John Wick: Kapitel 2 [2017]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. Oktober 2017
Genre: Action

Originaltitel: John Wick: Chapter 2
Laufzeit: 123 min.
Produktionsland: USA / Hongkong
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Chad Stahelski
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Darsteller: Keanu Reeves, Riccardo Scamarcio, Ian McShane, Ruby Rose, Common, Claudia Gerini, Lance Reddick, Laurence Fishburne, Tobias Segal, John Leguizamo, Bridget Moynahan, David Patrick Kelly, Perry Yung, Franco Nero


Kurzinhalt:

Nachdem er seinen Rachefeldzug zu Ende geführt hat, ist Killer-Legende John Wick (Keanu Reeves) im Grunde bereit, seinen Ruhestand wieder anzutreten. Doch dann will der Mafiosi Santino D'Antonio (Riccardo Scamarcio) eine Schuldmünze einlösen und Wicks Talent für sich nutzen. Nur widerwillig geht John darauf ein. Als der Auftrag erledigt ist, hat er allerdings nicht nur Cassian (Common), den Beschützer von Johns Ziel, gegen sich. Vielmehr wurde ein millionenschweres Kopfgeld auf Wick ausgesetzt, so dass sich nun alle Killer der Unterwelt an seine Fersen heften …


Kritik:
Es hat anfangs durchaus den Anschein, als hätten die Verantwortlichen hinter John Wick: Kapitel 2 ihre Hausaufgaben gemacht und wären darum bemüht, die Fortsetzung in den Bereichen besser zu machen, in denen der erste Teil enttäuschte. Das beginnt bereits bei der Story, die mehr in die Hintergründe der Verbrecherwelt eintaucht und ihre Regeln vertieft. Aber auch die Stunts und Action können hier eher überzeugen und erscheinen zumindest nicht mehr so offensichtlich computerunterstützt. Sogar die höhere FSK-Einstufung ist nun dem Film angemessen. Doch all das nützt nichts ,wenn der zweite Teil der Reihe nach dem bekannten Schema abläuft und den goldenen Hollywood-Weisheiten für Fortsetzungen entsprechend lediglich von allem mehr, anstatt auch etwas Neues präsentiert.

Dass die Geschichte unmittelbar am Ende des ersten Teils ansetzt, in dem der ehemalige Auftragskiller John Wick ausgestiegen war, dann jedoch wieder einstieg, um den Tod seines Hundes zu rächen und seinen Wagen zurückzuholen, ist eine willkommene Überraschung. An sich endlich zur Ruhe gekommen, wird John von einem der führenden Gomorrha-Mafiosi, Santino D'Antonio, aufgesucht. Dieser hatte John einmal geholfen, woraufhin sich John mit einem Blutschwur einer Schuldmünze verpflichtet hatte – diese will Santino nun einlösen. Doch John lehnt ab. Als Santino daraufhin Johns Haus dem Erdboden gleichmacht, muss man sich doch fragen, was hat der legendäre John Wick, der sich in den Regeln der Unterwelt auskennt, denn anderes erwartet? Es ist eine Entscheidung der Story, hier einen Umweg zu nehmen, der den Film zwar länger macht, aber keinesfalls notwendigerweise.

So beugt sich John – nach Rücksprache mit Winston, einem der führenden Köpfe der Organisation – den Regeln der Zunft und soll für Santino einen Auftrag ausführen. Man könnte nun erwarten, dass sich der Rest von John Wick: Kapitel 2 damit beschäftigt, dass John versucht, diesen Auftrag zu erfüllen, um sich endlich freizukaufen. Doch Regisseur Chad Stahelski erzählt keinen Thriller. Ist das Ziel ausgeschaltet, wird Wick zum Freiwild erklärt und alle Auftragskiller, die im Verteiler der weltumspannenden Organisation vernetzt sind, machen Jagd auf ihn. So kommt es, dass der vermeintliche "Held" der Geschichte hier beinahe viermal so viele andere Killer ausschält, als noch im ersten Teil. Dabei waren es damals bereits nicht wenige.

