Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt [2007]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 14. Juni 2007
Genre: Action / Komödie / Fantasy

Originaltitel: Pirates of the Caribbean: At World's End
Laufzeit: 168 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Gore Verbinski
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Johnny Depp, Geoffrey Rush, Orlando Bloom, Keira Knightley, Jack Davenport, Bill Nighy, Jonathan Pryce, Lee Arenberg, Mackenzie Crook, Kevin McNally, David Bailie, Stellan Skarsgård, Tom Hollander, Naomie Harris


Kurzinhalt:
Wohin auch immer Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) verbannt wurde, ohne fremde Hilfe wird er sich von dort aus nicht befreien können. Aus diesem Grund hat das Medium Tia Dalma (Naomie Harris) Hector Barbossa (Geoffrey Rush) von den Toten zurück gebracht. Er soll Will (Orlando Bloom) und Elizabeth (Keira Knightley) helfen, mit Hilfe einer Karte ans Ende der Welt zu segeln, um dort Zugang zu Jack zu bekommen.
Doch nicht nur die Rettung von Sparrow hat Priorität, inzwischen hat sich Lord Beckett (Tom Hollander) die Dienste von Davy Jones (Bill Nighy) zunutze gemacht, um die Piraten weltweit zu vernichten. Es steht ein Treffen der verschiedenen Anführer der Piraten an, um zu entscheiden, wie mit der Bedrohung umgegangen werden soll. Zahlenmäßig sind die Piraten ohnehin schon unterlegen, zusammen mit Davy Jones und seinem Schiff steht Becketts Plan außerdem nichts mehr im Wege.
Es sei denn es gelingt Barbossa, Jack zur Zusammenarbeit zu bewegen – doch Jones' Schiff zu zerstören kommt für Will nicht in Frage, ist sein Vater Bill (Stellan Skarsgård) doch immer noch als Teil der Crew darauf gefangen ...


Kritik:
Immer wieder verkünden Filmemacher nach einem erfolgreichen und finanziell lukrativen Projekt, dass man die Geschichte in einer Fortsetzung weiter erzählen möchte. Seit George Lucas Ende der 1990er Jahre seine neue Star Wars-Trilogie ankündigte, sprießen die dreiteiligen Sagen überall aus dem Boden. Auch bei Fluch der Karibik [2003] meinten die Macher nach Kinostart (und über 600 Millionen Gründen), dass die Reihe ursprünglich als Trilogie gedacht war, und machten sich daran, die Fortsetzungen gleich zusammen zu produzieren.
Dass aber bereits die Story von Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2 [2006] einen anderen Ansatz verfolgte, als in Teil eins behandelt, verstärkte noch den Eindruck, dass die Trilogie mehr oder weniger künstlich um zwei Teile erweitert wurde. Aufgebläht auf zweieinhalb Stunden wurde der Zuschauer erneut auf die hohe See geworfen, wilden Fantasy-Prophezeiungen und seltsamen Wesen folgend, beobachtete man nur stellenweise mitgerissen, was in technisch perfekter Brillanz auf der Leinwand zu sehen war. Umso mehr hoffte man also, dass man bei Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt dafür entschädigt würde. Doch leider potenzieren die Produzenten und Autoren hier sämtliche Aspekte des Vorgängers, weswegen nicht nur die Lauflänge erneut in die Höhe schießt. So ist der dritte Teil der Reihe nicht nur lauter, mit mehr Action und noch mehr Fantasy gefüllt, sondern auch noch länger, noch wirrer, unlogischer und letztlich noch weniger mitreißend.

