The Ice Road [2021]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. August 2023
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: The Ice Road
Laufzeit: 109 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jonathan Hensleigh
Musik: Max Aruj
Besetzung: Liam Neeson, Amber Midthunder, Benjamin Walker, Marcus Thomas, Laurence Fishburne, Holt McCallany, Martin Sensmeier, Matt McCoy, Matt Salinger


Kurzinhalt:

Mike McCann (Liam Neeson) ist ein erfahrener Truckfahrer. Sein Bruder Gurty (Marcus Thomas), um den sich Mike kümmert und der auf Grund einer Kriegsverletzung an einer posttraumatischen sowie Sprachstörung leidet, einer der besten Mechaniker. Da sie beide erst ihre Jobs verloren haben, geht Mike auf ein Jobangebot des Truckers Jim Goldenrod (Laurence Fishburne) im kanadischen Winnipeg ein. Er soll für die Minenbetreiberfirma Katka drei Bohrköpfe auf kürzestem Weg zu einer Mine bringen, in der nach einer Explosion 26 Bergleute eingeschlossen sind. Die Luft reicht nur für 30 Stunden, eine Rettungsmission kann ohne wenigstens einen der Bohrköpfe nicht starten. Auf Grund des Zeitdrucks soll die Route über die im April an sich bereits geschlossene „Ice Road“ führen. Das schwindende Eis der zugefrorenen Gewässer macht die Fahrt umso gefährlicher und unberechenbarer. Auch die Fahrerin Tantoo (Amber Midthunder) ist Teil des Konvois, ist ihr Bruder doch in der Mine eingeschlossen. Ebenso an Bord ist Katka-Mitarbeiter Tom Varnay (Benjamin Walker). Doch nach einem gelungenen Start bleibt ein Truck liegen, der offenbar manipuliert wurde. Es scheint, als wollte jemand nicht, dass die Rettungsmission gelingt – und wie das Eis dünn, wird die Zeit knapp …


Kritik:
Jonathan Hensleighs erste Regiearbeit nach einer zehnjährigen Pause, The Ice Road, beginnt als durchaus solide Unterhaltung versprechender Thriller. Doch bereits nach dem ersten Drittel werden die vielen Defizite inhaltlicher wie handwerklicher Art mehr als sichtbar, ehe das Finale in beiden Belangen einen weiteren Abstieg präsentiert. Das ärgerliche daran ist, dass mit mehr kreativem Geschick hinter der Kamera und einem etwas größeren Budget ein durchaus stimmiger Genrefilm möglich wäre.

Bei einer Methanexplosion in einer Mine der kanadischen Provinz Manitoba werden 26 Minenarbeiter verschüttet. Da sich immer noch Gas im Bergwerk befindet, können die Bergleute nicht freigesprengt werden, ehe das Methan durch eine Bohrung abgelassen wurde. Die Zeit ist knapp und so schlägt Trucker Jim Goldenrod ein, eine Rettungsmission anzuführen, die drei tonnenschwere Bohrköpfe aus Winnipeg zu der Mine fahren soll. Die Route führt die so genannte „Ice Road“ entlang über zugefrorene Seen. Doch im April ist das Eis weniger als einen Meter dick, die Ice Road im Grunde gesperrt. Das Unterfangen gilt als Himmelfahrtskommando, für das sich Truckfahrer Mike McCann und sein seit einer Kriegsverletzung an Sprachstörungen leidender Bruder Gurty ebenso melden wie Tantoo, deren Bruder in der Mine eingeschlossen ist. Außerdem dabei ist der für Risikoeinschätzung zuständige Versicherungsmitarbeiter der Firma Katka, welche die Mine betreibt.

Im Grunde würde die Fahrt über die gefährliche Ice Road Spannung genug bieten, dürfen die Trucks doch im Grunde nicht schneller als 15 Meilen pro Stunde auf dem Terrain fahren. Zusammen mit seichten Stellen, Maschinenproblemen etc. gibt es hier durchaus Potential. The Ice Road versucht, dies noch zu übertreffen, indem die Rettungsmission gleichzeitig von Katka torpediert wird und es bei den Bergleuten Personen gibt, die versuchen, den Sauerstoffvorrat dadurch effizienter zu nutzen, indem man sich der verletzten Kumpel „entledigt“. Beide Nebenhandlungen sollen erhöhen, was auf dem Spiel steht, tatsächlich folgen sie lediglich altbekannten Pfaden, während die Sabotage der Truckfahrt von innen heraus so erzwungen wie unnötig scheint.

