The Grudge – Der Fluch [2004]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 05. Januar 2008
Genre: HorrorOriginaltitel: The Grudge
Laufzeit: 92 min.
Produktionsland: USA / Japan / Deutschland
Produktionsjahr: 2004
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Takashi Shimizu
Musik: Christopher Young
Darsteller: Sarah Michelle Gellar, Jason Behr, William Mapother, Clea DuVall, KaDee Strickland, Grace Zabriskie, Bill Pullman, Rosa Blasi, Ted Raimi, Ryo Ishibashi, Yoko Maki, Yuya Ozeki
Kurzinhalt:
Als die in Tokyo lebende Austauschstudentin Karen Davis (Sarah Michelle Gellar), die in einem Pflegeheim jobbt, zu ihrer ersten, eigenen Patientin fährt, der lethargischen Emma Williams (Grace Zabriskie), ahnt sie nicht, was mit ihrer Kollegin und vorigen Betreuerin der Williams', Yoko (Yoko Maki), geschehen ist. Karen findet das Haus lediglich verwahrlost vor und wird wenig später schon Zeugin eines Erscheinung, die sich nicht erklären, oder begreifen kann.
Auch ihr Freund Doug (Jason Behr) scheint nicht in der Lage, ihr zu helfen. Von Emmas Sohn Matthew (William Mapother) und Schwiegertochter Jennifer (Clea DuVall) fehlt anfangs jede Spur – bis sie von dem Polizisten Nakagawa (Ryo Ishibashi) entdeckt werden. Ihr Schicksal erinnert an eine Tragödie, die vor einigen Jahren in dem Haus stattfand.
Um jenem schrecklichen Fluch zu entkommen, der zuerst Emma, und nun auch Karen heimsucht, muss die junge Studentin dem Geheimnis des unscheinbaren Hauses auf die Schliche kommen. Die Frage ist nur, ob sich jener Fluch aufheben lässt ...
Kritik:
Es ist im Filmgeschäft wie überall anders auch; was erfolgreich ist, wird kopiert. Während es in der Musikbranche als "Cover" bezeichnet wird, sind es bei den zahlreichen Filmen, die in den letzten Jahren mit gleichem Inhalt neu aufgelegt werden, so genannte "Remakes". Hier scheint es bei den Filmstudios in Hollywood mehrere Stufen zu geben. In erster Instanz wird ein erfolgreicher Film aus dem Ausland, bevorzugt Asien, aufgekauft und dieselbe Geschichte mit wenigen Änderungen aber bekannten Gesichtern neu erzählt. Bei der zweiten Instanz werden europäische oder andere internationale Filme eingekauft – allerdings scheint der Erwerb jener Lizenzen teurer zu sein. So in etwa geschehen bei Wim Wenders Der Himmel über Berlin [1987], der als Neuverfilmung City of Angels [1998] ohne Zweifel in den USA erfolgreicher war. Das letzte Stadium bei Remakes der Traumfabrik sind diejenigen, bei denen sich die Produzenten selbst kopieren. Zuletzt war dies bei Halloween [2007] der Fall – erfolgreicher war John Carpenters Original von 1978 dennoch gewesen.
Man könnte Hollywood hier Ideenlosigkeit vorwerfen, oder aber eine Absicherung insofern, als dass Kenner des Originals aus Neugier sicher beim Remake reinschnuppern wollen, und sei es nur, um sich bestätigt zu fühlen, dass das Original dennoch vorzuziehen ist. Ob dies bei The Grudge ebenfalls zutrifft, mag nur derjenige beurteilen, der das Original auch kennt. Dabei wurde für die US-Fassung der Geschichte sogar derselbe Regisseur verpflichtet, der Ju-on [2000] und seine vier (!) Fortsetzungen inszenierte. The Grudge ist dabei allerdings nur das Remake des dritten Films mit dem Titel Ju-on: The Grudge [2003].
