Blood [2012]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 19. Januar 2015
Genre: Drama / Krimi

Originaltitel: Blood
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 1998
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Nick Murphy
Musik: Daniel Pemberton
Darsteller: Paul Bettany, Stephen Graham, Mark Strong, Brian Cox, Ben Crompton, Zoë Tapper, Natasha Little, Naomi Battrick, Adrian Edmondson, Sandra Voe


Kurzinhalt:

In einer Küstenstadt in England wird ein ermordetes Mädchen gefunden. Die Polizisten Joe (Paul Bettany) und Chrissie Fairburn (Stephen Graham) haben schnell den aktenkundig gewordenen Jason Buleigh (Ben Crompton) ausgemacht, der nur zugibt, das Mädchen beobachtet zu haben, aber behauptet, er habe sie nicht angerührt. Nachdem sein Vater Lenny Fairburn (Brian Cox) Joe vorwirft, er würde den Job zu weich angehen und zu seiner Zeit hätte man die Verdächtigen mit allen Mitteln zum Reden gebracht, lauert Joe mit Chrissie Jason auf.
Sie pressen aus ihm ein Geständnis heraus, woraufhin Joe Jason tötet. Zusammen mit seinem Bruder verscharrt er den Verdächtigen. Doch kurz darauf wird der Polizist Robert Seymour (Mark Strong) misstrauisch und auch Joe hat zunehmend mit seinem Gewissen zu kämpfen. Chrissie hingegen ist seit der Tat ein reines Nervenbündel ...


Kritik:
Von der allerersten Einstellung an sieht man, wie es bei Blood, den Figuren, der Landschaft allein schon brodelt. Das Krimidrama macht daraus eine Tugend und präsentiert Charaktere, die was sie tun nicht tun wollen, es aber tun müssen. Sei es, um anderen etwas zu beweisen, oder sich selbst. Nur wenn es soweit ist, dass was so lange angestaut wurde überkocht, scheint das Ergebnis dem nicht angemessen.

Regisseur Nick Murphy erzählt von der Familie Fairburn, die in zweiter Generation Polizist ist. Die Brüder Joe und Chrissie stehen im Schatten ihres alten Herrn Lenny, der inzwischen in Ruhestand und dement ist. Auch wenn er seinerzeit mehr gefürchtet als respektiert war, ihn umgibt eine autoritäre Aura, die Joe nie zu erzeugen vermag.
Zusammen mit ihrem Kollegen Robert Seymour sehen sich die Brüder der Leiche eines Mädchens gegenüber, das Joe zu sehr an seine eigene Tochter erinnert, als dass er diesen Fall wie jeden anderen behandeln könnte. Auch deutet Blood an, dass Joe einen ähnlichen Fall um eine ermordete junge Frau vermasselt hat, doch außer ominösen Hinweisen bietet der Film hier keinen konkreten Einblick.

Auch entscheidet sich Regisseur Murphy nicht, ob Joe, Chrissie und Robert in der Rangfolge alle auf einer Stufe stehen. Wer wem vorgesetzt oder unterstellt ist, muss man sich selbst ausmalen.
Bei ihren Nachforschungen stoßen die Brüder auf den verurteilten Exhibitionisten Jason Buleigh, der zugibt, das Opfer beobachtet zu haben, den Mord aber abstreitet. Nachdem ihm sein Vater einmal mehr Versagen vorgeworfen und er reichlich Alkohol getrunken hat, presst Joe aus Buleigh unter Folter ein Geständnis heraus und erschlägt ihn daraufhin. Chrissie ist als Helfer mit anwesend. Was für andere Krimis die ganze Handlung beschreibt, ist für Blood nur die Vorbereitung des eigentlichen Geschehens.

Von Schuldgefühlen zusehends zerfressen, kapselt sich Joe immer mehr von seinen Kollegen und seiner Familie ab. Chrissie ist dem Druck ohnehin nicht gewachsen und Robert ahnt, dass etwas vorgefallen sein muss. Nicht nur, dass Buleigh von seiner Mutter als vermisst gemeldet wird, das Verhalten der Fairburn-Brüder alarmiert ihn überdies noch.
So kantig und rau die Figuren in Blood sind, Regisseur Nick Murphy findet Bilder in der englischen Landschaft, die dem in nichts nachstehen. Sei es die kleine, bei Flut abgeschnittene Insel, auf der Joe und Chrissie Buleigh vergraben haben, die ausgewaschene Farbpalette insgesamt oder die stets windgepeitschte Küstenregion, in der sich die Wolken immer schnell bewegen. Es ist, als würde in dem beschaulichen Ort nichts still stehen und jeder jedem misstrauen.

Hinzu kommen das Polizeifahrzeug, das aus den 1980er-Jahren zu stammen scheint und das Hauptquartier der Ermittler, das an eine umfunktionierte Kirche erinnert. All das verleiht der Geschichte eine unerwartete Zeitlosigkeit. Stilistisch ist Blood überaus gelungen und weiß dank der überlegten Optik mehr aus der Geschichte zu machen, als das Skript selbst. Die Figuren sind nur grob umrissen und wachsen nie über die üblichen Klischees hinaus. Auch der streng gläubige Tatverdächtige darf hier nicht fehlen oder die Tatsache, dass Joe Buleighs besorgte Mutter anruft, aber keinen Ton von sich gibt. Um zu unterstreichen, was in Joe vor sich geht, wird dieser nach dem Mord von Visionen geplagt, in denen er Jason Buleigh sieht und kurze, tonlose Rückblicke an entscheidenden Stellen sollen dafür sorgen, dass alle Zuschauer wissen, was in ihm vorgeht.

Angesichts des Potentials, der Ausstattung und der Bilder sind diese Tricks nicht nur nicht notwendig, sie stören geradezu. Ebenso bedauerlicherweise die deutsche Synchronisation. So talentiert Detlef Bierstedt zweifellos ist und so unverwechselbar als Synchronsprecher von George Clooney, so unpassend klingt er als Stimme von Paul Bettany. Gleich steht es um Ingo Albrecht als Stimme von Mark Strong aus. Uli Krohm rundet das Trio als Stimme von Brian Cox ab – Roland Hemmo klingt für ihn schlicht passender. Alle drei zählen zu den routiniertesten und besten Sprechern, welche die deutschen Synchronstudios aktuell vorweisen können. Schade, dass sie für Darsteller ausgesucht wurden, bei denen Gesicht und Stimme nicht zusammenpasst.


Fazit:
Joes Zitat, das den Film einrahmt, unterstreicht nochmals, dass Filmemacher Nick Murphy herausarbeiten möchte, wie schwierig es ist, im Angesicht von Verbrechen eine moralische Integrität zu bewahren. Beide Brüder könnten unterschiedlicher kaum sein und doch verbirgt sich auch tief in Joe ein guter Kern. Einer, der verschüttet wurde angesichts des Abgrundes, in den er beruflich jeden Tag blickt.
Doch anstatt das Publikum diese Erkenntnisse für sich gewinnen zu lassen, werden sie durch einen aufgesetzt erscheinenden Schluss ausgebreitet, damit niemand sie übersehen kann. Dafür ist Blood eindringlich gespielt und mit malerisch düsteren und bisweilen tristen Bildern auf eine Art und Weise inszeniert, dass die permanente Anspannung der Figuren spürbar wird. Leider hält dem hält der Film inhaltlich nicht Stand.