Sindbad & Serena - Im Land der Nebelschleier [2000]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 02. Januar 2003
Genre: Animation

Originaltitel: Sinbad: Beyond the Veil of Mists
Laufzeit: 75 min.
Produktionsland: USA / Indien
Produktionsjahr: 2000
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Evan Ricks, Alan Jacobs
Musik: Chris Desmond
Originalstimmen: Brendan Fraser, Jennifer Hale, Mark Hamill, Leonard Nimoy, John Rhys-Davies


Kurzinhalt:
Eines Tages findet die Prinzessin Serena (Jennifer Hale) einen Fremden am Strand, den sie zu ihrem Vater, dem König Chandra (Leonard Nimoy) bringt. Doch dann entpuppt sich der Fremde, der sich Baraka (John Rhys-Davies) nennt, als böser Zauberer, der die Persönlichkeit des Königs mit seiner eigenen austauscht und so selbst in des Königs Gestalt herrscht.
Den wahren König lässt er in den Kerker werfen und einzig Serena hat den Tausch bemerkt. Als ihr Vater in den Kerker gebracht wird, und wenig später hingerichtet werden soll, flüchtet sie mit einer Seite aus Barakas Zauberbuch. Darauf steht geschrieben, dass man im Land hinter den Nebelschleiern ein Gegenmittel gegen den Zauber finden kann - und so möchte Serena ihren Vater retten.
Um zu dem Land zu gelangen, bittet Serena Sindbad (Brendan Fraser) um Hilfe, der sich anfangs widerwillig auf die gefährliche Reise begibt, sich während des großen Abenteuers aber in die Prinzessin verliebt.


Kritik:
Es geschieht nicht oft, dass ich unversehen einen Film anschaue, weil ich gerade beim Zappen war und der Vorspann angefangen hat - und nach Sindbad & Serena wird mir auch wieder klar, wieso.
Im Vorspann liest sich die Besetzung eigentlich nicht schlecht, Leonard Nimoy, ein Star Trek-Urgestein mit unverkennbarem Charme, Brendan Fraser der Mumienjäger und Mark Hamill, bekannt aus der originalen Star Wars-Trilogie, wenngleich er danach keine Erfolge im Filmgeschäft mehr verbuchen konnte.

Doch kurz danach kommt die erste Überraschung: Es handelt sich nicht wie erwartet um einen Realfilm mit der ansich interessanten Sindbad-Geschichte, sondern um einen Animationsfilm, der ausschließlich am Computer entstand.
Ihn allerdings mit modernen Klassikern wie Toy Story oder Die Monster AG zu vergleichen, oder in einer ähnlichen Klasse wie den hervorragend gemachten Final Fantasy - Die Mächte in Dir zu vermuten, ist weit gefehlt. Obwohl Sindbad & Serena im Jahr 2000 das Licht der Welt erblickte, ist die Technik hoffnungslos veraltet. Wer sich im Genre der Computerspiele, oder "nur" der möglichen Technik auskennt, wird angesichts der kantigen Figuren, der zum Teil jämmerlichen Animationen und dem allgemeinen Gesamtbild nur den Kopf schütteln können. Mit einem heutigen High-End-PC ist das gezeigte ohne große Mühen nachzustellen - in Echtzeit!
Zum Vergleich: Bei Final Fantasy würden für Privatpersonen erschwingliche Rechner immer noch mehrere Tage für das Rendern eines einzigen Bildes benötigen.

Ob die Stimmen der bekannten Stars in der englischen Original-Fassung dieses Manko wieder wettmachen können, können die Zuschauer der deutschen Synchronfassung leider nicht beurteilen, dafür beschränkt sich diese auf mehr oder minder durchschnittliche Videoproduktionqualität.
Die Dialoge, und derer gibt es nicht viele, hangeln sich zwischen bekannten Sprüchen, klischeehaften Einzeilern und kurzen Wortwechseln dahin, die allesamt wie abgeschnitten wirken, als wäre das Drehbuch und insbesondere die Gespräche viel länger gewesen und dann ad hoc gekürzt worden.
Heraus kommt verständlicherweise ein Mindestmaß an Charakterzeichnung, das keinerlei Sympathie für die Figuren zulässt. Sich an die mimiklosen Pixelklötze zu gewöhnen, ist ohnehin nicht leicht: Eine tatsächliche Mimik besitzt ansich keine Figur, wenn man einmal von den asynchronen Lippenbewegungen absieht. Ausdrücke im Gesicht gibt es nicht, weder beim Kuss, noch Furcht oder Zorn. Bei den Gesprächen schwenkt die "Kamera" gern in die Totale, damit man als Zuschauer nicht bemerkt, dass sich die Lippen der Figuren mäßig oder überhaupt nicht bewegen.
Mit der Gestik hapert es ebenfalls, da sich die Figuren allesamt staksig verhalten, als hätten sie einerseits einen Besenstiel verschluckt und wären gleichzeitig wie Marionetten an Fäden aufgehängt.

Doch damit nicht genug, verstehen sich "Kamera" und "Schnitt" darauf, mit ruckartigen (zum Teil Ruckeln in den Bewegungen!) Schwenks, die so abrupt aufhören wie sie beginnen, und unübersichtlichen Kameraperspektiven, jeglichen Erzählfluss oder gar Spannung zu verderben.
In einigen Szenen versteht man gar nicht, was eigentlich passiert, zuerst ist das Schiff oben auf einer Klippe, im nächsten Moment unten und der Mann, der vorher außerhalb war, ist plötzlich verschwunden.
Die "Kameraarbeit" ist dabei sogar noch besser geraten, als der Schnitt, hier wird versucht, mit ein paar interessanten Einstellungen Eindruck zu schinden. Doch diese dienen entweder nicht der Übersichtlichkeit, oder wirken im Gesamtbild einfach fehlplatziert.
"Untermalt" wird das ganz von der Uralt-Technik, die neben den grobkantigen und rechteckigen Charakteren (von ein paar Ausnahmen abgesehen) mit Verrenkungen aufwarten kann, bei denen man die zwölf (geschätzten) virtuellen Knochen der einzelnen Figuren erkennen kann. Manche der Monster, auf die Sindbad und Serena treffen wirken zudem, als wären sie direkt einem Computerspiel wie Tomb Raider entliehen. Nur, dass sie so pixelig wirken, als wären sie ebenfalls 1997 entstanden.

