GoldenEye [1995]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 07. Januar 2014
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: GoldenEye
Laufzeit: 130 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 1995
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Martin Campbell
Musik: Eric Serra
Darsteller: Pierce Brosnan, Sean Bean, Izabella Scorupco, Famke Janssen, Judi Dench, Robbie Coltrane, Gottfried John, Alan Cumming, Joe Don Baker, Tchéky Karyo, Desmond Llewelyn, Samantha Bond, Michael Kitchen


Kurzinhalt:
Vor neun Jahren verlor der britische Spion James Bond (Pierce Brosnan) bei einer Mission seinen Kollegen Alec Trevelyan (Sean Bean) durch die Hand des russischen Generals Ourumov (Gottfried John). Inzwischen hat sich das politische Angesicht der Welt stark gewandelt. Der Ostblock als solches existiert nicht mehr, der Eiserne Vorhang ist gefallen. In dieser Welt ist es für die Geheimdienste noch schwieriger, Freund und Feind auseinander zu halten. Für Bond kommt die Umstellung hinzu, bei M (Judi Dench) inzwischen für eine Vorgesetzte zu arbeiten.
Bei seinem Aufenthalt in Monte Carlo trifft er auf Xenia Onatopp (Famke Janssen), die in die Geschäfte eines neuen russischen Verbrechersyndikats 'Janus' verwickelt sein soll. Als wenig später dort der Prototyp eines gegen einen elektromagnetischen Impuls gerüsteten Helikopters gestohlen wird, verhallen Bonds Warnungen. Doch dann wird die russische Station Severnaja durch einen solchen Strahlungsstoß vernichtet. Wer hierfür verantwortlich sein kann, darüber könnte die Überlebende Natalya Simonova (Izabella Scorupco) Auskunft geben. Doch die Drahtzieher hinter dem Anschlag, sind ihr bereits auf den Fersen. Über den CIA-Agenten Jack Wade (Joe Don Baker) nimmt Bond in St. Petersburg Kontakt mit dem ehemaligen KGB-Agenten Zukovsky (Robbie Coltrane) auf und schlägt ihm einen Handel vor, der Bond dem Leiter von Janus näher bringt. Hier erwartet Bond das Wiedersehen mit einem alten Freund – der ihm immer einen Schritt voraus ist ...


Kritik:
Eine so lange Wartezeit wie zwischen Lizenz zum Töten [1989] und GoldenEye gab es bei keinem Bond-Film zuvor. Dass Timothy Dalton nicht mehr in die Rolle des britischen Spions schlüpfen würde, wurde auch erst sehr spät bekannt gegeben. Die Erwartungen an Pierce Brosnan, der ja schon viele Jahre zuvor bereits im Gespräch für die Rolle gewesen war, waren entsprechend hoch. Dass der Thriller besser gealtert ist, als manche seiner Kollegen, hat er auch zum großen Teil ihm zu verdanken. Nur einem Darsteller zuvor war es gelungen, sich die Rolle in so kurzer Zeit so zu eigen zu machen. Dabei macht die Tatsache, dass er 007 auf eine emanzipierte Welt vorbereiten muss, seine Aufgabe nicht einfacher.

Als bekannt wurde, dass Bonds Vorgesetzter M zukünftig von einer Frau gespielt werden würde, ging ein Raunen durch die Fangemeinde. Wie könnte es sein, dass der erfolgreichste und bei den Frauen beliebte James Bond seine Befehle von einer Frau entgegennähme? Wer der Meinung ist, manche Studiobosse hätten veraltete Weltanschauungen, sollte die Masse der Zuschauer nicht unterschätzen. Als M stellt Judi Dench einen beispiellosen Fels in der Brandung der Filmreihe dar. Kaum jemand verkörpert so sehr Autorität und Integrität wie sie – nicht einmal Bond selbst. Sie ist vielleicht die größte Bereicherung GoldenEyes, auch wenn ihr Auftritt eigentlich zu kurz ist.

