Demolition Man [1993]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 24. April 2021
Genre: Science Fiction / Action / Komödie

Originaltitel: Demolition Man
Laufzeit: 115 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1993
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Marco Brambilla
Musik: Elliot Goldenthal
Besetzung: Sylvester Stallone, Wesley Snipes, Sandra Bullock, Nigel Hawthorne, Benjamin Bratt, Bob Gunton, Glenn Shadix, Denis Leary, Bill Cobbs


Kurzinhalt:

Im Jahr 1996 gelingt es Polizist John Spartan (Sylvester Stallone), den psychopathischen Verbrecher Simon Phoenix (Wesley Snipes) endlich festzunehmen, doch der beschuldigt Spartan, er hätte Geiseln sterben lassen. So werden beide verurteilt und in ein neues „Cryo-Gefängnis“ eingeliefert. Dort werden sie in eine Kältestasis versetzt, in der sie konditioniert werden, um später wieder entlassen werden zu können. Doch Phoenix gelingt im Jahr 2032 die Flucht. Angetrieben von einem inneren Drang, begibt er sich auf eine Mission, den Untergrundanführer Edgar Friendly (Denis Leary) zu ermorden und verbreitet im friedliebenden San Angeles Angst und Schrecken. Der Polizei-Chief Earle (Bob Gunton) sieht keinen anderen Weg und holt auf Anraten von Polizistin Lenina Huxley (Sandra Bullock) John Spartan aus dem Kälteschlaf. Zusammen mit Huxley soll er Phoenix schnappen, wofür er im Gegenzug Straffreiheit erhält. Doch die bunte wie saubere Zukunft und die Gesellschaft, die von Dr. Cocteau (Nigel Hawthorne) geformt wurde, halten für John zahlreiche Überraschungen parat. Zudem entkam Phoenix, wie es scheint, nicht zufällig …


Kritik:
Nach einer Reihe kommerzieller und künstlerischer Misserfolge kehrt Sylvester Stallone in einem Projekt zurück, das er im Grunde bereits abgelehnt hatte. Demolition Man entpuppt sich mit dem Augenmerk auf den Humor als ein schwer einzuordnender und in vielerlei Hinsicht unzureichender Genrevertreter. Aber auch mehr als 25 Jahre nach seiner Veröffentlichung besitzt der Science Fiction-Action-Kracher durchaus seinen Reiz und offenbart in vielen Belangen mehr Detailreichtum, als man ihm zutraut.

Nach einem kurzen Prolog in einem von Unruhen vollkommen zerstörten Los Angeles des Jahres 1996, wird der psychopathische Schurke Simon Phoenix im modernen Strafvollzug eingefroren, ebenso wie Polizist John Spartan, von dem Phoenix behauptet, er habe den Tod unschuldiger Geiseln zu verantworten. Im Jahr 2032 kann Phoenix bei einer Bewährungsanhörung entkommen und bringt Tod und Zerstörung in eine Welt, die sich in den letzten Jahrzehnten in ein augenscheinliches Paradies verwandelt hat. So wecken die überforderten Gesetzeshüter auch Spartan auf, um Phoenix zu fassen. Der größte Kniff der Story ist dabei, in welcher Gesellschaft diese zwei gegensätzlichen Archetypen aufgewacht sind. Wie viel geschehen ist, deuten die Personen, die für Johns vorzeitiges Erwachen verantwortlich sind, in Nebensätzen an. Aus einer geradezu apokalyptischen Katastrophe im Jahr 2010 hat Dr. Raymond Cocteau aus dem Bereich Los Angeles, Santa Barbara und San Diego im neu geschaffenen „San Angeles“ einen Ort des Friedens und der Glückseligkeit aufgebaut. Verbrechen und Gewalt gibt es nicht mehr, die Menschen scheinen ständig fröhlich und zurückhaltend. Möglich wurde dies durch die Umsetzung strikter gesellschaftlicher Regeln. Nicht nur, dass allen ein Chip implantiert wurde, durch den sie stets überall auffindbar sind, körperlicher Kontakt wird nicht gepflegt, selbst Händeschütteln ist untersagt – geradezu prophetisch aus heutiger Sicht. Für jedes Schimpfwort gibt es eine Geldstrafe und allerorts erhält man die Möglichkeit, sich durch eine künstliche Intelligenz aufmuntern zu lassen.

