Die Mothman Prophezeiungen [2002]

Wertung: 3.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. Mai 2008
Genre: Horror / Drama

Originaltitel: The Mothman Prophecies
Laufzeit: 119 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Mark Pellington
Musik: tomandandy
Darsteller: Richard Gere, Debra Messing, Laura Linney, Will Patton, Lucinda Jenney, David Eigenberg, Bob Tracey, Ron Emanuel, Tom Stoviak, Yvonne Erickson, Scott Nunnally


Kurzinhalt:
Gerade als Journalist John Klein (Richard Gere) Pläne macht, mit seiner Frau Mary (Debra Messing) in ein neues Haus zu ziehen, haben sie einen Autounfall. Mary ist schwer verletzt und behauptet, etwas auf der Straße gesehen zu haben, ehe sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlor. Wenig später stirbt Mary und hinterlässt John ein Notizheft mit Zeichnungen jener Figur, die sie auf der Straße sah.
Jahre später, als John über Nacht zu einem Interview fahren möchte, findet er sich unversehens in Point Pleasant wider. In der Kleinstadt berichten immer mehr Bewohner von Sichtungen einer Furcht einflößenden Figur, dem "Mothman". Zeichnungen davon, die John zu Gesicht bekommt, erinnern ihn frappierend an diejenigen, die Mary ihm hinterließ. Zusammen mit der Polizistin Connie Mills (Laura Linney) versucht John, den Ereignissen auf den Grund zu gehen.
Einer der größten Verfechter des "Mothman", Gordon Smallwood (Will Patton) ist überzeugt, von der Figur Prophezeiungen eingesagt zu bekommen – und wenig später glaubt John Klein selbst, dass Point Pleasant auf eine Katastrophe zusteuert ...


Kritik:
Als Regisseur Mark Pellington, der sowohl bei Fernsehproduktionen und Musikvideos bereits Regie geführt hatte, mit Arlington Road [1999] seinen Erwachsenenthriller vorstellte, rief er sich zum ersten Mal ins Bewusstsein der internationalen Zuschauer. Mit Die Mothman Prophezeiungen konnte er seinen Erfolg zwar noch etwas steigern, doch blieb der Film generell hinter den Erwartungen zurück.
Seither ist Pellington hauptsächlich für die Fernsehserie Cold Case - Kein Opfer ist je vergessen [seit 2003] verantwortlich und hat dafür neben Preisen auch schon viel Lob bekommen. Seine Filme, so scheint es jedoch, scheinen häufig einen religiösen Unterton zu besitzen. So auch Die Mothman Prophezeiungen, die auf Geschehnissen aus dem Jahr 1966 und 1967 beruhen. Inhaltlich gestaltet sich der Mystery-Thriller somit schwierig für all diejenigen, die dem übersinnlichen Touch nicht viel abgewinnen können. Handwerklich gibt es in des kaum etwas zu bemängeln.

Basierend auf dem Roman gleichen Namens, verliert das Drehbuch keine Zeit, die Grundgeschichte in Gang zu bringen. Nachdem die Hauptcharaktere vorgestellt sind, nimmt die unheilvolle Geschichte ihren Gang und konfrontiert Hauptfigur John Klein ebenso wie die Zuschauer mit eingewöhnlichen Vorkommnissen, die sich zuerst nicht erklären lassen. In wie weit sich die Ereignisse vor immerhin 40 Jahren wirklich zugetragen haben sollen, sei an dieser Stelle einmal außer Acht gelassen. Die Tatsache, dass der Mothman immer wieder erwähnt, beziehungsweise über Begegnungen mit ihm erzählt werden, ihn Klein selbst aber nie zu Gesicht bekommt, nimmt unnötig Spannung aus der Story.
Stattdessen wird ein vermeintlich allseits bekannter Kult um eine unheimliche Figur aufgebaut, die seit dem Zusammenbruch der Brücke am Ende des Films aber nie mehr gesehen wurde. Insofern transportiert der Film Ereignisse von den 1960er Jahren in die heutige Zeit, nimmt sich viele Freiheiten, was den Zeitrahmen angeht und verändert auch Daten wie eben den Zusammensturz der "Silver Bridge" (der am 15. Dezember 1967 und eben nicht an Heilig Abend stattfand), und schließt mit der Behauptung, dass ein Grund für den Einsturz nie gefunden wurde. Untersuchungen des Brückenwracks (bei dem tragischen Einsturz kamen übrigens zehn Personen mehr ums Leben, als im Film behauptet) deuteten auch auf einen Fertigungsfehler hin – was im Film ebenso unterschlagen wird.
Das Skript, so scheint es, ist nicht zuletzt durch die mystischen Erscheinungen, die Hintergrundgeschichte der Charaktere, sehr darum bemüht, eine Mystik zu entwickeln, der die Thematik bei näherer Betrachtung nicht stand hält. Die Charakterisierungen gehen dabei weitestgehend unter, die Dialoge der Figuren verlaufen stellenweise ebenso absurd wie ihre Verhaltensweisen im 21. Jahrhundert und je häufiger der Film darauf pocht, dass das Gezeigte auf Tatsachen basiere, umso mehr verliert er an Glaubwürdigkeit. Das Drehbuch, dem es leider nur in den jeweiligen Momenten gelingt, Spannung zu entwickeln, hätte einerseits gestrafft werden können, andererseits auch einen größeren, den Film umfassenden Spannungsbogen aufweisen sollen.

