Seelen [2013]

Wertung: 1 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Januar 2015
Genre: Science Fiction / Liebesfilm

Originaltitel: The Host
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: USA / Schweiz
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Andrew Niccol
Musik: Antonio Pinto
Darsteller: Saoirse Ronan, Diane Kruger, Max Irons, Chandler Canterbury, Jake Abel, William Hurt, Frances Fisher, Scott Lawrence, Boyd Holbrook, Lee Hardee, Mustafa Harris, Emily Browning, Rachel Roberts, Marcus Lyle Brown


Kurzinhalt:

In der Zukunft sind die Menschen von Außerirdischen übermannt worden. Sie leben als Parasiten in den Körpern ihrer Wirte und kontrollieren sie. Dafür herrscht Frieden auf der Erde. Nur wenige Menschen sind noch nicht infiziert und werden von der Sucherin (Diane Kruger) gejagt. Als Melanie (Saoirse Ronan) ihren Selbstmordversuch überlebt und mit einer außerirdischen Seele infiziert wird, wehrt sie sich dagegen. Das Alien, Wanderer bzw. Wanda genannt, wird durch Melanies Bewusstsein damit konfrontiert, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.
Sie führen sich gegenseitig zu einer Kolonie der Menschen, geleitet von Melanies Onkel Jeb (William Hurt). Doch dort sieht man nur das Alien in Melanies Körper und weiß nicht, dass ihr menschlicher Geist noch lebt. Während die Sucherin über Wanda die übrigen Menschen enttarnen will, trifft Melanie in der Kolonie auf ihre Liebe Jared (Max Irons). Doch auch der sieht nur Wanda und nicht sie ...


Kritik:
Noch am Anfang und auch nur ganz kurz blitzt in Seelen, Andrew Niccols Verfilmung einer Vorlage der Erfolgsautorin Stephenie Meyer (die Bis(s)/Twilight-Reihe [2005-2008]), eine interessante und erzählenswerte Idee auf. Könnte man allen Menschen auf der Welt Frieden und Wohlstand bringen, indem man sie versklavt und ihnen ihre Persönlichkeit nimmt, sollte man es zulassen? Doch statt dies zu verfolgen, stellt der Filmemacher eine klischeebeladene, gähnend langweilige Liebesschmonzette in den Mittelpunkt.

In einer nicht näher beschriebenen Zukunft gibt es auf der Erde keinen Hunger mehr und auch keine Krankheiten. Dafür sind die Menschen auf der Welt nur ein Gefäß für außerirdische Wesen, genannt Seelen, die sich in ihnen einnisten und die Persönlichkeit des Wirtes vollständig übernehmen. Nur wenige Menschen sind übrig geblieben, die von den nicht gewalttätigen, friedliebenden Sucher-Aliens aufgespürt werden, um sich ihrer Körper zu bemächtigen. Inwiefern es mit der Philosophie der fremden Wesen vereinbar ist, Gewalt abzulehnen, aber ihre Wirte gegen ihren Willen zu übernehmen, sei dahingestellt.

In dieser Welt, in der alle Frauen in allen Situationen in Schuhen mit unpassend hohen Absätzen durch die Gegend stolpern (sogar bei Suchaktionen in der Wüste), die Aliens allesamt in weiß gekleidet sind und verchromt funkelnde Fahrzeuge fahren und fliegen, ist die erste Reaktion eines Menschen, der einen anderen Menschen trifft offenbar, ihn zu küssen. So geschieht es jedenfalls, als Jared auf Melanie trifft, die in einem Haus nach Lebensmitteln für sich und ihren Bruder Jamie gesucht hat. Das mag nicht viel Sinn ergeben, allerdings ist Seelen einer dieser Filme, in denen sich die Teenie-Stars im warmen Regenschauer auf grüner Wiese küssen, beim Sonnenuntergang und in allerlei anderen Bilderbuch-Romantik-Phantasien. Auch versteckt man sich als einer der letzten Menschen am Abend vor einem lodernden Lagerfeuer – einfach, weil es romantisch aussieht.

