Die Gesandte des Papstes [2024]

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Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. August 2025
Genre: Drama / Biografie

Originaltitel: Cabrini
Laufzeit: 148 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Alejandro Monteverde
Musik: Gene Back
Besetzung: Cristiana Dell’Anna, David Morse, Romana Maggiora Vergano, Federico Ielapi, Virginia Bocelli, Rolando Villazón, Giancarlo Giannini, John Lithgow, Federico Castelluccio, Patch Darragh, Jeremy Bobb, Eugenia Forteza


Kurzinhalt:

Als die Ordensmutter Franziska Cabrini (Cristiana Dell’Anna) nach beinahe einem Dutzend schriftlicher Gesuche an den Vatikan endlich eine Einladung erhält, hofft sie, dass ihrem Antrag stattgegeben wird. Doch selbst Papst Leo XIII. (Giancarlo Giannini) lehnt ihre Bitte ab, in Asien Waisenhäuser aufzubauen. Dafür bietet er ihr an, ihre Mission in den Vereinigten Staaten von Amerika zu beginnen. Viele italienische Einwanderer haben sich an den Vatikan gewandt und berichten von erschütternden Lebensumständen. Cabrini reist mit einigen Nonnen in die Neue Welt und findet im New York des Jahres 1889 unvorstellbare Armut vor. Gegen den Widerstand des örtlichen Priesters will sie das geschlossene Waisenhaus wieder eröffnen, doch auch Erzbischof Corrigan (David Morse), der sich selbst von päpstlicher Weisung nicht die Macht nehmen lassen möchte, legt Cabrini Steine in den Weg. Von der Ablehnung der italienischen Immigranten durch Bürgermeister Gould (John Lithgow) und einen Großteil der Bevölkerung ganz zu schweigen. Doch Cabrini, die aus gutem Grund fürchtet, ihr Werk nicht vollendet zu sehen, lässt sich nicht entmutigen und findet Wege, nicht nur den im Untergrund lebenden Kindern in New York Hoffnung zu schenken …


Kritik:
Alejandro Monteverdes Historienbiografie über die vor beinahe 80 Jahren seliggesprochene Franziska Xaviera Cabrini setzt der inspirierenden Persönlichkeit ein durchaus sehenswertes Denkmal und erzählt gleichzeitig eine Geschichte über Einwanderer, die heute so aktuell ist wie eh und je, nicht nur bezogen auf die Vereinigten Staaten. Doch so gelungen Die Gesandte des Papstes in vielen Aspekten ist, es bleibt der Eindruck, als würde der Erzählung das gewisse Etwas fehlen, um das Publikum in das Flair zu hüllen, das die große Leinwand an sich verleiht.

Im Zentrum der auf einer wahren Geschichte beruhenden Erzählung steht die Ordensmutter, die dem Film den schlichten Originaltitel verleiht: Cabrini. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie Leiterin eines Kinderpensionats in der italienischen Stadt Codogno und gründete den päpstlich anerkannten Orden der „Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen“. Als sie 1889 eine Einladung in den Vatikan erhält, hofft sie, dass ihre beinahe zwei Dutzend Schreiben an den Heiligen Stuhl endlich von Erfolg gekrönt sind und sie ihre Mission nach Asien ausdehnen darf. Doch Papst Leo XIII. lehnt ihr Gesuch ab. Stattdessen entsendet er sie in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo italienischstämmige Einwanderer ausgegrenzt und für niedere Arbeiten herangezogen werden. Die wenigsten sprechen Englisch oder können lesen und schreiben. Was Franziska Cabrini und die übrigen Nonnen, die sie aus ihrem Orden begleiten, im New Yorker Viertel Five Points vorfinden, schockiert sie zutiefst. Kinder und Erwachsene hausen in der Kanalisation, Frauen müssen sich prostituieren und zu allem Überfluss wird die Einwanderergemeinschaft von Politik und Kirche sich selbst überlassen oder weiter ausgegrenzt.

Regisseur Monteverde beginnt seine Erzählung mit einem Jungen, der seine todkranke Mutter auf einem Wagen durch die Straßen schiebt und verzweifelt versucht, sie in einem Krankenhaus unterzubringen. Nicht nur, dass er die Sprache der Krankenschwestern und Ärzte nicht versteht, sie alle schicken ihn weg. Italiener sind nicht erwünscht. In einem Land, in dem nur eine oder zwei Generationen zuvor die meisten Menschen selbst eingewandert sind, schwappt den neuen Immigranten ein Fremdenhass entgegen, dass man sich abwenden möchte. Cabrini lässt sich auch von der Ablehnung des Erzbischofs vor Ort nicht beirren, der ihre Mission verweigern möchte, und beharrt darauf, das verfallene Waisenhaus im Armenviertel wieder aufzubauen. Immer wieder legen ihr der Erzbischof und der Bürgermeister Steine in den Weg, verzögern Cabrinis Vorankommen, die eine Vision vorantreibt. Sie möchte einen Verbund von Waisenhäusern bauen, der die ganze Welt umspannt.