Interessant ist dieser Hintergrund insofern, als dass die Geschichte des Low-Budget Films auf Teilen der Ju-on-Reihe aufbaut, sie zwar in Rückblenden kurz erklärt, aber dennoch Lücken und somit Verständnisschwierigkeiten lässt.
Von der eigentlichen Hintergrundgeschichte, die sich im Hause des sagenumwobenen Fluchs abgespielt hat, erfährt man nur am Schluss, bis dahin macht sich die Vermutung unter den Zuschauern breit, dass die Familie Williams, die zuvor im Hause gewohnt hat, mit den Vorkommnissen in Verbindung steht. Die Story selbst, dass die Geister all diejenigen verfolgen, die ihr Haus betreten haben, scheint dabei nicht nur weit hergeholt, sondern wird letztlich auch ohne eine Auswegmöglichkeit präsentiert.
Verpackt in das Skript von Stephen Susco ergibt dies ein wackeliges Grundgerüst, auf das The Grudge den Inhalt setzt; zusammen mit den etwas hölzernen Dialogen, den halbfertigen Charakterzeichnungen und der nur punktuell aufgebauten Spannung im Film macht die Vorlage den Eindruck einer gehetzten und nicht ausgenutzten Arbeit. Nicht nur, dass eine so kurze Lauflänge nicht notwendig wäre, sondern auch die Art und Weise, wie die sehr langen Rückblenden eingebracht sind (ohne Erklärung oder Zeitangaben), stört den Erzählfluss des Films und nimmt immer weiter Spannung aus der Geschichte, anstatt sie konstant aufzubauen.
Den Darstellern gelingt es leider nicht, den ersten Eindruck zu verbessern, auch wenn sich die wenigen Auftritte von Bill Pullman als die besten erweisen, gleichwohl seine mimische Leistung zu Beginn selbiges nicht vermuten lässt.
Größter Schwachpunkt des Films ist allerdings Sarah Michelle Gellar, die durch die TV-Serie Buffy - Im Bann der Dämonen [1997-2003] zwar grundsätzlich schon Erfahrung mit Geistern und Konsorten haben sollte, hier aber lediglich drei Gesichtsausdrücke abwechselt. Diese reichen von vollkommen desinteressiert über fröhlich grinsend, bis hin zu panisch erschrocken; die Übergänge der verschiedenen Ausdrucksformen sind dabei aber nicht fließend, sondern lediglich abrupt. Tiefe oder Vielschichtigkeit sucht man sowohl bei ihr, als auch ihrem Filmpartner Jason Behr leider vergebens. Auch Behr trottet eher unbeteiligt durch die Kamera, ehe er im letzten Drittel mehr zu tun bekommt.
Umso trauriger, dass William Mapother und Clea DuVall zu Nebendarstellern degradiert werden. Sie meistern ihre wenigen Minuten nicht nur mit bedeutend mehr Routine, sondern scheinen zugleich mit mehr Engagement bei der Geschichte zu sein, als die Jünglinge, die den Film an sich tragen sollten. Selbst Grace Zabriskie agiert überzeugender – und sorgt zweifelsohne für beunruhigendere Momente. Die kurzen Auftritte von Ted Raimi vermag der Bruder des Produzenten Sam Raimi nur deswegen wett zu machen, da er zumindest im letzten seine schauspielerischen Fähigkeiten entdeckt zu haben scheint. Bis dahin sollte man über ihn ebenfalls den Mantel des Schweigens breiten.
Anders hingegen die japanischen Mimen, allen voran Ryo Ishibashi, der als ermittelnder Polizist eine wirklich gute Arbeit leistet. Auch die hinter aufwändigen Masken versteckten Geister des fluchbelasteten Hauses können überzeugen.
Insgesamt vermag der Cast aber die in ihn gesteckten Erwartungen nicht zu erfüllen – und diese wären angesichts des Skripts nicht allzu hoch gewesen.
