Splice - Das Genexperiment [2009]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 10. Juni 2010
Genre: Horror / Science Fiction

Originaltitel: Splice
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: Kanada / Frankreich / USA
Produktionsjahr: 2009
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Vincenzo Natali
Musik: Cyrille Aufort
Darsteller: Adrien Brody, Sarah Polley, Delphine Chanéac, Brandon McGibbon, Simona Maicanescu, David Hewlett, Abigail Chu


Kurzinhalt:
Es ist ein Durchbruch, der für Staunen sorgt: mittels spezieller Techniken gelingt es den Wissenschaftlern Elsa Kast (Sarah Polley) und Clive Nicoli (Adrien Brody), eine neue Lebensform zu erschaffen, die aus vielen verschiedenen DNA-Strängen anderer Tiere zusammen gesetzt ist. Damit sollen sich Medikamente und Therapiemöglichkeiten entwickeln lassen. Um solche Behandlungen auch für den Menschen zu ermöglichen, müsste das Hybridwesen menschliche DNA beinhalten – undenkbar. Doch Elsa gelingt es, Clive zu einem Experiment zu überreden.
Sie erschaffen einen solchen Hybriden, der allerdings so schnell wächst, dass sich das Experiment nicht rechtzeitig stoppen lässt. Das Wesen, dessen Existenz beide Wissenschaftler geheim halten, wächst rasant und entwickelt sich zur jungen Dren (Delphine Chanéac) mit einem menschenähnlichen Aussehen und außergewöhnlichen Fähigkeiten. Doch Drens Neugier lässt sich kaum im Zaum halten und als Clive ein schreckliches Geheimnis herausfindet, ist das Experiment schon außer Kontrolle geraten ...


Kritik:
Regisseur Vincenzo Natali, bekannt geworden mit seinem intelligenten Independent-Horror Cube [1997], bemerkte in einem Interview, dass sämtliche Hollywood-Studios sein Filmprojekt Splice abgelehnt hätten, weil darin eine Sex-Szene zwischen einem Menschen und einem Hybridwesen gezeigt wird. Die traurige Wahrheit daran ist, dass er vermutlich Recht hat. Die Studios lehnten vermutlich wirklich nur deswegen ab und nicht, weil Splice nach einem starken Anfang umso stärker nachlässt, es eine unnötige Vergewaltigungsszene gibt oder der Film insbesondere im letzten Drittel den Weg des verlockendsten Klischees beschreitet.
Den Wissenschaftlern Clive Nicoli und Elsa Kast gelingt es, die verschiedenen DNA-Sequenzen unterschiedlicher Spezies zu verbinden, um so ein künstliches Hybridwesen zu erschaffen, das nicht nur zu Forschungszwecken existieren, sondern Quelle einer Vielzahl von neuen Behandlungsmöglichkeiten sein soll. Nach dem Triumph reizt es Elsa, den nächsten Schritt zu gehen. Während die Geldgeber auf eine kommerzielle Nutzung drängen, um die Forschungsgelder wieder wett zu machen, überredet Elsa Clive, eine solche Verbindung mit menschlicher DNA zu untersuchen. Es könnten Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Diabetes damit geheilt werden. Mit augenscheinlich besten Absichten wird vorgegangen, um ein weiteres Hybridwesen zu erschaffen. Es ist kein menschlicher Klon, sondern ein Klon mit menschlichen Zügen. Die Ausgangslage von Natalis Gen-Horror-Mix ist nicht wirklich neu, aber nicht zuletzt auf Grund der aktuellen Machbarkeit der Forschung und der moralischen Bedenken beim Klonen menschlicher Zellen durchaus interessant. Das umso mehr, weil Splice nicht den Weg der meisten Genrevertreter geht, schnell ein möglichst fantasievolles Monster vorzustellen, das sich fortan durch die Besetzungsliste frisst. Nach dem ersten Drittel widmet sich das Drehbuch dann allerdings der Entwicklung des Hybridwesens Dren, das – wie soll es anders sein – deutlich schneller wächst und innerhalb weniger Wochen zu einer jungen Frau herangereift ist. Die üblichen Probleme der Pubertät mit dem eigenen Willen des Kindes, zu beschützerisch veranlagten Eltern oder denjenigen, die ihren Kindern Etwas nur deshalb verbieten, weil sie es selbst nie bekommen haben, werden im Schnelldurchgang gestreift. Auch die Entdeckung der Sexualität darf nicht fehlen, die sogar erstaunlich sinnlich umgesetzt wird, da auch Nacktszenen im modernen Horrorgenre seltsamerweise nicht mehr fehlen dürfen. Die Rivalität zwischen den Frauen bekommt viel Aufmerksamkeit, wie es Elsa und Clive aber gelingen soll, die körperlich überlegene und agile Dren unbeobachtet den ganzen Tag in einer Hütte einzusperren, wird gar nicht gezeigt. Auch macht sich das Skript nicht die Mühe, Dren als Ergebnis ihrer Erziehung vorzustellen, sondern macht sie zuletzt zum Sklaven ihrer Gene, zu einem Instinkt getriebenen, seelenlosen Monster (wie bei den meisten Genrevertretern eben auch). Der zweite Akt zieht sich merklich in die Länge, trifft Aussagen, die eher an ein seichtes Familiendrama mit hobbypsychologischen Erkenntnissen erinnern und mündet schließlich in einem letzten Drittel, das vollends den Genrekonventionen verfällt. Dann gibt es in kurzer Reihenfolge und völlig unmotiviert mehrere Leichen und einen Schlusstwist, den die Macher so freudestrahlend und stolz präsentieren, als ob sie ihn wirklich für etwas Neues und überdies eine gute Idee halten würden. Dabei muss man leider festhalten, dass insbesondere die letzten Minuten nicht nur abzusehen sind, sondern außerdem ein Klischee bedienen, das so alt ist wie das Genre selbst.

