Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick [2022]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Februar 2022
Genre: Liebesfilm / Komödie

Originaltitel: Marry Me
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Kat Coiro
Musik: John Debney
Besetzung: Jennifer Lopez, Owen Wilson, Chloe Coleman, John Bradley, Sarah Silverman, Maluma, Michelle Buteau, Ricky Guillart, Stephen Wallem, Jameela Jamil, Jimmy Fallon, Utkarsh Ambudkar


Kurzinhalt:

Es soll ein Event sein, das mehr als 20 Millionen Menschen vor die Bildschirme lockt, wenn sich die zwei größten Musikstars auf der Bühne das Jawort geben. Doch gerade, als Kat Valdez (Jennifer Lopez) im Brautkleid auf die Bühne tritt, erfährt sie, dass ihr Verlobter Bastian (Maluma) sie mit einer anderen Frau betrogen hat. Zutiefst verletzt und enttäuscht, hält sie auf der Bühne eine Ansprache, dass die wahre Liebe eine Lüge ist und dass man, wenn man etwas anderes will, etwas anderes tun müsse. So bittet sie einen Mann aus dem Publikum, den Lehrer Charlie (Owen Wilson), der mit seiner Tochter Lou (Chloe Coleman) und seiner Arbeitskollegin Parker (Sarah Silverman) das Konzert besucht und eher unbeabsichtigt ein Plakat mit der Aufschrift „Heirate Mich“ vor sich hält, sie zu heiraten. Die unverhoffte Ehe sorgt für einen riesigen Medienrummel, dessen negative Konsequenzen Kats Manager Calloway (John Bradley) versucht, auszuräumen. So soll die Ehe nur wenige Monate dauern, damit niemand das Gesicht verliert. Doch müssen Kat und Charlie währenddessen Zeit miteinander verbringen und je mehr sie diese andere Person aus einer scheinbar anderen Welt kennenlernen, umso mehr empfinden beide füreinander …


Kritik:
Ein wenig fühlt sich die Liebeskomödie Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick um den weiblichen Superstar, der einen ganz normalen Mann heiratet und sich dann in ihn verliebt, an wie ein Saisongetränk in einem Coffee-Shop. Mit Glitzer vollkommen überfrachtet und zuckersüß, ähnelt das kaum dem Produkt auf dem Werbeplakat. Aber selbst wenn es nur künstlich so schmeckt, wie der Titel vermuten lässt und man die wirklichen Zutaten lediglich erahnen kann, zumindest kurzfristig löscht es den Durst. Was dieser Vergleich sagen soll, Marry Me ist nur selten so gut, wie die Idee verheisst und gerade das letzte Drittel scheint sich nicht wirklich entscheiden zu können, was es will. Aber sieht man Kat Coiros Liebesfilm als anspruchslose, romantische Hochglanzunterhaltung, liefern die Verantwortlichen in größerem Umfang, als erwartet, was das Publikum bestellt hat.

Die Geschichte klingt simpel und wird in der Filmvorschau besser zusammengefasst, als im Film selbst. Katalina „Kat“ Valdez ist ein Superstar. Die Vollblutmusikerin hat einen schier überlebensgroßen Grad der Berühmtheit erreicht. Inzwischen ist sie zum vierten Mal verlobt, diesmal mit dem ebenso erfolgreichen Musiker Bastian. Für ihre Hochzeit haben sie gemeinsam ein Lied geschrieben, das Titel gebende „Marry Me“ und bei einem gemeinsamen Konzert wollen sie sich vor einem Millionenpublikum das Jawort geben. Bis Kat auf dem Weg auf die Bühne erfährt, dass Bastian sie betrogen hat. So steht sie in ihrem unbezahlbaren Kleid vor einem Live-Publikum und weiß nur, dass sie ihren Verlobten nicht heiraten will. Dann erblickt sie in der Menge den unbeholfen ein „Heirate mich“-Plakat tragenden Charlie und heiratet ihn an Ort und Stelle. Das klingt zu absurd, um wahr zu sein, doch ist Kat hier nicht auf der Suche nach der Wahrheit, sondern einer Möglichkeit, glücklich zu werden. Charlie ist Mathematiklehrer, geschieden, mit einer Tochter und kannte Kat vor dem Konzert gar nicht, zu dem ihn seine Kollegin Parker überredet hatte. Während Kats Manager in alledem einen PR-Albtraum sieht, versuchen Kat und Charlie, die Situation als Vereinbarung zu betrachten. Drei oder sechs Monate soll die Ehe dauern, Charlie mit Kat öffentlichkeitswirksam auftreten. Doch wie es – zumindest in solchen Geschichten – meistens ist, kommen früher oder später Gefühle ins Spiel.