Verantwortlich hierfür sind einmal mehr die Autoren des Drehbuchs, Ted Elliott und Terry Rossio, die seit ein paar Jahren bei vielen Sommerfilmen die Vorlagen liefern.
Doch scheint es hier, als hätten sie ihre Erzählwut schlicht nicht mehr im Griff gehabt, was nicht nur daran zu sehen ist, dass Teil zwei und drei der Piraten-Saga mit einer Laufzeit von sechs Stunden an sich schon drei Filme liefern. Zwar versuchen die Autoren das mit vielen neuen Figuren, einer scheinbar reichhaltigen Hintergrundgeschichte mit viel übernatürlichen Elementen und unzähligen Schauplätzen zu übertünchen, wirklich gelingen kann ihnen das aber schon aus dem Grunde nicht, weil man als Zuschauer nie die genauen Rahmenbedingungen ihres Fantasyuniversums genannt bekommt. Drehte sich in Fluch der Karibik noch alles um eine durch einen Fluch zu Untoten verdammte Schiffscrew, die im Mondschein als Skelette zu sehen sind, gab es im zweiten Teil Riesenkraken und einen Bösewicht, der als Fährmann für die Toten dienen soll, und dessen Aussehen mit dem einer Krake verschmolzen war. Nun gibt es in Am Ende der Welt in Menschengestalt gefangene Götter, die zu meterhohen Wesen emporsteigen, ehe sie freigelassen werden, eine Zwischenwelt, zwischen Leben und Tod, in die man aber mit einer Karte ohne Bezug zum realen Meer gelangen kann – und auch wieder aus ihr entkommt, wenn man einen Tag später, vor Sonnenuntergang das Rätsel der Karte entschlüsselt hat. Später wäre dies nicht mehr möglich. Nicht zuletzt werden verschiedenste Piratenparteien aus aller Herrenländer eingeladen, die sich aber dann doch nicht an einer gigantischen Schlacht beteiligen, und auch die weltlichen Bösewichte (die englische Marine unter Aufsucht des größenwahnsinnigen Lord Beckett) möchten ihren Teil zur Ausrottung der Piraten beitragen, ehe das Ganze in einem kataklysmischen Finale mündet, in dem die Gesetze der Physik nicht gelten.
Wem dies zu wirr und unstrukturiert erscheint, dem sei versichert, dass es ausgewalzt auf drei Stunden, mit Sprüngen in der Geschichte, fehlenden Erklärungen und so vielen Abmachungen zwischen den einzelnen Figuren, um jeweils ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, nicht klarer wird, sondern einen das Schicksal der Figuren früher oder später ebenso wenig interessiert, wie die Frage, weswegen ein tadelloser Piratenfilm mit zwei so aufgeplusterten Fortsetzungen rückwirkend unter ein schlechtes Licht gestellt werden musste.
Wie man bei der deutschen FSK außerdem auf die Idee kommen konnte, die Story trotz unzähliger Toter, Kampfszenen, Aufspießen, Monster und Hinrichtungen von Kindern ab 12 Jahren freizugeben, wird nur diejenigen wundern, die ihren Glauben an jene Institution nicht schon lange verloren haben.
So ehrbar es sein mag, einen Piratenfilm für ein jugendliches Publikum umzusetzen, so bezeichnend ist es doch gleichzeitig für die Oberflächlichkeit der Filmemacher. So gibt es im Skript unzählige Auseinandersetzungen, Schwerkämpfe, Schießereien, schließlich wird sogar ein sich nicht wehrendes Marineschiff von den Helden in Splitter geschossen, wobei zu sehen ist, wie alle dort anwesenden den Tod finden – ohne dabei aber nur einen Tropfen Blut zu zeigen. Gerade in Bezug auf die zu Beginn gezeigten Hinrichtungen weiß man nicht so recht, ob die Autoren nun einen ernsthaften Film erzählen wollen, oder aber wie später durchblitzt, eine Actionkomödie. So konfus die Story, so unausgeglichen ist die Umsetzung, dabei überlang und trotzdem selten überraschend. Dass viele Gags zünden liegt mehr an den Darstellern, als an den Sprüchen selbst, und wenn man die Szene nach dem Abspann gesehen hat, weiß man nicht so recht, ob man nicht besser daran getan hätte, die Fortsetzungen zu überspringen.

Auch die Darsteller wirken nicht mehr in dem Maße enthusiastisch, wie noch vor vier Jahren, auch wenn Johnny Depp (gleichwohl erst nach über einer halben Stunde im Film zu sehen) sein Jack Sparrow-Routineblick aufsetzt, und so die meisten seiner Dialoge meistert. Wenig Vergnügen scheint der Mime allerdings bei seinen Mehrfachrollen gehabt zu haben, hier spielt er merklich lustloser.
Dagegen ist Geoffrey Rush bis zum Finale hin durchgehend unterfordert, wirkt weit weniger charismatisch, als noch in Fluch der Karibik und blüht erst im letzten Drittel wirklich auf. Ähnlich ergeht es auch Orlando Bloom, dessen Figur hier über weite Teile zum Nebencharakter degradiert wird. Bedauerlich ist dies insofern, als dass er – wie im letzten Drittel ebenfalls zu sehen – schauspielerisch deutlich mehr zu leisten in der Lage wäre.
Nur einen Kurzauftritt (und dabei nicht wirklich rühmliche) feiern Jack Davenport als Norrington und Jonathan Pryce als Elizabeths Vater. Schade, dass ihre Figuren derart sträflich behandelt werden. Hätte man sich nach dem ersten Film darauf konzentriert, auch diese Figuren weiter zu entwickeln, anstatt sie durch neue Charaktere zu ersetzen, würde den Fortsetzungen auch nicht jenes Flair anhaften, dass der erste Teil keine große Rolle spielt.
Sowohl Stellan Skarsgård als auch Tom Hollander versuchen, ihren wenigen Szenen ein Mindestmaß an Überzeugungskraft zu verleihen. Gelingen kann ihnen das aber nur bedingt, zumal beide Figuren überaus blaß bleiben. Anders Bill Nighy, der als Davy Jones eine gute Figur macht, auch wenn seine Motivation nie wirklich geklärt wird. Dahingegen kommen die Erkenntnisse und Wandlungen zu Naomie Harris' Figur nicht nur zu plötzlich, sondern werden ebenfalls nicht abschließend erklärt.
Einzige Beteiligte, die sich hier im Gegensatz zu den vorigen Filmen steigern kann, ist Keira Knightley, deren Rolle nicht nur stärker in den Mittelpunkt gerückt wird, sondern die auch schauspielerisch mehr zeigen muss, als zuvor. Dass sie dem gewachsen ist, zeigt sie gern und hinterlässt mit Abstand den positivsten Eindruck.
So scheint die Besetzung zwar nicht unmotiviert, aber von wenigen Ausnahmen abgesehen, gibt es nur Routinekost zu sehen. Angesichts der Gehälter und des Budgets des Films hätte man aber mehr erwarten können.