Früher dienten solche Filme jungen, aufstrebenden Darstellern als Sprungbrett auf die Leinwände der Festivals und somit auch ins Bewusstsein der Zuschauer. Weswegen sich Adrien Brody, oscarprämiert für seine Leistung in Der Pianist [2002], für ein solches Projekt hergibt, ist schleierhaft. Leidlich bemüht, seine Figur zumindest sympathisch zu halten, spielt er neben Sarah Polley, die trotz vieler Projekte den Sprung an die Spitze Hollywoods noch nicht geschafft hat. Splice wird ihr dabei nicht helfen. Weniger, weil sie nicht gut spielen würde, im Gegenteil, sie gibt sich merklich Mühe, vielmehr weil ihre Figur derart emotional realitätsfern angelegt ist, dass nicht interessiert, was mit ihr geschieht. David Hewlett macht bis zu seinem Abgang eine routinierte Figur, während Delphine Chanéac als Dren durchaus überzeugend eine Mischung aus menschlichen Zügen und etwas Fremdartigem mimt.
An der handwerklichen Umsetzung gibt es nichts zu bemängeln, Vincenzo Natali findet überzeugende Bilder, auch wenn die ins Blaue ausgeblichenen Farben zu genretypisch erscheinen. Die Musik von Cyrille Aufort erinnert nicht von ungefähr stellenweise an Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979] und das größte Kompliment geht an die Trickkünstler, die sowohl bei den Hybridlebewesen, wie auch insbesondere bei Drens Aussehen und anatomischen Veränderungen ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Weswegen es heutzutage aber notwendig zu sein scheint, in vielen Filmen ein Vergewaltigungsszenario einzuflechten (und es wie hier noch als gerechtfertigten Racheakt vorzustellen), bleibt schleierhaft.


Fazit:
Man kann sich das Grinsen auf den Gesichtern der Beteiligten durchaus vorstellen, wenn sie ihren Twist am Schluss vorstellen, in der Überzeugung, ihnen wäre damit ein besonderer Clou gelungen. Leider gab es genau diese Wendung in sehr ähnlichen und meist besseren Filmen schon zuhauf. Es ist hier die Krönung einer zweiten Filmhälfte, die nach einem überzeugenden Auftakt schnell und stark nachlässt. Splice versucht cleverer zu sein, als er ist und verliert sich dabei im Sumpf der Klischees.
Die Darsteller, die zu deutlich mehr in der Lage sind, hat der Film dabei nicht verdient und auch wenn die handwerkliche Umsetzung überzeugt, Masken und Spezialeffekte sogar überraschen, dem Inhalt gelingt das leider nicht. Adrien Brody verglich den Film mit einem modernen Frankenstein [1818], nur statt alte Ideen zu kopieren und hier letztlich die Kreatur statt die Erschaffer zum Monster zu machen, hätte man sich auch einmal um wirklich neue Einfälle bemühen können. Neu ist an Splice letztlich leider gar nichts.