Sisu: Road to Revenge [2025]

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Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. November 2025
Genre: Action / Kriegsfilm

Originaltitel: Sisu 2
Laufzeit: 88 min.
Produktionsland: Großbritannien / Finnland / USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren

Regie: Jalmari Helander
Musik: Juri Seppä, Tuomas Wäinölä
Besetzung: Jorma Tommila, Stephen Lang, Richard Brake, Einar Haraldsson, Jaakko Hutchings, Ergo Küppas, Anton Klink


Kurzinhalt:

Im Jahr 1946 sucht der einstige Elite-Soldat der finnischen Armee, Aatami Korpi (Jorma Tommila) sein Zuhause auf, das nach der neu gezogenen Grenze inzwischen auf russischem Gebiet liegt. Korpi ist eine lebende Legen und wird der „Unsterbliche“ genannt, da er unzählige Kämpfe überlebt hat und für den Tod von Hunderten gegnerischen Soldaten verantwortlich ist, nachdem seine Familie brutal ermordet wurde. Dass er nach Russland eingereist ist, bleibt nicht unbemerkt und so erhält der in Sibirien inhaftierte Soldat der sowjetischen Roten Armee, Igor Draganov (Stephen Lang), das Angebot, aus dem Gefängnis freizukommen, wenn er Korpi tötet. Denn Draganov ist für die Ermordung von Korpis Familie verantwortlich und hat damit die Legende des „Unsterblichen“ erschaffen. Auf dem Weg zurück nach Finnland stellen sich darum Draganov und seine Helfer dem finnischen Soldaten in den Weg. Der ahnt nicht, wer vor ihm steht, aber beide Seiten sind bereit, alles zu tun, um ihr Ziel zu erreichen …


Kritik:
Mit Sisu [2022] präsentierte der finnische Filmemacher Jalmari Helander einen nicht nur in Anbetracht des Budgets handwerklich eindrucksvoll gemachten Actionfilm, der an brachiale Genrevertreter einer vergangenen Zeit erinnerte. Sisu: Road to Revenge soll daran nicht nur inhaltlich anknüpfen, sondern mit noch mehr Aufwand die Geschichte um den schweigsamen Protagonisten, der zur lebenden Legende wurde, zu einem Abschluss bringen. Unterwegs jedoch stilisieren die Verantwortlichen ihre Hauptfigur beinahe zu einer Karikatur, die selbst Comichelden für unglaubwürdig halten würden.

Es ist das Jahr 1946. Nach dem Krieg musste Finnland Gebiete an Russland abtreten. Mehr als 400.000 Finnen wurden aus ihrer Heimat vertrieben und umgesiedelt. Der ehemalige Elite-Soldat Aatami Korpi sucht sein altes Zuhause auf, das seit Jahren verlassen und inzwischen auf russischem Boden steht. Auch wenn es voll mit schmerzvollen Erinnerungen ist, er will es Stück für Stück mitnehmen und in seiner neuen Heimat auf finnischer Seite wieder aufbauen. Doch sein Grenzübertritt bleibt nicht unbemerkt. Dem in Ungnade gefallenen Offizier der Roten Armee, Igor Draganov, soll Gelegenheit gegeben werden, seinen Schlamassel zu beseitigen, denn indem er mit seinen Soldaten Korpis Frau und zwei Söhne ermordete, haben sie den „Unsterblichen“, wie der legendäre Korpi genannt wird, überhaupt erst erschaffen, der hunderte sowjetische Soldaten auf seinem Rachefeldzug getötet hat. Im Gegenzug soll Draganov aus dem Gefängnis freigelassen werden. Als Korpi noch 120 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt ist, stellt sich ihm Draganov mit seinen Soldaten in den Weg. Unbeugsam und unbezwingbar, bahnt sich der „Unsterbliche“ seinen Weg durch alle Widerstände, nicht ahnend, dass vor ihm der Mann steht, der seine Familie ermordet hat.

