The Ballad of Lefty Brown [2017]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Mai 2018
Genre: Drama / Western

Originaltitel: The Ballad of Lefty Brown
Laufzeit: 111 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jared Moshé
Musik: H. Scott Salinas
Darsteller: Bill Pullman, Kathy Baker, Jim Caviezel, Tommy Flanagan, Diego Josef, Joe Anderson, Peter Fonda, Joseph Lee Anderson, Stephen Alan Seder, Tyson Gerhardt, Lewis Pullman


Kurzinhalt:

Im Jahr 1889 macht sich die Abwanderung der Bewohner der einst aufstrebenden Stadt Red Bluff, Montana zu den neuen Siedlungen im Westen bereits bemerkbar. Dort verlaufen die Eisenbahnlinien und haben Arbeitsplätze geschaffen. Dennoch würde es Lefty Brown (Bill Pullman) vorziehen zu bleiben, wenn Senator Edward Johnson (Peter Fonda), dem er gefühlt sein ganzes Leben gedient hat, mit seiner Frau Laura (Kathy Baker) für die Politik nach Osten geht. Lefty würde zurückbleiben und die Farm der Johnsons verwalten. Doch als der Senator von dem Viehdieb Frank Baines (Joe Anderson) erschossen wird, zerplatzen auch Leftys Zukunftspläne und er schwört Rache. Während Gouverneur Jimmy Bierce (Jim Caviezel) selbst Männer ausschickt, macht sich Marshal Tom Harrah (Tommy Flanagan) auf, Lefty zu finden. Dieser hat inzwischen Jeremiah Perkins (Diego Josef) aufgelesen, der sich sehnlichst beweisen möchte. Ihnen allen entgeht, dass der Mord am Senator kein Zufall war, und Lefty Brown muss, um Gerechtigkeit für seinen Freund zu erlangen, das werden, was er nie sein wollte – ein Held …


Kritik:
Jared Moshés Western-Drama The Ballad of Lefty Brown wird in gleichem Maße von der Darbietung seiner Hauptfigur wider Willen gerettet, wie es an der Erzählung selbst scheitert. Dabei wählt der Regisseur, der auch die Drehbuchvorlage liefert, einen durchaus interessanten Ansatzpunkt. Aber nicht nur, dass er selbst an dem politischen Aspekt seiner Story nicht interessiert scheint, gerade die bleihaltigen Actionmomente wollen dem Film bedauerlicherweise nicht gelingen.

Angesiedelt im nordwestlichen Montana am Ende des 19. Jahrhunderts, als das Leben im so genannten wilden Westen durch den Bau der Eisenbahn bereits so stark im Umbruch begriffen war, dass die Menschen dort sich an die „gute alte Zeit“ erinnerten, in der die Dinge einfacher waren, ist Lefty Brown ein treuer Weggefährte von Senator Edward Johnson. Bis dieser auf der Jagd nach Viehdieben getötet wird. Lefty, der mit Johnsons Leiche zur Farm und dessen Witwe Laura zurückkehrt, schwört, dass er die Verantwortlichen finden und zur Strecke bringen wird. Dabei hat der 60jährige sein ganzes Leben im Schatten des Senators verbracht und ist nicht dafür bekannt, irgendetwas auf die Beine stellen zu können. Auf diese Weise rückt Filmemacher Jared Moshé mit Lefty Brown eine Person in den Mittelpunkt seiner Western-Ballade, die für gewöhnlich nur eine Nebenrolle bekleidet. Das ist an sich keine schlechte Idee und verlagert den Fokus auf eine ansonsten kaum beachtete Randfigur dieser Geschichten. Allerdings versäumt es The Ballad of Lefty Brown, dem Titel gebenden Charakter auch ein greifbares Profil zu verleihen. Das beginnt bereits damit, dass er den gemeinsamen Werdegang von Lefty und dem Senator oder den übrigen Figuren, die seinen Weg hier kreuzen, nicht schildert.

Da niemand Vertrauen in Leftys Fähigkeiten hat, sendet Gouverneur Jimmy Bierce Männer aus, um Johnsons Mörder zu finden. Marshal Tom Harrah macht sich gleichzeitig auf, Lefty zu suchen. Alle vier Männer – den getöteten Senator eingeschlossen – verbinden wohl gemeinsame Jahre und Erlebnisse, so viel wird angedeutet. Aber nicht mehr als das. Tatsächlich angesprochen wird die Verbindung zwischen dem politisch erfolgreichen Bierce und Brown beispielsweise nicht. Nur verlieren dadurch ihre gemeinsamen Momente und Dialoge viel an Gewicht. Wenn man einen persönlichen Verrat nicht als solchen erkennt, weil zuvor keine Freundschaft oder Vertrauensbasis etabliert wurde, ist der Verrat für das Publikum als solcher schlicht nicht erkennbar.

