
Originaltitel: Thunderbolts*
Laufzeit: 127 min.
Produktionsland: USA / Australien / Kanada
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jake Schreier
Musik: Son Lux
Besetzung: Florence Pugh, Sebastian Stan, Wyatt Russell, David Harbour, Lewis Pullman, Hannah John-Kamen, Geraldine Viswanathan, Julia Louis-Dreyfus, Wendell Pierce, Olga Kurylenko, Chris Bauer, Gabrielle Byndloss
Kurzinhalt:
Für Yelena Belova (Florence Pugh) ist es in Malaysia nur ein weiterer Auftrag, als sie für CIA-Direktorin Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus) ein Labor mit allen Aufzeichnungen zerstört. Sie ahnt nicht, dass de Fontaine auf Grund einer Untersuchung alle Hinweise verschwinden lässt, die sie mit dem „Sentry“-Projekt in Verbindung bringen. Dafür greift sie nicht nur auf Yelena, sondern auch andere Außenseiteragenten zurück. Die stellen aber schließlich auch ein Sicherheitsproblem dar, weshalb de Fontaine sie alle in eine abgelegen Basis lockt und gegeneinander aufhetzt. Doch ihr Plan schlägt fehl und obwohl Yelena, der ehemalige Captain America John Walker (Wyatt Russell) und Ava „Ghost“ Starr (Hannah John-Kamen) auf dem Papier überhaupt nicht kompatibel sein sollten, können sie sich zusammen mit Bob (Lewis Pullman) aus der Falle befreien, die de Fontaine ihnen gestellt hat. Die setzt daraufhin alle Hebel in Bewegung, die vier auszuschalten, doch erhält die dysfunktionale Gruppe unerwartet Hilfe von Bucky Barnes (Sebastian Stan) und Yelenas Vater Red Guardian (David Harbour). Keiner von ihnen ahnt, dass de Fontaines’ Sentry-Projekt ein Erfolg war und sie auf eine Gefahr zusteuern, die mächtiger ist, als selbst alle Avengers zusammen …
Kritik:
Jake Schreiers Comic-Verfilmung Thunderbolts* ist ein derart viel versprechender Schlamassel, dass es am Ende umso bedauerlicher ist, wie wenig es der an sich einfallsreichen Superheldengeschichte gelingt, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wer zusätzlich zu den drei Dutzend Kinofilmen des Marvel Cinematic Universe (MCU) auch die zugehörigen Streaming-Serien gesehen hat, mag mit den Figuren eher warm werden, was man hier über sie erfährt, trägt aber kaum.
Als letzter Film der Phase 5 des MCU stellt Thunderbolts* (das Sternchen im Titel ist kein Zufall) eine Welt vor, aus der sich die Avengers zurückgezogen haben, auch wenn einzelne Superhelden immer noch aktiv sind. Da gegen CIA-Direktorin Valentina Allegra de Fontaine durch den Kongress ermittelt wird, löst sie alle unautorisierten Programme auf, die ihr gefährlich werden können, wobei sie auf Einsatzkräfte wie Yelena Belova zurückgreift. Die ehemalige Black Widow-Attentäterin lenkt sich seit dem Tod ihrer Schwester Natasha Romanoff durch die Arbeit ab, doch die Leere in ihrem Leben vermag das nicht zu füllen. Nachdem de Fontaine sie beauftragt, eine Agentin zu eliminieren, die in eine geheime Basis einbricht, steht sie unerwartet dem ehemaligen Captain America John Walker und Ghost Ava Starr gegenüber. Sie müssen erkennen, dass sie selbst zu den losen Enden gehören, die de Fontaine gerade am Abschneiden ist. Zusammen mit dem unter Amnesie leidenden Bob, der aus unerfindlichen Gründen in der Anlage aufgewacht ist, müssen sie einen Weg finden, zusammen zu arbeiten, wenn sie überleben wollen. Bald schon stehen Bucky Barnes alias Winter Soldier und Yelenas Vater Alexei Shostakov, bekannt als Red Guardian, an ihrer Seite. Aber de Fontaine lässt sich nicht davon abbringen, diese Antihelden zu beseitigen, um ihre reine Weste sicherzustellen. Und sie entfesselt damit eine Bedrohung, die größer und mächtiger ist, als sie alle sich vorstellen können.
