Young Adult [2011]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 5. März 2018
Genre: Komödie / DramaOriginaltitel: Young Adult
Laufzeit: 94 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jason Reitman
Musik: Rolfe Kent
Darsteller: Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, Elizabeth Reaser, Collette Wolfe, Jill Eikenberry, Richard Bekins, Mary Beth Hurt, Kate Nowlin
Kurzinhalt:
Für viele, die Mavis Gary (Charlize Theron) von früher kennen, jedoch in der Kleinstadt Mercury geblieben sind, hat sie es wirklich „geschafft“. Sie ist in eine Großstadt gegangen und eine erfolgreiche Schriftstellerin geworden; sie ist jemand und hat etwas erreicht. Doch tatsächlich verläuft ihre Karriere nicht so gut, wie es den Anschein hat und nach dem Scheitern ihrer Ehe übersteht sie den Alltag nicht mehr ohne reichlich Alkohol. Als sie eine Nachricht erhält, dass ihre einstige Jugendliebe Buddy (Patrick Wilson) mit Beth (Elizabeth Reaser) nicht nur glücklich verheiratet ist, sondern sie ihr erstes gemeinsames Kind bekommen haben, beschließt Mavis, Buddy zurückzuerobern. In ihrer Heimat angekommen, ist alles beim Alten geblieben und während sie sich anschickt, ihren Plan in die Tat umzusetzen, hat Matt Freehauf (Patton Oswalt), der ebenfalls mit ihr zur Schule gegangen ist, sie längst durchschaut. Matt und Mavis sind sich ähnlicher, als Mavis sich eingesteht, vor allem sieht sie nicht, dass sie selbst mehr der Vergangenheit nachhängt als die Menschen um sie herum …
Kritik:
Abseits seiner fantastischen Hauptdarstellerin sowie einiger feiner Details betreffend ihre Charakterisierung, ist Jason Reitmans Young Adult eine überraschend und enttäuschend oberflächliche Tragikomödie. Dies bezieht sich gleichermaßen auf den Drama-Aspekt, der von Drehbuchautorin Diablo Cody bedeutsamer angedeutet wird, als er eigentlich ist, aber auch auf den Humor, der nur selten so bissig ausfällt, wie er für die Figuren im Grunde passend wäre.
Dabei scheinen sich die Macher der Dramedy ihrer Sache überaus sicher. So sehr, dass sie die Aussage bereits im Filmtitel ankündigen. Der bezieht sich auf den beruflichen Hintergrund von Hauptfigur Mavis Gary, die als Jugendbuchautorin (sogenannte „young adult“-Romane) ihren Lebensunterhalt verdient, aber selbst nie aus dem Teenageralter herausgewachsen ist.
Sieht man die im Grunde überaus attraktive Mavis zu Beginn, scheint sie kaum tiefer sinken zu können: Tagsüber vegetiert sie in ihrem Apartment vor sich hin, sieht belanglose Fernsehsendungen und konsumiert Junk Food, während sie abends loszieht, um jemanden zu finden, der mit ihr die Nacht verbringt. Ihre „Inspirationen“ für die einst erfolgreiche Romanreihe, die sie nicht erfunden hat, sondern nur weiterführt, zieht sie aus alltäglichen Situationen ihrer Zielleserschaft, deren Ausdrucksweise sie blank kopiert. Sitzt sie mit einer Freundin zusammen und sinniert darüber, dass sie ein viel besseres Leben führen, im Vergleich zu denen, die in ihrem Heimatort geblieben sind, dann könnte das zynisch klingen – nur meinen sie es ernst.
Dass Mavis mit ihrem Leben nach einer gescheiterten Ehe und mit einer auf dem absteigenden Ast befindlichen Karriere nicht zufrieden ist, wird ihr erst deutlich, als sie eine Nachricht von ihrer Jugendliebe Buddy Slade erhält, der bekanntgibt, dass er Vater geworden ist. Daraufhin erwacht in ihr der fixe Gedanke, in ihren Heimatort Mercury zurückzukehren und Buddy zurück zu gewinnen. Ob sie wirklich davon überzeugt ist, dass sie für einander bestimmt sind, oder sie es ihm schlicht nicht gönnt, ohne sie glücklich zu sein, muss man dabei für sich entscheiden.