Dafür wartet The Ballad of Lefty Brown mit weiteren Figuren auf, die ebenfalls kaum beleuchtet werden. So trifft Lefty auf der Suche nach den Mördern auf den Jungen Jeremiah Perkins, der sich der Suche anschließt und darauf aus scheint, sein Talent mit dem Schießeisen unter Beweis zu stellen. Dass die Szenen mit ihm immer auf dieselbe Weise verlaufen, Lefty ihm sagt, er solle warten, Jeremiah nach vorn prescht und alle in Gefahr bringt, macht die Figur nicht sympathischer, zumal über sie gar nichts weiter verraten wird.
Schließlich erweitert das Drehbuch von Filmemacher Moshé die Story auffallend ungelenk um eine Verschwörung, so dass Johnson nicht zufällig, sondern absichtlich getötet wurde. Die wahren Hintermänner auszumachen, dürfte kaum jemandem im Publikum schwerfallen. Die Gründe zu erraten dagegen schon, weil das Western-Drama dazu im Vorfeld nichts erwähnt, sondern in der Auflösung einfach als Allgemeinwissen hinsichtlich der Städteentwicklung im Nordwesten der USA jener Zeit voraussetzt. Es macht den Eindruck, als wäre der Regisseur an diesem Aspekt selbst gar nicht interessiert, sondern hätte ihn nur eingebaut, um dem Mord an dem Senator irgendeine Bedeutung beizumessen.

Das klingt alles wenig überzeugend und wird dadurch nur verschlimmert, dass die Duelle und Schusswechsel behäbig und unübersichtlich eingefangen sind. So gelungen die weiten, rauen Landschaftsaufnahmen, so wenig reißen die Pattsituationen mit, die mit Waffengewalt aufgelöst werden. Das liegt zum einen daran, dass der Filmemacher hier zu dicht an den Figuren bleibt und keinen Überblick gewährt, wo sich wer in der Szenerie befindet. Auch verpasst er es, den Fokus bei entscheidenden Momenten auf die wichtigen Aspekte zu lenken. Manche Figuren werden von Kugeln getroffen, ohne dass man das wirklich mitbekommt. Dass The Ballad of Lefty Brown nicht als actionreicher Western umgesetzt ist, ist dabei kein Vorwurf und spiegelt sich bereits in der melancholischen, ruhigen und gelungenen Musik wider. Doch für ein charakterbasiertes Drama baut der Regisseur seine Charaktere zu wenig aus. Was am Ende bleibt, ist ein behäbiger Western, dem jegliche Zugkraft fehlt.


Fazit:
So unvorbereitet Lefty Brown ist, wenn ihn die Geschichte von Filmemacher Jared Moshé ins Rampenlicht rückt, scheint auch das Skript selbst und weiß mit der Figur nicht wirklich etwas anzufangen. Der unwahrscheinliche Held stolpert bis zum Schluss nicht nur unfreiwillig von einer Auseinandersetzung zur nächsten, er weiß sich auch in keinem Moment durchzusetzen. Erst in den letzten Minuten kommt er an den Punkt, an dem er in der Mitte des Films sein sollte, damit seine Wandlung auch packt. Handwerklich im besten Fall routiniert, in den Actionszenen hingegen unübersichtlich umgesetzt, sind es die blassen Figuren, die am meisten enttäuschen. Dem tritt allerdings Bill Pullman in der Rolle des Lefty Brown entgegen, der mit seinem zurückhaltenden, introvertierten Spiel mehr andeutet, als das Skript der Figur zugesteht. Er entwickelt eine stille Kraft, die vom Leben im Westen seit langem aufgefressen scheint und der sich nochmals aufbäumt angesichts des Mordes an seinem langjährigen Freund. The Ballad of Lefty Brown ist ein Schaufenster für Pullmans sehenswertes Schauspiel und er entschädigt hier für viel. Aber nicht für alles.

The Ballad of Lefty Brown ist seit dem 9. Mai 2018 digital
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