Was am Ende von Thunderbolts* steht, wohin sich diese Truppe aus gescheiterten Antihelden entwickelt, verrät (bedauerlicherweise) bereits das Filmplakat. Das ist auch kein Kritikpunkt, zumal Filmemacher Schreier seinen Protagonisten einen Widersacher gegenüber stellt, der zwar erst spät auftritt, dafür aber einen der greifbarsten Hintergründe mit sich bringt. Im Grunde stellt die Geschichte die Frage, was geschehen würde, würde die unermessliche Macht eines Superhelden nicht einem gefestigten Charakter verliehen, sondern jemandem, der von einer Dunkelheit verschlungen wird, in die er alle um sich herum mit hineinziehen kann. Die comicartige Manifestation einer Depression wartet einerseits mit vielen gelungenen Sinnbildern auf und besitzt gleichzeitig eine geradezu erschreckende Tragik. Bis es soweit ist, dass sich die Erzählung diesen Themen aber überhaupt erst widmet, vergeht allerdings viel Zeit. Zeit, in der die Geschichte regelmäßig ein neues Ziel ausmacht, auf das die Titel gebenden Antihelden zusteuern.
Müssen sie zu Beginn aus der geheimen Anlage ausbrechen, erwartet sie wenig später ein Feuergefecht mit de Fontaines Truppen, das kaum zu sehen und viel zu schnell vorbei ist. Auch die nächste Actionsequenz, die prominent in der Filmvorschau angeteasert wird, dauert im Grunde nicht länger, als dort gezeigt wird, ehe es ein neues Ziel gibt, auf das hingearbeitet wird. Dass sich die gesamte Erzählung merklich zieht, liegt auch daran, dass keine einzige Sequenz wirklich mitzureißen vermag. Wie Gefechte zwischen normalen Soldaten und den übermenschlich starken Superhelden ausgehen, ist keine wirkliche Überraschung. Darüber täuscht auch nicht der Gastauftritt von Taskmaster hinweg, die nur kurz zu sehen ist. Dafür beschäftigt sich Thunderbolts* lange Zeit damit, Yelena eine neue Aufgabe zu geben. Doch vergessen die Verantwortlichen dabei, dass die Titel gebende Truppe aus mehr Figuren als nur ihr besteht. Über die erfährt man aber kaum etwas, am wenigsten über Ghost, die nach Ant-Man and the Wasp [2018] erstmals wieder zum MCU zurückkehrt. Mag sein, dass Barnes und Walker in entsprechenden Marvel-Serien weiter vorgestellt werden, doch das hilft letztlich ebenso wenig, sich mit den Figuren zu identifizieren, wie einen Kongressabgeordneten vorzustellen, dessen Auftritte letztlich nirgendwo hinführen, obwohl er zu Beginn für den Verlauf der Geschichte wichtig erscheint.
Das bedeutet nicht, dass Thunderbolts* Fans des Comic-Franchises nicht unterhalten könnte und wer darin bewandert ist, mag aus den vielen Verweisen und Anspielungen auch mehr mitnehmen. Nimmt man die Erzählung aber als das, was sie ist, bleibt am Ende nicht mehr als eine Überleitung auf den nächsten großen Avengers-Film, für den hier in einer Szene während des Abspanns und danach ein weiterer Grundstein gelegt wird. Sollte diese Gruppe Teil der Erzählung sein, weiß man nach der Geschichte beinahe so viel über sie wie zuvor. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, hätte man die zwei Stunden nicht gebraucht.
Fazit:
Es ist nicht, dass Filmemacher Jake Schreier nicht versuchen würde, neue Wege mit seinem Superhelden-Abenteuer zu gehen. Was die ernste und tragische Ausrichtung des letztlichen Schurken anbelangt, gelingt ihm dies auch. Doch er schafft es nicht, Protagonisten vorzustellen, denen man auf dem Weg dorthin auch folgen möchte. Der etwas bissigere Humor zu Beginn kann zwar gefallen, aber verliert sich dieser Aspekt, wenn sich die Story Superseren und Allmachtsfantasien zuwendet, von denen man bereits so oft gehört hat. Thunderbolts* gelingt es nicht, dem bald 20 Jahren Comic-Franchise wirklich neues Leben einzuhauchen und gleichzeitig eine packende Geschichte zu erzählen. Die, für die sich die Verantwortlichen entscheiden, sucht sich regelmäßig ein neues Ziel und wartet mit Charaktermomenten auf, bei denen aber nicht alle Figuren bedacht werden. So plätschert die Erzählung vor sich hin, durchaus kompetent umgesetzt und nicht schlecht gespielt. Aber aufregend oder mitreißend ist das zu keinem Moment, oder bleibt gar in Erinnerung. Dafür ist es langatmiger, als man sich wünschen würde.