Dass die Trickeffekte von The Ice Road nur selten überzeugend genug sind, die Illusion aufrecht zu erhalten, kann man der Produktion dabei durchaus verzeihen, zumal viele Einstellungen merklich vor Ort entstanden sind. Unverständlich ist jedoch, dass Filmemacher Jonathan Hensleigh nicht daran interessiert scheint, seine zahlreichen Actionhighlights auch entsprechend packend aufzubauen. Bricht der erste Truck nach einem Motorschaden ins Eis ein, wird beim Versuch, den Truck mit einem Abschleppseil zu bergen, eine Figur mit hinunter gezogen. Aber anstatt hier den Fokus auf diesem Charakter zu belassen, den Überlebenskampf zu schildern, sieht man weder, wie er sich im Seil verfängt, noch wie die Figur tatsächlich untergeht. Es ist, als würden zahlreiche Einstellungen fehlen. Selbiges geschieht später mehrmals erneut, wenn eine Figur von einem umherfliegenden Teil erfasst wird, oder der Bösewicht in einem Jeep einen Hang hinabstürzt, man das Geschehen aber überwiegend nur zu hören, aber nicht zu sehen bekommt.

Hinzu kommt, dass die Geschichte suggeriert, wie wenig Zeit den eingeschlossenen Bergleuten bleibt, wie wichtig daher die rechtzeitige Zustellung wenigstens eines Bohrkopfes ist. Aber weder bekommt das Publikum ein Gefühl dafür vermittelt, wie viel Zeit seit der Minenexplosion vergangen, noch welche Strecke noch zurück zu legen ist. Es würde sich förmlich anbieten, die Anspannung hoch zu halten, indem diese Informationen regelmäßig eingeblendet werden, doch das ist aus unerfindlichen Gründen nicht der Fall. Kommentieren die Figuren daher, die Hälfte sei geschafft, dann weiß man nicht, wie viel Zeit ihnen für den Rest noch bleibt, bzw. wenn sie sagen, dass sie noch 45 Minuten von der Mine entfernt sind, kann man damit nichts anfangen, solange man nicht weiß, wie weit der restliche Weg noch ist. So weit hergeholt die Ausgangslage von The Ice Road auch ist, sie bietet durchaus Möglichkeiten, daraus eine mitreißende Geschichte zu erzählen. Genutzt werden diese Möglichkeiten leider nicht, selbst wenn Liam Neeson wie meistens merklich bemüht ist, dem Geschehen eine menschliche Komponente zu verleihen. Dank der zentralen Besetzung bleibt man bis zum Schluss, aber das ändert kaum etwas an der Enttäuschung in Anbetracht des Potentials.


Fazit:
Blickt man auf die eigentliche Idee und darauf, was Jonathan Hensleigh in seinem Drehbuch und seiner Regie daraus zu machen versteht, dann hat es beinahe den Eindruck, es würde sich bei beidem um eine Rohfassung handeln, als hätten noch einige Überarbeitungen und Feinschliff gefehlt. Die Figuren sind erfreulich unterschiedlich, haben aber bis auf Liam Neesons Mike kaum etwas zu tun, wobei sich eine Figur aus vollkommen unverständlichen Gründen opfert, obwohl dies gar nicht notwendig ist. Der Moment ist, wie die Story insgesamt, völlig absehbar und angereichert mit unzähligen Klischees. Gleichzeitig sind die Actionmomente in der Regel ohne wirklichen Aufbau präsentiert, so schnell vorbei, wie sie beginnen. Selbst bei den sichtbaren Einschränkungen durch ein kleines Budget hätte man sich hier mehr versprochen. Der stimmungsvolle Auftakt und die namhafte Besetzung sorgen dafür, dass The Ice Road insgesamt keine völlige Enttäuschung ist, obwohl der Film aus seinen Möglichkeiten so wenig zu machen versteht. Immerhin eignet sich das als wenig mitreißende Unterhaltung, die nicht in Erinnerung bleibt.