Fair Game [2010]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 03. Juli 2012
Genre: Biografie / Thriller / DramaOriginaltitel: Fair Game
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA / Vereinigte Arabische Emirate
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Doug Liman
Musik: John Powell
Darsteller: Naomi Watts, Sean Penn, Michael Kelly, Noah Emmerich, David Andrews, Bruce McGill, Liraz Charhi, Khaled Nabawy, Ashley Gerasimovich, Quinn Broggy, Anand Tiwari, Ty Burrell, Jessica Hecht, Norbert Leo Butz, Rebecca Rigg, Brooke Smith, Thomas McCarthy, Nicholas Sadler, Tim Griffin, Sunil Malhotra
Kurzinhalt:
Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 ist das Klima in den USA aufgeheizt und deutlich ausländerfeindlicher. So nimmt es zumindest der ehemalige Botschafter Joe Wilson (Sean Penn) wahr. Seine Frau Valerie Plame (Naomi Watts) arbeitet bei der CIA und wird angesprochen, ob ihr Mann einen unentgeltlichen Auftrag in Afrika übernehmen könnte. Er soll herausfinden, ob Gerüchte wahr sind, dass große Mengen uranhaltiges Material in den Irak geliefert wurden. Von der Erkenntnis, dass dies nicht möglich sei, scheinen die Verantwortlichen nach seiner Reise nicht überzeugt. Wenig später häufen sich Berichte, dass der Irak technisches Gerät gekauft hätte, das ebenfalls zur Herstellung von Atombomben notwendig ist. Darum setzt sich Valerie über die Ärztin Zahraa (Liraz Charhi) mit deren Bruder Hammad (Khaled Nabawy) im Irak in Verbindung. Er ist ein Wissenschaftler, der beim Atomwaffenprogramm mitgearbeitet hat.
Als trotz aller Beweise gegen Massenvernichtungswaffen im Irak die USA in den Krieg ziehen, geht Joe an die Öffentlichkeit und behauptet, dass das amerikanische Volk von der eigenen Regierung getäuscht worden sei. Daraufhin wird Valerie von der CIA vor die Tür gesetzt und ihr realer Name findet den Weg in die Zeitungen. Für die Familie beginnt eine öffentliche Bloßstellung und Hetzjagd, bei der Joe jede Möglichkeit nutzt, sich zu verteidigen, während Valerie mit ansehen muss, wie ihre Ehe unter dem Druck zerbricht ...
Kritik:
Dass es insbesondere in den USA schwierig ist, Zuschauer für einen Film zu interessieren, der die Hintergründe des zweiten Irakkriegs zum Thema hat, ist hinlänglich bekannt. Selbst hochkarätige Produktionen, die trotz des Themas nur nebenbei auf die Legitimierung des Krieges eingehen wie Tödliches Kommando - The Hurt Locker [2008], finden international ein bedeutend größeres Publikum, als in ihrem Ursprungsland. Als Joe Wilson seinem Ärger und Unverständnis über die offensichtlichen Fehlinformationen der im Irak befindlichen Massenvernichtungswaffen in einem Zeitungsartikel Luft verschaffte, wusste er, wovon er schrieb: Er war selbst vor Ort gewesen und hatte aus erster Hand erfahren, dass keine Rohstoffe für solche Waffen in den Irak geliefert worden waren. Seine Frau, die CIA-Agentin Valerie Plame, hatte von mehreren Informanten erfahren, dass kein Massenvernichtungswaffenprogramm existierte, weil die USA selbst Mitte der 1990er Jahre die notwendigen Anlagen dafür zerstört hatten. Und dies muss doch bei den Entscheidungsträgern bekannt gewesen sein, oder nicht? Dennoch erreichten Informationen die Presse, dass der Irak eine Bedrohung darstellte und dass man diese eliminieren müsse. Interessanterweise äußert sich Fair Game nicht zu den Beweggründen hinter dieser Entscheidung. Ob das vielzitierte Öl der eigentliche Kriegsgrund war, oder nicht, spielt keine Rolle. Stattdessen widmet sich Regisseur Doug Liman dem Kampf jener CIA-Agentin, die nach den Enthüllungen ihres Mannes bloßgestellt wurde. Ihr wirklicher Name wurde in der Presse abgedruckt und ihr Beschäftigungsverhältnis erwähnt. Dass dies in den Jahren nach dem 11. September 2001 dazu führte, dass sie und ihre Familie wie Verräter gebrandmarkt und bedroht wurden, braucht man eigentlich nicht zu erwähnen.
