sich damit mitunter nicht immer so, wie man es von ihnen erwarten würde. Wirkliche Ausrutscher sind glücklicherweise aber nicht dabei und da der Autor auch die Sprache und die Wortwahl der Charaktere trifft, ergibt sich ein stimmiges und nachvollziehbares Bild der durch Film und Fernsehen eingeführten Figuren.
Beinahe mehr Raum als die Borg nehmen die neuen Außerirdischen der Caeliar ein, auf welche die Crew der gestrandeten Columbia trifft. Hier entfaltet der Autor auch sein künstlerisches Talent und entwirft eine Spezies, die gänzlich unbekannt erscheint und so viele fantasievolle Elemente beinhaltet, dass die unwirklich erscheinenden Beschreibungen der Architektur und Technologie manchmal gar keine Bilder mehr im Kopf der Leser erzeugen können. Leider verstrickt sich Mack dabei sehr oft (wie bei Star Trek leider üblich) in einem Gebrabbel über Technologie, die gar nicht existiert und liefert Erklärungen und Hintergründe, die an der Geschichte interessierte Leser mehr verwirren und befremden, als dass sie sie in die Story hineinziehen. Dieses "Technobabble", wie es auch genannt wird, nimmt stellenweise unnötig viel Zeit in Anspruch. Auch scheinen manche Nebenhandlungen für den Fortgang der Geschichte nicht wirklich notwendig, sondern dienen vielmehr dazu, die Figuren der Titan oder der Aventine zu vertiefen, obgleich diese im ersten Roman aber keine große Rolle spielen. Inwiefern man den Roman also hätte straffen können, kann man erst nach dem Abschluss der Trilogie beurteilen. Dazu gehört auch die Nebenhandlung über die Familienplanung von Will Riker und Deanna Troi, bei der sich die Figuren zu unvernünftig verhalten, als dass die Geschichte zu packen vermag. Ob dies jedoch Teil des Gesamtkonzepts von Destiny ist, bleibt abzuwarten.

Davon abgesehen erwartet den Leser bei Star Trek Destiny ein groß angelegtes Romanabenteuer, das viele bekannte Figuren umspannt und eine interessante Geschichte präsentiert. Ob diese im Trek-Universum Sinn ergibt und Bestand hat, bleibt abzuwarten, immerhin kratzt der Autor hier nur an der Oberfläche. Wer sich damit abfinden kann, dass die Figuren der Titan und der Aventine detaillierter geschildert werden als beispielsweise die Crew der Enterprise, der darf sich auf einen verheißungsvollen Trilogieauftakt einlassen, bei dem Action und Science Fiction gleichermaßen im Vordergrund stehen. Auch wenn Letzteres zum großen Teil mittels technischem Kauderwelsch erreicht wird.


Fazit:
Auch wenn Vieles abgeschlossen war am Ende der Kinofilme und Serien, ebenso viel wurde auch offen gelassen. Dass man sich als Fan des bekannten und immerhin schon über 40 Jahre existierenden Science Fiction-Universums dafür interessiert, was mit den bekannten Figuren geschieht, versteht sich von selbst. Insofern ist es nicht nur unterhaltsam, sondern erzeugt auch ein nostalgisches Schmunzeln, wenn die Crew der Enterprise vorgestellt wird, oder andere Figuren aus den Serien auftauchen.
Doch sollte man sich keine Illusionen machen, die neuen Figuren der Titan, der Aventine und der Columbia nehmen mehr Raum ein und scheinen auch facettenreicher auszufallen. Autor David Mack versucht einen Spagat zwischen vielen etablierten Reihen des Star Trek-Franchise zu schlagen und das gelingt ihm großteils auch sehr gut. So wirkt Gods of Night allerdings mehr wie ein Vorlauf zur eigentlichen Geschichte, der Werdegang der Crews wird geschildert, ehe sie alle aufeinandertreffen und im zweiten Roman ein neues Abenteuer richtig Fahrt aufnimmt. Ob die Story damit hält, was sie verspricht, lässt sich noch nicht sagen, doch animiert der erste Teil der Destiny-Trilogie zum weiterlesen. Dann wird sich auch zeigen, ob die vielen Nebenhandlungen, die hier im ersten Moment wirken, als wären sie bloße Lückenfüller, unbedingt notwendig waren. Durch den unkomplizierten, stellenweise von überflüssigen technischen Details überfluteten Schreibstil und die Tatsache, dass die bekannten Charaktere meistens in ihrer Art genau getroffen sind, garantiert der Auftakt der Destiny-Reihe für ein unterhaltsames Lesevergnügen, das sich auf Grund der Verstrickungen der bekannten Serien jedoch ausschließlich an Fans richtet.