Epic - Verborgenes Königreich [2013]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 26. Januar 2014
Genre: Animation / Komödie / Action

Originaltitel: Epic
Laufzeit: 102 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren

Regie: Chris Wedge
Musik: Danny Elfman
Stimmen: Amanda Seyfried (Josefine Preuß), Josh Hutcherson (Raúl Richter), Colin Farrell (Tobias Kluckert), Beyoncé Knowles (Alexandra Wilcke), Christoph Waltz, Aziz Ansari (Oliver Kalkofe), Chris O'Dowd (Oliver Welke), Jason Sudeikis (Stefan Krause), Blake Anderson (Jacob Weigert), Steven Tyler (Reiner Schöne)


Kurzinhalt:
Es war ein Versprechen, das M.K. (Amanda Seyfried / Josefine Preuß) ihrer Mutter gegeben hat – die 17jährige würde versuchen, mit ihrem Vater zusammen zu leben. Doch schon als sie in dem abgelegenen Haus bei dem etwas verschrobenen Forscher ankommt, ahnt sie, dass sie hier fehl am Platz ist. Professor Bomba (Jason Sudeikis / Stefan Krause) hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu beweisen, dass im Wald eine Gesellschaft hochintelligenter und wundersamer, winziger Wesen existiert, die unbeachtet von den Menschen ihrem Alltag nachgehen. Er hat zwar immer wieder Hinweise gefunden, aber noch kein Bild dieser Geschöpfe machen können.
M.K. hat ihre Tasche schon gepackt, als sie im Wald eine seltsame Begegnung hat. Als sie die Augen wieder aufschlägt, sieht sie sich der sterbenden Königin Tara (Beyoncé Knowles / Alexandra Wilcke) gegenüber, die das Leben des Waldes, gebündelt in einer verschlossenen Knospe, behütet. Sie vertraut sie M.K. an, die zusammen mit dem Leafman-Wächter Ronin (Colin Farrell / Tobias Kluckert) die Knospe zu Nim Galuu (Steven Tyler / Reiner Schöne) bringen soll. Er wird wissen, was zu tun ist. Denn der Boggan Mandrake (Christoph Waltz), der den Tod der Königin zu verantworten hat, wird nicht ruhen, bis er die Knospe hat. Darum bittet Ronin auch den stürmischen Leafman Nod (Josh Hutcherson / Raúl Richter) um Hilfe. Es steht nicht weniger, als das Leben des Waldes auf dem Spiel ...


Kritik:
Es gibt Bilder in Epic - Verborgenes Königreich vom lichtdurchfluteten Walddickicht, von knorpeligen Ästen und dem grasbedeckten Boden, bei denen man vergisst, dass es sich hierbei um einen Animationsfilm handelt. Regisseur Chris Wedge, der einst die nicht enden wollende Ice Age-Reihe angestoßen hat, erzählt von einer Welt, die uns zu Füßen liegt, die aber so klein ist, dass wir sie als unbedeutend wahrnehmen. Die Bilder haben den Filmtitel dabei durchaus verdient, doch so berührend die Story ist, ihr Potential wird angedeutet, ohne es auszuschöpfen.

Die Ausgangslage besitzt etwas von Alice im Wunderland [1865]. Die 17jährige M.K. kommt zu ihrem Vater, einem Wissenschaftler, der weit ab von der Stadt in einem zerfallenden Haus seinen Forschungen nachgeht. Er ist der Überzeugung, dass im Wald kleine, hochintelligente Wesen existieren, die unbeachtet von den Menschen ihren täglichen Dingen nachgehen. Trotz zahlreicher Kameras und Überwachungssysteme hat er bislang keinen handfesten Beweis für seine Theorie gefunden. M.K. wird, als sie schon wieder abreisen will, in einen dieser kleinen Menschen verwandelt und erlebt auf dem Boden des Waldes ein fantastisches Abenteuer. Würde sie am Ende nun zurückkehren, ohne einen Beweis, aber voll der Überzeugung, dass ihr Vater Recht hätte, bliebe diese andere Welt, in der die Leafmen gegen die Boggans um die Gesundheit der Natur des Waldes kämpfen, ein Mysterium. Ein jeder müsste für sich entscheiden, ob M.K. all das erlebt hätte, oder nicht. Es ließe sich hier eine andere Bedeutung in die Figuren und ihre Beziehungen legen. Stattdessen entwickelt sich die Geschichte im letzten Drittel in eine Variation von Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft [1989] und büßt damit viel von der Magie zumindest für die älteren Zuschauer wieder ein. Das junge Publikum, an das sich die Filmemacher hauptsächlich richten, wird das allerdings nicht stören.