Jedenfalls wird Melanie von Suchern überwältigt und in eine von ihnen verwandelt. Während eine Sucherin darum bemüht ist, von der neu verwandelten Seele Wanda, die in Melanies Erinnerungen wühlen kann, Informationen darüber zu erhalten, wo sich weitere Menschen verstecken, kämpft Melanie mit aller Kraft gegen die außerirdische Seele in ihrem Körper an und unterhält sich dabei stets mit ihr. Man möchte meinen, dass man als Gefangene im eigenen Körper den Feind Tag und Nacht anschreien würde, doch das tut Melanie nicht – und so werden sie und Wanda Freunde. Wer spätestens da noch nicht verstanden hat, dass sich am Ende alles über die Kraft der Liebe erklären und auflösen lässt, der wird dieses Detail bis zum Film auch wieder vergessen haben.

Wie dem auch sei findet Melanie/Wanda zu einer Kolonie der übrig gebliebenen Menschen, in der auch Melanies Onkel lebt. Obwohl sie ganz offensichtlich eine der Außerirdischen vor sich haben, nehmen sie sie in ihre Kolonie mit, um sie dann umbringen zu wollen. Auch das macht keinen großen Sinn, allerdings ist Seelen einer dieser Filme, in denen Vieles keinen Sinn ergibt. Dort angekommen verhalten sich die Menschen wie die wahren Zombies und das in einer künstlich in die Länge gezogenen Langsamkeit, dass man meinen könnte, Regisseur Niccol würde seinen Film in Zeitlupen erzählen. Hat man schon zu Anfang das klebrig schwülstige Muster erkannt, mit dem alle Dialoge gesponnen sind, wird man jeden einzelnen Satz nach den ersten Worten selbst beenden können. Dies geht so weit, dass selbst George Lucas fragen könnte, weswegen er für seine Dialoge in Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger [2002] so hart angegangen wurde, Seelen damit jedoch "davonkommen" darf.

In der Kolonie geschieht, was bei Stephenie Meyer wohl immer geschieht: Nachdem die Menschen Wanda zuerst töten wollen, kann sie sich wenig später vor Verehrern kaum retten. Als wäre das nicht schon schlimm genug, lieben Melanie und Wanda (im selben Körper) unterschiedliche Männer – es ist also eine Dreiecksgeschichte mit einem außerirdisch/unterirdisch kitschigen Twist! Das klingt, als wäre es kaum zu ertragen, allerdings ist Seelen eben auch einer dieser Filme.


Fazit:
Mit Eindrücken wie einem riesigen Getreidefeld innerhalb einer Höhle ist Seelen ein Film voller Produktionsstandbilder, die sich toll vermarkten lassen, aber durch nichts zusammengehalten werden. Umso mehr, da der uninspirierte, plumpe Schnitt selbst hinter drittklassige Fernsehproduktionen zurückfällt. Von der überlegten Umsetzung oder einem gelungenen Szenenaufbau wie in Andrew Niccols Gattaca [1997] oder Lord of War - Händler des Todes [2005] ist hier nichts zu sehen.
Dafür dudelt die Musik allzeit schwebend und ohne Tempo vor sich hin, als wäre Komponist Antonio Pinto selbst gelangweilt. Das einzige, was Seelen abgesehen von einer hoffnungslos unterforderten Besetzung vorweisen kann, ist die mit Abstand lächerlichste Ausrede für eine Teenie-stilisierte Kussszene, die je ein Film vorgebracht hat. Komplett mit beiden Rivalen in der Szene und der "sexy" entblößten Schulter des umkämpften Mädchens. Das und einen quälend langen Epilog. Hierfür gibt es fraglos ein Publikum, doch angesichts der Zuschauerzahlen immerhin kein großes.