Das genaue Gegenteil ist bei der handwerklichen Umsetzung durch Regisseur Gore Verbinski der Fall. Der versierte Filmemacher zeigt auch hier einmal mehr, welch ein hervorragendes Gespür er für Optik besitzt, und becirct den Zuschauer mit malerischen Aufnahmen, herrlichen Kameraeinstellungen und eindrucksvollen Bildern. Auch am Szenenaufbau selbst gibt es nichts zu bemängeln – die mangelnde Dramaturgie liegt eindeutig in der Story begründet, nicht in den gezeigten Szenen.
Tadellos inszeniert sind es insbesondere die unzähligen Spezialeffekte, die beeindrucken. Das liegt vor allem daran, dass man die meisten schlicht nicht erkennt. Von ein paar BlueScreen-Effekten abgesehen, sind es lediglich diejenigen Einstellungen mit mehreren Jack Sparrows, die enttäuschen. Das sowohl inhaltlich, wie an der Umsetzung. Die übrigen Tricks sind schlichtweg atemberaubend. Von den unterschiedlichen Schiffen, Häfen und Städten, bis zu dem Finale inmitten eines Sturms, gibt es keine Einstellung, bei der einem als Zuschauer nicht der Mund offen stehen bliebe.
Seien es nun die zahlreichen Bauten, oder aber die digitalen Tricks, der Produktionswert von Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt ist unbestritten Schwindel erregend hoch gewesen, und dies ist auch in jedem einzelnen Bild zu sehen.

Beim vorläufigen Abschluss der Reihe ist erneut Hans Zimmer für die musikalische Begleitung zuständig, gleichwohl er ein Komponistenteam bestehend aus einem halben Dutzend Musiker mit an Bord geholt hat. Herausgekommen ist einmal mehr ein sehr wuchtiger Score, der zwar zum Geschehen auf der Leinwand passt, aber kaum nennenswerte Merkmale bietet, die ihn von den Kompositionen der ersten beiden Filme unterscheiden würde.
Zimmer streut allerdings gekonnt bekannte Motive und Themen ein, ganz aufmerksame Zuschauer werden auch am Ende eine bekannte Rock-Melodie erkennen können. Insgesamt funktioniert der Soundtrack gut mit dem Film, hätte (wie so oft) orchestraler ausfallen können, scheint aber keine nennenswerten neuen Impulse zu geben.

Was am Ende bleibt, ist mehr oder weniger ernüchternd. Dass die finanzielle Rechnung aufgegangen ist, sieht man schon daran, wie erfolgreich der dritte Einstand in der Piratenwelt ausgefallen ist. Dass die Akteure nicht mehr in dem Maße begeistert scheinen, ist zweifelsfrei auf die Hintergrundgeschichte zurückzuführen, die auch beim mehrmaligen Überlegen nicht wirklich Sinn ergibt.
Um die Zuschauer genau hierüber hinweg zu trösten, ist ständig etwas fürs Auge und die Ohren geboten, aber abgesehen davon, dass es mehr ist, als im ersten Film, ist kaum etwas neues dabei.
Im Übrigen: Um das Flair der Trilogie bei Fluch der Karibik zu widerlegen, haben die Produzenten bereits Pläne für zwei weitere Teile angekündigt. Ob mit derselben Besetzung, oder neuen Figuren, ist allerdings noch offen.


Fazit:
Endlich kann man sich als Zuseher ein Bild davon machen, was die Produzenten vor drei Jahren im Sinn hatten – ob Pirates of the Caribbean tatsächlich als Dreiteiler gedacht war, sei dahingestellt, die beiden Fortsetzung scheinen allerdings vieles neu zu definieren, was damals noch nicht eingeführt wurde.
Doch nicht nur, dass man Teil zwei und drei mühelos zusammen schneiden und zu einem dreistündigen Film ausarbeiten hätte können, die Geschichte macht einfach keinen Sinn. Zugegebenermaßen ist dies meistens unterhaltsam, stellenweise langweilig und gerade beim Finale mit einer solchen Reizüberflutung versehen, dass man das Gefühl bekommt, das eigene Gehirn müsste mittendrin einmal neu starten, aber es hält einfach nicht jenen Erwartungen stand, die die Macher im Vorfeld schürten.
Schauspielerisch ordentlich bis durchschnittlich, enttäuscht das Drehbuch auf unverzeihliche Weise. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass Am Ende der Welt handwerklich hervorragend umgesetzt ist, und mit Bildern aufwartet, die alles bisher da gewesene in den Schatten stellen.