Twister [1996]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 14. Juli 2016
Genre: Unterhaltung / ActionOriginaltitel: Twister
Laufzeit: 113 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1996
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Jan de Bont
Musik: Mark Mancina
Darsteller: Helen Hunt, Bill Paxton, Jami Gertz, Philip Seymour Hoffman, Lois Smith, Alan Ruck, Cary Elwes, Sean Whalen, Scott Thomson, Todd Field, Joey Slotnick, Wendle Josepher, Jeremy Davies, Zach Grenier
Kurzinhalt:
Als junges Mädchen musste Jo Harding (Helen Hunt) mitansehen, welch zerstörerische Gewalt ein Tornado entfesseln kann. Sie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, diese Wetterphänomene genauer vorhersagen zu können. Ebenso wie ihr Mann Bill (Bill Paxton), von dem sie inzwischen getrennt lebt. Als dieser mit der neuen Frau an seiner Seite, Melissa (Jami Gertz), Jo und ihr Team von Tornado-Jägern besucht, damit Jo die Scheidungspapiere unterzeichnet, gibt der Wetterdienst eine Warnung vor drohenden Tornados heraus. Widerwillig folgt Bill seinem ehemaligen Team auf dem Weg zum nächsten 'Twister', nicht ahnend, welche Naturgewalten auf sie warten ...
Kritik:
Es passiert nicht alle Tage, dass eine Altersfreigabe mit der "heftigen Darstellung von sehr schlechtem Wetter" begründet wird. Nicht einmal in den USA. Dabei machen genau diese Darstellungen den Reiz von Twister aus, wenn es einem gelingt, auszublenden, dass die gezeigten Verwüstungen dort auch Menschen treffen. Dass dem Film oft vorgeworfen wird, er wäre nicht viel mehr, als die heiße Luft, von der er erzählt, mag inhaltlich stimmen – nur sah die nie zuvor so gut aus und hat nie so Spaß gemacht.
Dass dabei der preisgekrönte Autor und Filmemacher Michael Crichton für das Drehbuch mit verantwortlich zeichnet, mag man nur schwer glauben. Die Geschichte ist so simpel, dass es nicht wundert, dass selbst Regisseur Jan de Bont zeitweise das Interesse daran zu verlieren scheint. Immerhin verschwinden die deutlich gekennzeichneten Bösewichte im Mittelteil komplett, um beim Finale nur nochmal kurz in Erscheinung zu treten.
Im Zentrum der Story steht der einst draufgängerische Bill, der seine früheren Arbeitskollegen einer Tornadojägergruppe besucht, damit seine noch Ehefrau Jo die Scheidungspapiere unterzeichnet und Bill mit Melissa glücklich werden kann. Die begleitet ihn und ist – ganz offensichtlich – die einzige Figur, die eine natürliche Reaktion zeigt, wenn sie einem Tornado zu nahe kommt.
Noch bevor Jo die Papiere unterzeichnet, bricht die Gruppe zum nächsten Tornado auf, Bill und Melissa im Schlepptau. Im Lauf des folgenden Tages treffen sie auf immer größere und zerstörerische Twister und wem all das noch nicht ausreicht, der sollte bedenken, dass es ziemlich viele Aufnahmen von Tornados zu sehen gibt!
Inhaltlich, das ist an dieser Stelle vollkommen unbestritten, ist Twister eher ein laues Lüftchen. Um es noch schlimmer zu machen, wartet die Vorlage mit einigen so abstrusen und klischeehaften Ideen auf, dass man sich fragen müsste, ob die Macher das wirklich ernst meinen. Sei es, dass während Jos Team kein Geld hat und die Ausrüstung zusammengekratzt erscheint, im konkurrierenden Jonas ein Gegner gefunden wird, der in schwarzen, funkelnden Autos ebenfalls Tornados nachjagt. Jonas ist dabei hoch technisiert ausgerüstet, Jo der Underdog. Dass Jonas außerdem die Idee von Bills Wettersonde kopiert hat, sein Design jedoch würfelförmig ist, Bills dabei rund, sollte dem letzten Zuseher klarmachen, wer hier auf welcher Seite steht. Auch dass die Teams in der kurzen Zeit eine Handvoll Tornados beobachten, die der Dramaturgie entsprechend immer stärker werden, ist ein sehr großer Zufall. Von Dialogen à la "Wie war es?" – "Ziemlich windig." ganz abgesehen.
Trotzdem gelingt es Regisseur Jan de Bont (Speed [1994]), all das mit seinen Tornados zur Seite zu fegen, weil sich Twister zum einen nicht ernst nimmt und andererseits die Besetzung einen so einnehmenden Charme besitzt, dass man ihnen gern zusieht.
In der Rolle der nach einem traumatischen Erlebnis von den Wetterphänomenen geradezu besessenen Jo zeigt Helen Hunt eine Frau, die trotz ihrer offensichtlichen Stärke, ihres unbändigen Willens und ihrer Dickköpfigkeit eine verletzliche Seite besitzt. Sie harmoniert gelungen mit Bill Paxton, dessen Filmfigur zunehmend temperamentvoller wird. Ihre gemeinsamen Szenen sprühen vor Energie und ihre Wortgefechte sind toll anzuhören.
Alle anderen bekannten Darsteller wie Philip Seymour Hoffman oder Alan Ruck haben dabei schon deshalb das Nachsehen, weil die einzig weitere Hauptfigur das Wetter selbst ist.
Auch wenn nicht alle Trickeffekte gut gealtert sind und diejenigen, die Twister damals im Kino gesehen haben mit einer gewissen Nostalgie daran denken werden, wie atemberaubend die Wirbel auf der Leinwand gewirkt haben, der Film sieht immer noch toll aus. Insbesondere die praktischen Effekte sind eine Wucht und sieht man die Zerstörung, die ein solcher Tornado anrichtet, wird es einem als Zuseher heute noch warm im Heimkino. Das liegt auch an der grandiosen Klangkulisse, bei der man den Twister zwar absurd grunzen und grollen hören kann, die aber unvergleichlich zum Flair der Szenen beiträgt. Filmemacher Jan de Bont setzt sein Publikum in die erste Reihe bei einem Naturspektakel, das man so noch nicht erlebt hat. Das mag inhaltlich hanebüchener Unsinn sein, aber so unterhaltsam und packend, dass das schnell vergessen ist.
Fazit:
Selbst die Musik von Mark Mancina besitzt eine Leichtfüßigkeit, dass man mitwippen möchte. Es ist ein Gefühl, das sich den ganzen Film über hält, vor allem, da die Bedrohung nie zu nahegeht, um dauerhaft den Spaß am Zuschauen zu nehmen. Die hervorragend aufgelegte Besetzung harmoniert spürbar und lässt vergessen, dass Jan de Bonts Sturmjäger-Abenteuer inhaltlich eher Flaute bietet.
Dafür ist die Präsentation umso gelungener mit nie da gewesenen Bildern und einer Klangkulisse, die heute noch das Fürchten lehrt. Wer genau das erwartet, einen Sommerfilm, der sich nie zu ernst nimmt und sich seiner Absurdität bewusst ist, wer sich dabei hervorragend unterhalten lassen kann, der ist bei Twister genau richtig. Auch nach 20 Jahren noch.