Das könnte im Grunde spannend sein, wenn Wicks Begegnungen mit seinen Kontrahenten nicht immer nach dem gleichen Schema ablaufen würden: Wick sieht an irgendeinem Ort einen anderen Killer, es kommt zum Augenkontakt, dann wird die Waffe gezogen und geschossen. Danach läuft Wick weiter, sieht den nächsten Gegner, es kommt zum Augenkontakt, usw. Nur die wichtigen Bösewichte sind es offensichtlich wert, dass sich John mit ihnen im Nahkampf auseinandersetzt. Diese Momente sind durchaus packend umgesetzt, vor allem sein Faustkampf mit Cassian zählt zu den Highlights des Films, dank einer tollen Choreografie und einer ebenso übersichtlichen Inszenierung. Doch diese Momente sind in dem mehr als zwei Stunden dauernden Film überaus rar und was dazwischen geschieht, wiederholt sich sowohl inhaltlich als auch im Ablauf schier unendliche Male.

Dass John seinen Gegnern nicht nur stets überlegen, sondern beinahe unverwundbar ist, macht es nicht einfacher, sich in irgendeiner Form mitreißen zu lassen. Von Schürf- und Platzwunden abgesehen, machen Wick die ständigen Prügel offensichtlich nichts aus, Stichwunden in den Oberschenkel oder die Schulter werden mühelos abgeschüttelt und auch eine Schusswunde ist für ihn nicht hinderlich.
Wenn sich die Hauptfigur einem Videospiel gleich ständig neuen Wellen an bewaffneten, gleich gekleideten Gegnern gegenübersieht und ohnehin klar ist, wie die Konfrontation ausgeht, wieso sollte einen das Geschehen dann überhaupt interessieren? John Wick: Kapitel 2 ist handwerklich gut in Szene gesetzt und wartet mit bekannten Darstellern in Rollen auf, die ihnen bis auf die physischen Aspekte schauspielerisch nichts abverlangen. Dass John Wick ständig als "legendär" und "unbesiegbar" bezeichnet wird, lässt die Figur nicht an Tiefe gewinnen, zumal sich die noch skrupelloseren Schurken hier allesamt zu dämlich anzustellen scheinen.

Fans sinnloser und zelebrierter, buchstäblich hundertfach wiederholter Gewalt werden hier auf ihre Kosten kommen. Aber die Figur bleibt so fade wie die Erzählung unspannend, wenn dem Protagonisten ohnehin nichts geschehen kann. Erst in der letzten Minute sieht es tatsächlich so aus, als würde John Wick Angst bekommen angesichts dessen, was er sich gegenübersieht. Nur dann ist es zum Mitfiebern bereits viel zu spät.


Fazit:
John Wick ist ein Held, wie er sonst nur in Videospielen vorkommt: Unbesiegbar, regeneriert sich seine Gesundheit mit jedem Moment, in dem er keine Kugel einstecken muss – die prallen dank seines speziellen Anzugs an ihm ab (dass er den Aufprall der Kugeln dennoch spüren müsste und die Materialen nur einen Treffer abhalten können, da danach ihre Oberflächenspannung abfällt und folgende Einschüsse das Material durchdringen würden, wäre wohl zu realistisch). Doch als Protagonist, dem nichts und niemand etwas anhaben kann und der weniger Emotionen als der "Terminator" zeigt, hat er es auch schwer, dass man sich für sein Schicksal wirklich interessiert. John Wick: Kapitel 2 ist solide gefilmt und in den Szenen selbst überaus temporeich inszeniert. Die Faustkämpfe sind sogar packend umgesetzt, dafür aber zu selten. Stattdessen wiederholen sich die Einstellungen, in denen John Wick seine schier unerschöpfliche Anzahl an Gegner mit zwei bis drei Schüssen erledigt, so ermüdend oft, dass man sich fragt, wie lange es denn noch dauern wird.
Der Titel Kapitel 2 lässt erahnen, dass dem noch weitere Einträge hinzugefügt werden sollen. Vielleicht steht dann zur Abwechslung ja etwas Neues drin.