Wodurch sich The Grudge von anderen Horrorfilmen seiner Art abhebt, ist die handwerkliche Umsetzung durch Regisseur Takashi Shimizu. Ihm gelingt es durch eigenwillige und für westliche Produktionen ungewöhnliche Kameraeinstellungen, Perspektiven und Schnittfolgen, eine frische, überraschende Atmosphäre zu behalten, die zwar mit den üblichen Tricks arbeitet, was Schockmomente angeht, aber dennoch funktioniert.
Die Optik überzeugt hier genau so wie die Akustik des kleinen Horrorfilms, die gerade auf Surround-Systemen für Gänsehaut-Feeling sorgt. Allerdings bedienen sich die Macher hier derselben Technik wie David Fincher bei seinem Psycho-Thriller Sieben [1995]; ein ständiges, unterschwelliges Bassgeräusch, das weniger als musikalische Begleitung, als als Soundeffekt zu werten ist, begleitet viele Sequenzen und deren Einleitungen und sorgt so für eine grundsätzliche Beunruhigung beim Zuschauer.
Dennoch, an der Umsetzung gibt es kaum etwas zu bemängeln (die Rückblenden einmal ausgenommen), und sowohl Bauten, als auch Masken und Effekte vermögen zu überzeugen.
Ebenso die atmosphärische Musik von Christopher Young, der zwar kein einprägsames Thema für die Geschehnisse im Haus verfasste, aber der Geschichte immer durch seine unheimlichen, atmosphärischen Klänge beisteht und auch die Schockmomente mit genügend Kraft untermalt, um die meisten Zuschauer zumindest in ihren Sitzen hochzureißen.
Interessanterweise wurden von The Grudge zwei Filmversionen dem Testpublikum gezeigt; einerseits eine brutalere, verstörendere Version, die sich an ein erwachsenes Publikum richtete, andererseits die letztlich als Kinoversion freigegebene, etwas abgeschwächte Fassung. Hier hatte das Testpublikum besser reagiert – und bestätigt somit eine alte Weisheit im Horror-Genre: Beunruhigend und erschreckend ist, was man nicht sieht.
Eben hiermit spielt Regisseur Takashi Shimizu lange Zeit, ehe er die Schlinge um die Hauptfiguren zuzieht. Doch wären die Figuren zugänglicher gestaltet gewesen, beziehungsweise die Hintergrundgeschichte nicht in seltsam anmutenden Rückblenden erzählt, hätte The Grudge einen deutlich besseren Eindruck hinterlassen. So funktioniert er zwar als solider, mitunter ekliger, meistens aber atmosphärischer Horrorfilm mit asiatischem Ambiente, ohne aber wirklich mitzureißen – oder den Zuseher dadurch zu fesseln, dass ihm daran liegt, was mit den Figuren geschieht. Dank der handwerklichen Umsetzung rettet sich das Remake über den Genredurchschnitt, ist von Filmen wie Ring [] aber meilenweit entfernt.
Fazit:
Ob ein Remake von Ju-on überhaupt notwendig war, müssen diejenigen entscheiden, die das Original kennen; ohne dessen Vorkenntnis, hinterlässt The Grudge einen sehr zwiespältigen Eindruck. Zwar kann die grundsätzliche Story überzeugen, doch die Erzählweise (dass beispielsweise Rückblenden auf zwei Ebenen geschildert werden) und die immer nur szenenbezogene Spannung lassen einfach einen größeren Zusammenhalt vermissen.
Auch die Darstellerleistungen enttäuschen angesichts der bekannten Namen; wer sich bei Takashi Shimizus Remake seines eigenen Werkes auf einen gut gemachten, mitunter schreckreichen, aber dennoch auf bekannte Klischees setzenden Horrorfilm freut, wird nicht enttäuscht. Denn auch die bekannten Tricks funktionieren.
Wer auf neue Impulse hofft, oder Etwas, das im Gedächtnis bleibt, wird enttäuscht werden.