Doch während der Inhalt von Fair Game so brisant wie wichtig ist, leidet der Film durch eine notwendige Zweiteilung, die ihn nur schwer greifbar macht. Liman beginnt damit, die vielen verschiedenen Hintergründe um Joes Reise nach Afrika zu erklären, wo er Informationen erhält, dass eine vermeintliche Lieferung uranhaltigen Materials in den Irak nie stattgefunden hat. Anschließend kommen die Aluminiumzylinder ins Spiel, die für Zentrifugen zur Herstellung atomarer Waffen benötigt werden. Es wird gezeigt, wie der Stabschef des Vizepräsidenten, Scooter Libby, die CIA-Analytiker aus Plames Abteilung so lange befragt, was sie von den Berichten über die Zylinder halten, dass einem Mitarbeiter der Kragen platzt und er fragt, was Libby denn hören möchte. Auch sieht man, wie Valerie Plame im Irak den früher am Atomprogramm beteiligten Wissenschaftlern Hilfe anbietet und diese nach ihrem Rauswurf bei der CIA buchstäblich auf gepackten Koffern sitzen bleiben, da Plames Missionen ohne Einweisung unter neuer Leitung stehen – und ihre "Rettungsaktion" für jene Forscher ohnehin nicht von oben abgesegnet war.
Zu sehen, wie die CIA auf Anweisung von Teilen des Weißen Hauses, das Leben ihrer eigenen Angestellten zerstört, und im Zuge dessen sogar andere Menschenleben opfert, macht wütend. Umso mehr, da es nur dazu dienen soll, ihren Mann zu diskreditieren, oder ihn durch den Druck auf seine Frau zur Umkehr zu bewegen. Doch während die erste Filmhälfte viele Hintergrundinformationen bündelt, um einen die Zusammenhänge verstehen zu lassen, wandelt sich der Doku-Thriller in der zweiten Hälfte zu einem sehr persönlichen Drama, in dem man Stück für Stück den Zerfall von Plames Ehe geschildert bekommt und mit ansieht, wie sie unter den Anschuldigungen zu zerbrechen droht, während ihr Mann von Talkshows zu Interviews fährt, um ihren guten Ruf wiederherzustellen.
Nicht zuletzt dank der packenden Darbietungen von Naomi Watts und Sean Penn ist das sehenswert. Aber von der Dynamik der ersten Stunde bleibt im Rest des Films nicht viel übrig. Dass Fair Game auf Grund der eindeutigen Aussagen gegen die Rechtfertigungen der US-Regierung bezüglich des Kriegseintritts mit viel Kritik konfrontiert wurde, verwundert nicht. Vermutlich entschied sich Doug Liman deshalb, die wahren Kriegsgründe nicht zu thematisieren.
Über die historische Genauigkeit der Ereignisse, wie sie hier im Film gezeigt werden, wird nach wie vor gestritten. Während es keinen Grund gibt, an der Aussage der Produzenten zu zweifeln, erweckt es doch den Anschein, als würde der Kampf David gegen Goliath in den üblichen Bahnen eines Hollywood-Dramas erzählt. Aus diesem erzählerischen Stil auszubrechen hätte dem Film gut getan.
Fazit:
Es scheint selbst bei dem erfahrenen Botschafter Joe Wilson eine Weile zu dauern, ehe er einsieht, dass man einen Kampf gegen das Weiße Haus nicht gewinnen kann. Selbst wenn ein Stabschef geopfert wird, um dem Gerechtigkeitssinn der Medien Genüge zu tun, wird dies nicht ohne Einschränkungen erfolgen. Was einem im besten Fall gelingen kann, ist ein kurzfristiger Pyrrhussieg, bei dem die Verluste nicht allzu groß sind. Doch ist man bereit, seine Ehe, seine Familie dafür ins Kreuzfeuer zu bringen?
Valerie Plame, so wird es in Fair Game geschildert, wollte nicht, dass ihr Kampf gegen die Mühlen der CIA so zur Schau gestellt wird. Sie hielt zu ihrem Arbeitgeber, selbst als dieser sie im Regen stehen ließ. Und doch scheint sie angesichts ihrer Stärke kein Opfer zu sein. Ergreifend gespielt, wird man als Zuschauer zunehmend wütender, je mehr man erkennt, wie übermächtig der Gegner hier ist. Die Hintergründe sind verständlich, aber durchaus komplex anspruchsvoll zusammengefasst. Verlagert sich allerdings der Schwerpunkt des Films vom politischen Thriller zum persönlichen Drama, lässt auch das Erzähltempo nach. Am Ende ist man zwar informiert und in gewissem Sinne schockiert, aber man wird auch das Gefühl nicht los, dass keiner der beiden Aspekte voll zur Geltung gekommen ist.