Die Anleihen an Aldous Huxleys prägenden Dystopie-Roman Schöne neue Welt [1932] sind nicht zu übersehen und werden buchstäblich durch die von Sandra Bullock nur ein Jahr vor Speed [1994] gespielte Figur verkörpert, deren Name Lenina Huxley eine Kombination des Namens des Autors und einer der bedeutenden Romanfiguren ist. So perfekt die Gesellschaft oberflächlich aussieht, so hoch ist der Preis, der hierfür bezahlt wird und man könnte Demolition Man beinahe unterstellen, dass der Film als Preis für eine freie und frei denkende Gesellschaft feststellt, dass man Menschen wie den Verbrecher Simon Phoenix darin in Kauf nehmen muss. Dies wird angedeutet, aber nicht ausgesprochen, denn Filmemacher Marco Brambilla konzentriert sich stattdessen auf den Schlagabtausch, den sich seine zwei Hauptfiguren liefern. Es ist bedauerlich, dass die ernsteren Elemente der Geschichte dabei ins Hintertreffen geraten, zumal sowohl die Frage, wem Phoenix in der Zukunft in die Hände spielt, als auch, weshalb die im Untergrund lebenden Menschen, angeführt von Denis Leary, eine so große Gefahr für diese Gesellschaft darstellen sollten, durchaus interessant wären. Aber auch hier bleibt die Drehbuchvorlage, die offenbar viele Überarbeitungen erfuhr, vage.

Dafür geizt Demolition Man nicht mit Konfrontationen zwischen den beiden Hauptdarstellern Stallone und Wesley Snipes, der als nahkampferprobter, psychotischer Killer überdreht genug agiert, damit der hohe Bodycount den Spaß am Zusehen nicht schmälert. Doch so gelungen insbesondere die Szenen der beiden Figuren sind und so amüsant ihre Wortgefechte, die bewusst comicartig inszenierten Kampfszenen wirken zusammen mit den vielen One-Linern, als könnte den Charakteren ohnehin nichts geschehen. Dabei legt das Drehbuch bewusst und oftmals gelungen Wert auf Humor, sei es, wenn die „Rivalität“ zwischen Stallone und Arnold Schwarzenegger angesprochen wird, oder eben diese One-Liner selbstironisch kommentiert werden. In an sich packenden Actionmomenten sind manche von ihnen jedoch schlicht zu viel des Guten.

Demolition Man trägt eine zeitgemäße Handschrift, selbst wenn die Trickeffekte erstaunlich zeitlos sind. Die Music von Elliot Goldenthal erinnert nicht immer im Guten stark an Batman Forever [1995], was den Cartoon-Charakter der explosiven Momente noch erhöht. Sieht man jedoch, mit wie vielen Details diese Welt geschmückt ist, die trotz der Helligkeit und der bunten Farben in der dystopischen Aussage nicht von ungefähr an Blade Runner [1982] erinnert, ist das durchaus überraschend. Und in vielerlei Hinsicht auch heute noch treffend.


Fazit:
Anstatt ein düsteres Zukunftsszenario in deprimierenden Sets und dunklen Bildern zu präsentieren, zeigt der italienische Filmemacher Marco Brambilla eine nur oberflächlich paradiesische Gesellschaft. Der Kulturschock, dem sich Hauptfigur John Spartan hier ausgesetzt sieht, sorgt für viele Lacher und hat mit zahlreichen Ideen – man denke an die drei Muscheln! – nicht nur andere Werke inspiriert, sondern sich auch in die Erinnerung des Publikums eingebrannt. Die teils bissige Sozialkritik ist nicht zu übersehen und wird doch von einer leichtfüßigen Erzählung getragen, die in vielen Momenten zu cartoonisch ausfällt, aber dennoch durchgehend unterhält. Dass die drei Hauptdarsteller bzw. -darstellerinnen Sylvester Stallone, Wesley Snipes und Sandra Bullock auf der einen Seite mit Augenzwinkern eine Selbstironie beweisen, die so unerwartet wie erfrischend ist, während sie die absurd klingenden Regelungen und Gepflogenheiten dieser Zukunft in absoluter Ernsthaftigkeit vortragen, sorgt bei Demolition Man für seinen nicht zu leugnenden Charme, der seine Wirkung nicht verfehlt und bei Genrefans für gelungene Unterhaltung sorgt. Selbst, wenn es zahlreiche Elemente gibt, die man ernsthafter hätte ausbauen können.