Wer nun der Meinung ist, eine solche Story habe man schon unzählige Male gehört und sie klinge kitschig und absurd – das alles mag stimmen. Doch in dem Zug sollte man sich auch die Frage stellen, welche Art Film Marry Me überhaupt sein will. Dabei offenbart Filmemacherin Coiro zusammen mit ihren drei Drehbuchautorinnen und -autoren zwar zahlreiche verpasste Chancen, doch es gibt auch Aspekte, die ihr unerwartet gut gelingen. Zu unentschlossen scheint beispielsweise die grundsätzliche inhaltliche Ausrichtung der Liebeskomödie, die Charlie Kats Alltag kennenlernen lässt, in dem die erfolgreiche Entertainerin von Sponsoringverträgen und Social Media-Beiträgen gleichermaßen getrieben wird, wie von Terminen bei Talkshows oder Auftritten rund um den Globus. Dass sie selbst dabei nicht einmal weiß, wo in ihrem Haus die Trinkgläser stehen, geschweige denn einen Schlüssel für die Haustür hat, stört sie nicht. Die Präsenz einer ganzen Schar an Personal, das ihr hilft, bei den straff organisierten Terminen den Überblick zu behalten, ist ein Preis, den sie für ihren Erfolg bereit ist, zu zahlen. Charlie, der sich bislang weigerte, ein Smartphone zu kaufen und seine wenigen Termine allesamt im Kopf behält, erscheint ein solches Leben nicht erstrebenswert. Doch stellt Marry Me das Leben des Superstars, das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ins Internet gestreamt wird, die ständig von einem Kameramann begleitet wird und nicht einmal beim morgendlichen Yoga einen Moment der Ruhe genießen kann, lediglich vor, ohne aus der medialen Dauerpräsenz und dem Druck, der damit einhergeht, Schattenseiten zu destillieren. Auch werden diese Aspekte immer und immer wieder vorgestellt, anstatt sich mehr der Aufmerksamkeit zu widmen, die Charlie widerfährt, nachdem er und Kat geheiratet haben. Dies ist ein Aspekt, den das Drehbuch kurz aufgreift, um ihn dann vollkommen aus den Augen zu verlieren.

Dafür konzentriert sich die Erzählung weiter auf die langsamen Annäherungen zwischen Kat und Charlie, die von beiden gleichermaßen ausgehen. Auch hier gibt es bei den Dialogen oder dem generellen Verlauf der Beziehung, die sich entwickelt, nur damit Charlie irgendwann feststellt, dass sie doch aus unterschiedlichen Welten stammen und augenscheinlich nicht zusammenpassen, kaum Neues zu entdecken. Mitreißend oder übermäßig interessant ist dies somit nicht. Aber es ist von Jennifer Lopez und Owen Wilson auf eine geradezu unverkrampfte Art zum Leben erweckt, dass ihre gemeinsamen Szenen immer wieder für ein Lächeln sorgen und die Chemie, die sich zwischen dem Superstar und dem Mann von nebenan entwickelt, geradezu greifbar ist.

Zwar funktioniert Marry Me in den ersten zwei Dritteln besser, als im letzten, schon allein, weil das Drehbuch keine Idee zu haben scheint, wohin es die Story entwickeln soll, um sich dann für einen Tiefpunkt zu entscheiden, der mühelos hätte vermieden werden können, wenn sich die beiden Hauptfiguren einmal unterhalten hätten. Handwerklich ist das jedoch durchweg tadellos eingefangen, mit sichtlich Gespür für die sich entwickelnden Bande zwischen Kat und Charlie. Inwieweit die immer wieder eingeblendeten Social Media-Livestreams altern werden, sei in dem Fall dahingestellt und gerade in Anbetracht der vielen Songs von Jennifer Lopez hat es mitunter den Eindruck, als sei Marry Me nicht viel mehr, als ein überlanges Musikvideo, doch das ändert nichts daran, dass Filmemacherin Kat Coiro ihre Liebesgeschichte auf eben diese Weise umsetzt, wie man sich das Liebesleben der Reichen und Schönen von den Boulevardzeitschriften her vorstellen würde. Dass es sich auch hier angeboten hätte, alledem den „Beautyfilter“ zu nehmen und hinter die Fassade zu blicken, ist unbestritten. Doch eine solche Art Film soll dieser hier offenbar nicht sein.


Fazit:
Man kann Marry Me als ein Film der verpassten Chancen sehen, wenn Figuren wie Charlies Kollegin Parker, gespielt von der tollen Sarah Silverman, nur selten so lustig sind, wie sie sein könnten und deren Auftritte meist erzwungen wirken. Oder wenn Kats Manager viel zu nett erscheint und nicht ansatzweise mit allen niederen Mitteln um Kats Erfolg bemüht ist, dass aus ihm so etwas wie ein Bösewicht werden könnte. Auch Charlies Tochter bekommt nur sporadisch etwas zu tun und statt das Hochglanzleben der Stars zu entzaubern, scheint dies genau so zauberhaft zu sein, wie ihre kuratierten, meist gesponserten Beiträge in den Sozialen Medien suggerieren sollen. Auch kann man Kat Coiros Film vorwerfen, dass er zu lang ist, die Geschichte zu Beginn und im Mittelteil kaum in die Gänge kommt, wohingegen die geradezu unzählig vielen Songs oft künstlich platziert wirken und für die Geschichte kaum notwendig sind. Doch all diese Punkte gehen am Kern vorbei, denn für ein Publikum, das auf der Suche nach genau einer solchen Geschichte ist, etwas schnulzig, durchaus amüsant und stellenweise mit spürbar Charme umgesetzt, bringt Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick all dies mit und noch mehr. Die Besetzung wird von Jennifer Lopez und Owen Wilson nicht nur solide angeführt, sie verleihen ihr genügend Herz, dass man mit ihnen lächelt, und bei allem Merchandising, das die Verantwortlichen zeigen, scheint dies doch nie boshaft. Als sicher seichte, aber doch recht romantische Unterhaltung, ist das gelungener, als es auf den ersten Blick scheinen mag.