Die Gesandte des Papstes stellt diese Frau vor, deren Pläne derart ambitioniert sind, dass man sich fragt, was sie antreibt. Der Papst sagt ihr bei einer Begegnung, dass es schwer zu sagen sei, wo ihr Glaube ende und ihr Ehrgeiz beginne. Es ist eine ebenso gelungene Beobachtung, wie die Darstellungen der Ausländerfeindlichkeit, wenn die New Yorker, die sich selbst aus der Armut emporgearbeitet haben, die Einwanderer als billige, ungelernte Arbeitskräfte missbrauchen, um ihnen dann aber nicht nur jede Hilfe bei einem Notfall, sondern auch eigene Aufstiegschancen zu verwehren. Doch wagt die Erzählung kaum den Blick über diesen Tellerrand, so dass selbst Nebenfiguren wie die junge Vittoria, die Cabrini aus der Prostitution befreit, oder Erzbischof Corrigan, den Cabrinis Überzeugungen und Ausdauer durchaus beeindrucken, kaum zur Geltung kommen oder sich merklich entwickeln dürfen. Der Cabrini und ihren Vorhaben wohlgesonnene Arzt Dr. Murphy scheint sie nachhaltig zu unterstützen, aber auch seine Rolle ist kleiner, als man sich wünschen würde.

Dafür widmet sich Die Gesandte des Papstes der Titel gebenden Ordensmutter, die aber ebenfalls erst ab dem Moment tatsächlich beleuchtet wird, wenn sie auf ihre Mission in die „Neue Welt“ entsandt wird. Über ihren Werdegang erfährt man kaum etwas, dass sie einen anerkannten Orden gegründet hat beispielsweise gar nicht. Dafür legt Regisseur Alejandro Monteverde merklich Wert darauf, den italienischen Einwanderern eine Stimme in seiner Erzählung zu geben. Ihre Träume zerschlagen sich in Amerika, wo sie statt Reichtum und Ruhm den Tod in elender Armut finden. „Sogar Ratten haben es besser“, schreibt der Journalist Theodore Calloway in der New York Times, nachdem Cabrini ihn das Leid der Immigranten hautnah erleben lässt. Das sind wichtige Botschaften, die einen heute immer noch betroffen haben. Doch bleibt das Gefühl, als wisse das Drehbuch nicht so recht, die unterschiedlichen Schwerpunkte auszutarieren.

Dabei gibt es an der handwerklichen Umsetzung kaum etwas zu bemängeln. Die Bilder sind allesamt toll ausgewählt und wirken in den einzelnen Perspektiven, oftmals mit Gegenlicht oder vor dem Hintergrund des Innern einer Kirche, ebenso komponiert wie die prägnanten Kamerafahrten, die mit einer unverkennbaren Expertise genau die richtigen Details und Bestandteile der Szenerie einfangen. Dafür verzeiht man auch, dass manche Trickeffekte deutlich zu erkennen, während andere kaum zu sehen sind. Doch auch hier hat man das Gefühl, als würde Die Gesandte des Papstes im Gegensatz zu anderen, thematisch ähnlichen Erzählungen, kaum eigene Wege gehen, eine eigene Handschrift entwickeln. Das macht das Gezeigte nicht weniger sehenswert, es unterstreicht nur, dass dies in keiner Hinsicht so herausragend ist, wie man es in Anbetracht der Thematik erwarten oder die zentrale Figur verdienen würde.


Fazit:
Noch bevor sie einen Fuß auf amerikanischen Boden setzt, ist Franziska Cabrini eine ebenso charismatische wie inspirierende Figur. In den Elendsvierteln der neuen Welt angekommen, gibt sie Kindern aus dem Untergrund nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern unterrichtet sie, um sie zu Amerikanern zu machen, die einen Zugang zur Gesellschaft finden können, aber sich doch ihrer Herkunft erinnern. Sieht man Cabrinis Kreativität, ihren unermüdlichen Mut, sich durch die zahlreichen Hürden, die ihr auf ihren Weg gelegt werden, nicht von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen, kann man kaum anders, als ihr Respekt zu zollen. Dies fängt Filmemacher Alejandro Monteverde ebenso greifbar ein, wie das Damoklesschwert, das beständig über ihr schwebt und nicht nur ihre Mission, sondern ihre Vision gefährdet. Die stellenweise weichgezeichnete Optik überdeckt, dass die Bilder allesamt toll ausgewählt sind, so dass man sich viele Augenblicke mühelos als Gemälde vorstellen kann. Doch die Kompositionen erscheinen ebenso tadellos, wie sie einen überraschenden Aspekt vermissen lassen, die die Präsentation hervorstehen lässt. Insbesondere von Cristiana Dell’Anna in der Titelrolle stark gespielt, setzt Die Gesandte des Papstes dem Vermächtnis dieser einflussreichen Frau ein sehenswertes Denkmal mit wichtigen Aussagen. Bedenkt man jedoch, wie viel hier ausgelassen wird und dass sich die Umsetzung ein wenig wie eine TV-Produktion anfühlt, möchte man fast meinen, eine Miniserie wäre der Person im Zentrum angemessener gewesen.
 

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