Man kann es auch anders sagen: Young Adult ist ein Film, in dem die unglückliche Hauptfigur loszieht, ihr eigenes Glück zu sichern, wobei es sie nicht kümmert, dass sie damit andere Menschen unglücklich macht.
Es erübrigt sich zu sagen, dass Mavis keine sympathische Figur ist. Dass sich Filmemacher Reitman diesen Charakteren zu nähern vermag, hat er nicht zuletzt mit Up in the Air [2009] eindrucksvoll bewiesen. Doch steht bei Young Adult die Entwicklung von Mavis gefühlt nicht im Vordergrund, sondern lediglich das Porträt ihres Ist-Zustands. Weswegen sie so fixiert auf Buddys Nachricht über das Baby ist, wird am Ende klar und erklärt auch, weshalb ihre Beziehung wohl in die Brüche gegangen ist (etwas, das nie angesprochen wird). Auch machen viele Details wie allein die Farbgebung von Mavis‘ beiden Autos, oder ihre Besessenheit auf einen Song aus Jugendtagen deutlich, dass sie zwar den größtmöglichen räumlichen Abstand zu ihrer Heimat geschaffen hat, indem sie in einer Großstadt eine Karriere begann, aber schlicht nicht loslassen kann. Allerdings werden viele andere Aspekte gar nicht beleuchtet, wie weshalb ihre Ehe gescheitert ist (denn mit Buddy war sie nicht verheiratet). Andere Figuren wie der von Patton Oswalt toll und vielschichtig gespielte Matt halten Mavis zwar einen Spiegel vor, werden am Ende aber in der Luft hängen gelassen.
Charlize Theron zeigt eine intensive und facettenreiche Darbietung. Zu sehen, wie sich Mavis – abgesehen von ihren regelmäßigen Abstürzen und dem ständigen Alkoholkonsum, ohne den sie ihre eigene Existenz wohl nicht ertragen kann – Buddy immer offensichtlicher anbiedert, sie immer verzweifelter erscheint, ist gut getroffen. Dass dies den anderen auffallen soll, sie aber bis zur letztendlichen und lang absehbaren Konfrontation nichts sagen, wirkt dagegen wie vom Skript aus dramaturgischen Gründen erzwungen. Sieht man sich das Ende allerdings an, dann dauert was zuvor geschieht merklich zu lange, ohne dass sich irgendeine Entwicklung abzeichnen würde.
Ja, Mavis Gary ist keine sympathische Person. So viel steht bereits nach wenigen Minuten fest. Dadurch, dass es mehr als eine Stunde dauert, ehe sie das selbst erkennt, ist der Erzählfluss in Young Adult viel zu schleppend.
Fazit:
Daran, dass Regisseur Jason Reitman seine Darstellerinnen und Darsteller zu führen weiß, besteht kein Zweifel. Charlize Theron spielt großartig und die übrige Besetzung steht dem in nichts nach. Auch ist es eine gute und mutige Entscheidung, viele Facetten der Figur und wodurch sie ausgedrückt werden, nicht anzusprechen, sondern ihr Verhalten unkommentiert zu belassen. Es ist auch nicht, dass Young Adult hinter den Erwartungen zurückbleibt, weil die Protagonistin grundunsympathisch ist. Es liegt vielmehr daran, dass die Dramedy keine Perspektive für seine Figur(en) bietet. Das mag angesichts des ausschließlich Ich-bezogenen Charakters der zentralen Person, die nicht erkennt, dass sie ihre Probleme überall hin mitnehmen wird, weil sie sie in sich trägt, durchaus realistisch sein, aber es ist am Ende auch merklich unbefriedigend. Vor allem schleppt sich der Film über weite Strecken zu dieser Erkenntnis, wiederholt was man über Mavis bereits erschlossen hat immer wieder und beleuchtet die Nebenfiguren so gut wie gar nicht. Das Drehbuch ist diesbezüglich so oberflächlich wie die Protagonistin. Schade.