Gleichzeitig werden Photos und real aufgenommenes Meerwasser miteingebunden; eigentlich ja nicht schlecht, das Meer wirkt (wenn man im ersten Moment denkt, dass es auch am PC entstanden wäre, was es definitiv nicht ist) atemberaubend bis zu dem Moment, wo sich ein computergeneriertes Objekt im Wasser bewegt. Gischt oder geänderte Wellenbewegungen sehen mitleiderregend aus, einzig die Spiegelungen können halbwegs überzeugen.
Gerenderte Zwischensequenzen in einem Computerspiel sahen vor einem Jahr schon besser aus, dies als Film zu verkaufen wirkt auf den ersten Blick mehr als frech.

Schlimmer gemacht wird das durch das wirre Drehbuch, das zwar mit ein paar interessanten Ideen aufwarten kann, aber dringend aufwändige Überarbeitungen nötig gehabt hätte.
Die Charaktere sind nicht herausgearbeitet und entwickeln sich auch nicht. Die Geschichte plätschert von einem unmotivierten Abenteuer zum nächsten und steuert auf ein Finale hin, das keines ist. Eine Rasse von Meeresbewohnern wird unversehens eingeführt, deren gesamte Kultur, ihre Umgebung oder auch nur annähernd ihre Lebensweise überhaupt nicht erläutert werden. Man wird in Sekunden mit einer verborgenen Zivilisation konfrontiert, die keinerlei Hintergrund besitzt und keinen anderen Zweck erfüllt, als eine hanebüchene Auflösung zu bieten, die mit dem Zauberer vom Beginn ansich nichts mehr zu tun hat.
Das grundlegende Design, insbesondere in der Unterwasserstadt, wirkt faszinierend und ausbaufähig; allerdings bekommt man davon nicht mehr zu Gesicht, als einen kurzen Blick; und in einem Märchen aus 1001 Nacht hat das für mich nichts zu suchen.

Die Musik pendelt im Film zwischen interessant, durchschnittlich und 'selbst für ein Computerspiel zu eintönig'. Ein Thema suchte ich vergebens und eine Struktur (wie im gesamten Film) ebenfalls.

Gegen eine Konkurrenz zum bisher ungeschlagenen Charme-Primus Pixar (Toy Story) oder die technische Brillanz und erwachsene Hintergrundgeschichte von Final Fantasy ist ja nichts einzuwenden. Dass man damit (zumindest künstlerisch) auf der Nase landen kann, hat DreamWorks mit dem hau-drauf-humorigen und konzeptionell unausgeglichenen - aber leider trotzdem kommerziell erfolgreichen - Shrek gezeigt.
Doch auch die indische Pixelschmiede Pentafour, die sich für Sindbad & Serena verantwortlich zeigt, kann Pixar nicht Paroli bieten - mehr noch, durch die offensichtlich unzumutbare Technik haben sich die Macher trotz zum Teil ansehnlich gerenderter Hintergründe (die manchmal auch Realfotos nachempfunden waren) selbst disqualifiziert.
In einer Beziehung war Sindbad & Serena allerdings ein Pionier: Es war der erste Film, der vollständig mittels Motion-Capturing animiert wurde; hierbei werden Sensoren an Darstellern angebracht, die alle Szenen spielen und über die Sensoren werden ihre Bewegungen in den Computer übertragen.
So gelang es dem Produktionsteam, den Film für knapp 20 Millionen Dollar (ein Fünftel der Disney/Pixar-Filme) und in nur 12 Monaten (die Hälfte der Pixar-Filme) fertig zu stellen. Das Ergebnis sieht allerdings auch dementsprechend unbefriedigend aus.

Pentafours Erwartungen, ab Ende 2000 unter den "Großen im Business" mitzumischen haben sich - wie man als Zuschauer des Films sicherlich vermutet - bislang nicht erfüllt.
An eine Sindbad-Story wagen sich unterdessen DreamWorks, die das Projekt als Zeichentrickfilm (mit erwartungsgemäß sehr hohem CGI-Anteil) umsetzen möchten; in der Figur liegt durchaus Potential, das Sindbad & Serena nicht einmal ansatzweise auszuschöpfen vermochte.


Fazit:
'Nichts Neues im Osten' - weder die Geschichte, noch die Charaktere, noch die plumpen Dialoge, oder gar die indiskutable Technik, die für einen Spielfilm ungeeignet ist und heutzutage den Fans sogar als Zwischensequenz in Computerspielen zu schlecht wäre, können überzeugen und daran ändern auch die bekannten Sprecher der Original-Fassung nichts.
Für Kinder gibt es geeigentere Filme von Pixar, für Erwachsene ebenso, wenn man an Aki Ross in Final Fantasy denkt; ein Film, der sich eindeutig an ein erwachsenes und ruhiges Publikum richtet.
Wer unbedingt einen Sindbad-Film sehen möchte, sollte zu den Realfilm-Klassikern greifen; die besitzen wenigstens noch den Nostalgie-Bonus, den man Sindbad & Serena nun wirklich nicht zusprechen kann.