Der Mikrokosmos, in den Epic eintaucht, ist so farbenfroh und detailliert, dass man das Gefühl bekommt, er würde schon ewig existieren. Pflanzen, allerlei Insekten, Vögel und andere Wesen tummeln sich auf dem Waldboden oder suchen bei dem Hüter der Schriftrollen, Nim Galuu Rat, zu dem auch die geschrumpfte M.K. und der Leibwächter der verstorbenen Königin Tara aufbrechen müssen. Nur er kann ihnen sagen, was mit der magischen Knospe zu geschehen hat, die M.K. nun beschützen muss und an der das Schicksal des gesamten Waldlebens hängt.
Der Boggan Mandrake, Herrscher über die Fäulnis, setzt indes alles daran, diese Knospe zu finden und unter seine Kontrolle zu bringen – er will den Wald zu einem vermoderten, verfaulten Paradies für seinesgleichen machen.

Auch wenn Epic gleich zwei sehr schöne Aussagen besitzt, bei denen auch das Zielpublikum keine Schwierigkeiten haben wird, sie zu verstehen, es fehlt dem Universum selbst an Hintergrund. Was hätte sich daraus erzählen lassen, dass nur ein zersetzter, kompostierter Waldboden auch die Nährstoffe für neue, grüne Pflanzen bietet? Wie wäre es gewesen, wenn Mandrake und sein Volk selbst, klar gemacht worden wäre, dass er die Leafmen benötigt, da er sonst keine Lebensgrundlage hat? Hieraus hätten sich andere Aussagen finden lassen, die das Zusammenleben im Kern behandeln. Doch statt sich darauf zu konzentrieren, führen die Filmemacher Vater und Tochter zueinander, präsentieren bei jedem einzelnen Auftritt der Nackt- und Weinbergschnecken Mub und Grub einen kindertauglichen Scherz und bieten genügend Flug-Action, dass ihrer Meinung nach vermutlich selbst James Cameron (Avatar – Aufbruch nach Pandora [2009]) neidisch werden sollte.

Das bedeutet nicht, dass ihnen kein tolles Fantasy-Universum gelingt, das liebevoll gestaltet und facettenreich dargebracht ist. Es heißt nur, dass Epic - Verborgenes Königreich viel mehr hätte sein können, als er letztlich ist. Die makellos gemachte Animationsunterhaltung mit einer umweltfreundlichen Aussage hin oder her, Gut und Böse prügeln sich viel öfter, anstatt einander verstehen zu wollen. Und auch das wäre eine Aussage, die das Zielpublikum hören sollte.


Fazit:
Die Präsentation von Epic braucht sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken. Die farbenfrohen Wesen, der üppige Wald mit der abwechslungsreichen und lebendigen Flora – all das überzeugt vom ersten Moment an und verstärkt mit den verschiedenen Gruppen, der Ausrüstung der Leafmen und der Boggans noch mehr den Eindruck, dass sich das Team sehr lange mit dem Fantasy-Universum beschäftigt hat. Auch die Mythologie um die Königin, die das Leben des Waldes weitergeben muss, ist gelungen und verpackt die naturbewusste Aussage dem Zielpublikum entsprechend.
Doch statt sich auf die Geschichte und den mystischen Hintergrund zu verlassen, setzen die Filmemacher auf viel Action und trauen den jungen Zuschauern keine höhere Aufmerksamkeitsspanne zu. Dadurch bleibt am Ende aber mehr Potential ungenutzt, als ausgeschöpft. Es ist nicht, dass Epic - Verborgenes Königreich keine zauberhafte Welt erschafft, in der man vom erst Moment an versinkt, oder dass die Figuren nicht gelungen wären. Nur bleibt der Film viel oberflächlicher, als die Ausgangslage verdient hätte.