Die Darsteller scheinen auch nur leidlich interessiert, Richard Gere mimt den verstörten Witwer zwar routiniert, aber gerade zum Ende hin zunehmend fahrig und krampfhaft um Tränen bemüht, die ihm nicht über die Wangen kommen wollen. Dass er anders kann, hat er zuletzt in Hunting Party - Wenn der Jäger zum Gejagten wird [2007] und nicht zuletzt in Untreu [2002] bewiesen.
Debra Messing, bekannt aus Will & Grace [1998-2006], ist zwar nur kurz zu sehen, macht ihre Sache aber wirklich gut, ebenso Laura Linney, die zwar nur in einer Einstellung ihre Mimik abwechseln darf, doch an Überzeugung mangelt es hier nicht.
Selbst Will Patton mimt den konfusen Eigenbrötler anstandslos, doch wirkt ihr Zusammenspiel untereinander grundsätzlich ohne jede Chemie, die Dialoge hölzern vorgetragen und die angedeutete Beziehung zwischen John und Connie so anteilnahmslos gespielt, dass man sich nach den knapp 100 Minuten als Zuseher fragt, ob man sich dies nicht eingebildet hat.
So namhaft der Cast somit ist, er scheint ebenso wenig passend zusammen gestellt, die Figuren unterkühlt verkörpert, die gemeinsamen Momente von einer gekünstelten Atmosphäre. Gerade angesichts der Personen vor und hinter der Kamera hätte man sich merklich mehr versprochen.

Handwerklich überzeugt Regisseur Pellington durch sehr interessante Kameraperspektiven, Bildkompositionen, die sich nicht nur Farben und Formen zunutze machen, sondern auch ganz bewusst scharf gestellte und unscharf belassene Bildelemente verwendet. An den Bildern selbst gibt es nichts zu bemängeln, doch ist es mitunter der ungünstig gewählte Schnitt, der mit schnellen Schnitten, Alternativeinstellungen und Fehlfarben, Zeitraffern und aufwändigen Szenenwechseln eine sehr reißerische Atmosphäre vermittelt.
Dass das Finale dann im Gegensatz dazu aus einer gigantischen Zeitlupe zu bestehen scheint, macht das Ganze im Endeffekt nicht besser. So hinterlässt auch die handwerkliche Umsetzung einen durchwachsenen Eindruck; währen die Bilder selbst gut ausgewählt sind, werden sie so verkrampft künstlerisch anspruchsvoll aneinander gereiht, dass man stellenweise einfach das Interesse am eigentlichen Inhalt verliert.

Die musikalische Begleitung durch Tom Hajdu und Andy Milburn, prägnant tomandandy genannt, tut ihr Übriges, um jenen Eindruck zu verstärken. So mögen ihre atmosphärischen Klänge im ersten Drittel des Films noch recht gut gelungen sein – auch wenn man ein durchgehendes Thema vermisst –, spätestens zum letzten Akt hin enttäuscht das monotone Gewimmer durch sich ständig wiederholende Elemente, die dabei aber leider keine Spannung aufkommen lassen, sondern von den Bildern eher ablenken.
Ein orchestraler Score hätte sowohl für die bedrückenden Momente nach John Kleins Verlust, als auch beim sich zusammen brauenden Unheil beim Finale deutlich besser gepasst. So erscheint der Film auf Grund der Optik und der Musik wie ein Experimentalfilm – und dies zerstört die Dramatik mehr als nur einmal.

Was am Ende bleibt ist ein seltsames Gefühl angesichts eines Films, der sich selbst zwar sehr ernst nimmt, dennoch ohne wirkliche Leidenschaft das Geschehene erzählt hat. Man bezieht sich auf "Fakten" aus den Jahren 1966 und 1967, doch ohne den Film auch in jenem Zeitrahmen anzusiedeln. Dass seither keine Sichtungen des "Mothman" mehr stattgefunden haben, unterschlagen die Macher ebenso sehr.
Präsentiert mit einem Wahrheitsanspruch, dem die Geschichte aber bei näherem Hinsehen nicht standhält, reduziert sich der Mystery-Thriller auf routinierte aber nicht immer überzeugende Darstellerleistungen, eine zwar grundsätzlich interessante Optik, die durch den Schnitt und die Musik aber nicht recht zur Geltung kommt. All das reicht nicht, um Die Mothman Prophezeiungen über das Mittelmaß hinaus zu retten.


Fazit:
Mystery hat in den meisten Fällen auch etwas von Fantasy. Im Falle von Die Mothman Prophezeiungen pochen die Macher allerdings darauf, dass die geschilderten Fälle von Sichtungen eines Mottenmannes, tatsächlich stattgefunden haben. Dabei verlagern sie das Geschehen von 1966/67 in die heutige Zeit, ändern Fakten ab, verlieren kein Wort über die Wahrhaftigkeit der Figuren und sind nach wie vor darum bemüht, es dem Zuseher als bare Münze zu verkaufen.
Dies wäre an sich schon schwer genug, doch angesichts eines hölzern agierenden Leinwandpaars Gere/Linney, einem nicht immer vorteilhaften Schnitt und einer Musik, die die meisten Szenen in genau die falsche Richtung beeinflusst, spielt es keine Rolle, ob Regisseur Mark Pellington grundsätzlich interessante Perspektiven ausgewählt hat, um die durch das unterentwickelte Drehbuch nur leidlich ausgearbeitete Geschichte zu erzählen. Am Ende bleibt die Skepsis, ob das Gezeigte nicht besser als eine X-Akte protokolliert worden wäre. Sehenswert oder gar überzeugend ist es jedenfalls nicht.