Äußerst vielversprechend klingen auch die Namen von Bonds Widersacher: Sean Bean als skrupelloser Drahtzieher und Gottfried John als ausgespielter Patriot. Doch während letzterer vom Drehbuch zur Karikatur verkommt, gelingt es Bean sehr lange, seine wenig tiefgehende Figur interessant und mysteriös zu halten. Weshalb sich das ausgerechnet zum Beginn des letzten Drittels ändern muss, wenn Alec versucht, sich Natalya aufzudrängen, verstehe, wer will.
Regisseur Martin Campbell, der ein sehr gutes Auge für sauber aufgebaute und spannend umgesetzte Actionsequenzen offenbart, konzentriert sich mehr auf die Situationen, als auf die Figuren und so spielt Brosnan seinen süffisanten und schlagfertigen Bond gegen Widersacher, die seiner nicht würdig sind. Mit Ausnahme des Kurzauftritts von Robbie Coltrane als Valentin Zukovsky, der mehr in Erinnerung bleibt, als die übrigen beiden zusammen. Von der von Famke Janssen einprägsam verrucht gespielten Xenia Onataopp ganz zu schweigen.

Die Story konzentriert sich auf das Machtvakuum, das nach dem Ende des Kalten Krieges in Russland entstanden ist und die finsteren Mächte, die versuchen, es zu füllen. Dass sich auch die Lebensaufgabe des britischen Spions selbst, die bislang darin bestand, Land und Krone vor Bedrohungen von jenseits des Eisernen Vorhangs zu schützen, nun so radikal ändert, dass er nicht mehr weiß, wem er trauen kann, behandelt GoldenEye ebenfalls. Auch wenn das Skript zwischen vielen Schauplätzen wechselt, es Bond von Monte Carlo, über das russische Severnaja bis nach Kuba bringt, es findet immer wieder Momente, in denen der Charakter des Geheimagenten im Mittelpunkt steht.

Im Kern steht das GoldenEye-Projekt, das fantastischer und unwirklicher klingt, als es ist. Bis es soweit ist, dass der MI6 hierüber Bescheid weiß, vergeht viel Zeit. Auch, bis 007 auf die Programmiererin Natalya Simonova trifft, die einen Anschlag von Landesverrätern überlebt.
GoldenEye wartet – das sieht man unter anderem am CIA-Agenten Jack Wade – mit vielen Figuren auf, von denen die meisten auch mehr zur Story beitragen dürfen, als es in anderen Filmen der Reihe der Fall ist. Selbst Moneypenny hat mehr zu sagen, als zuvor. All das wiegt drei Kritikpunkte zumindest großteils wieder auf, die beim 17. James Bond-Film auch nach beinahe 20 Jahren noch ins Auge springen.

Neben den bereits angesprochenen schwachen Bösewichten, die im Verlauf der Geschichte zunehmend abbauen, sind das einerseits die offensichtlichen Modellarbeiten, die zwar zum Besten gehören mögen, was damals möglich war, die aber 1995 bereits so offensichtlich waren, dass sie den Zuschauer sowohl in Severnaja, als auch in Kuba aus der Situation reißen. Andererseits ist es die schlichtweg grauenvolle musikalische Untermalung durch Eric Serra, die selbst beim Studio so schlecht ankam, dass viele Schlüsselszenen von John Altman und David Arch nachvertont wurden. Idealerweise hätte man seinen Score vollständig austauschen sollen, denn die disharmonischen Synthesizerklänge lassen das Geschehen nicht nur angestaubt wirken, sondern sie schaden der Atmosphäre, anstatt sie zu unterstützen.


Fazit:
Trotz der offensichtlichen Schwachpunkte und insbesondere der Tatsache, dass die Story um GoldenEye mehr Potential bietet, als der Film zu nutzen weiß, ist Pierce Brosnans Einstand als James Bond durchaus gelungen. Das liegt einerseits an seiner Leichtfüßigkeit und seiner spürbaren Ironie, aber auch an Weggefährten wie Judi Dench, Robbie Coltrane und der leider unterforderten, aber charmanten Izabella Scorupco.
Sie entschädigen zusammen mit der temporeich umgesetzten Action, deren Höhepunkt eine außergewöhnliche Verfolgungsjagd durch St. Petersburg darstellt, für zu offensichtliche Trickeffekte und Bösewichte, denen lange vor dem Ende die Luft ausgeht. GoldenEye ist spürbar ein Kind der 1990er Jahre. In mancherlei Hinsicht, beispielsweise in Bezug auf die starken Frauenfiguren oder die Beleuchtung des zerfallenden Ostblocks und damit der statischen Feindbilder des Westens, ist das etwas Gutes. In anderen Belangen, darunter auch die aufdringlich künstliche Musik, nicht so sehr.