Dass er das nicht weiß, erklärt auch Korpis Reaktion, als er dem sowjetischen Soldaten erstmals gegenübersteht. Der Moment wird zwar langsam aufgebaut, was folgt ist jedoch eine Aneinanderreihung von zunehmend brutaleren Aufeinandertreffen zwischen dem „Unsterblichen“ und den Vertretern der Roten Armee, gegen die er sich mit allem wehrt, was ihm zur Verfügung steht. In der ersten Hälfte wirkt Sisu: Road to Revenge deshalb weniger wie eine erzählte Geschichte, als wie ein auf die Leinwand gebrachtes Videospiel, bei dem sich die Hauptfigur levelartig gegen immer neue Wellen an noch tödlicheren Gegnern kämpfen muss. Sind die Stunts und Explosionen handgemacht, ist der dahinterstehende Aufwand durchaus beeindruckend, die Trickeffekte allerdings sind oftmals leicht zu erkennen. Ab einem Moment, in dem sich Korpi gegen ein angreifendes Flugzeug wehrt, indem er es buchstäblich ablenkt, nehmen die Actionszenen zunehmend abgehobenere Züge an (im wörtlichen Sinn). Das führt zu ein paar Situationen, die derart überzogen wirken, dass man nicht weiss, ob Filmemacher Helander das nicht nur nicht ernst meint, sondern er eine Parodie der ausufernd brutalen und realitätsfernen Actionreißer präsentieren will, die in einer scheinbar längst vergangenen Zeit die Videothekenregale gefüllt haben. Richtet sich die Brutalität im letzten Drittel auf überaus grausame Weise gegen die Hauptfigur selbst, wirkt die weniger wie die Personifizierung der Widerstandsfähigkeit des Finnlands, das im und nach dem Zweiten Weltkrieg gelitten hat, als eine überzeichnete Comicfigur. Nicht nur, dass er Qualen erdulden muss, die gelinde gesagt übermenschlich sind, er fliegt hier mitunter auf eine Art und Weide durch die Szenerie, dass dies selbst bei aktuellen Superheldengeschichten als unglaubwürdig verworfen würde.

Dies steht im Gegensatz zu dem Protagonisten, der zu Beginn mit einem melancholischen Blick mehr auszudrücken vermag, als er es mit Worten könnte. Die überzeichneten Augenblicke, die zum Ende hin nur zunehmen, sorgen dafür, dass man weniger in Anbetracht der Absurdität lacht, als über die Ideen an sich. Schade ist das auch deshalb, da sich selbst hier einige interessante Einfälle verbergen, obwohl die Schlüsselmomente weit absehbar sind. Das beginnt bereits bei den wenigen Dialogzeilen, die nicht nur aus dem Klischeehandbuch zu stammen scheinen, sondern bedauerlicherweise im Original in Englisch mit wenig glaubhaftem Akzent gehalten sind, statt auf Russisch. Ebenso unglücklich ist die Unterteilung der Erzählung in unterschiedliche Kapitel, deren Einblendungen einen bewussten B-Film-Charme versprühen, während die Titel bereits vorwegnehmen, was das Publikum in den kommenden 10 Minuten erwartet.

Es ist beinahe, als würde Sisu: Road to Revenge zu viele Ideen in seine nicht einmal eineinhalb Stunden dauernde Erzählung packen wollen, ohne sich ein klares Konzept hierfür zu überlegen. Was als ernster, harter Actionthriller ohne eine tiefgehende oder anspruchsvolle Story beginnt, wandelt sich im Mittelteil zu einem vollkommen überzeichneten Genrefilm, dessen Gewalt sich auf eine Art und Weise gegen die Hauptfigur richtet, dass man sich spürbar von ihr entfernt. Dass die Schurken nicht allzu schlau sind und außer immer noch mehr Feuerkraft keine Mittel und Wege finden, Korpi gefährlich zu werden, macht es überdies schwer, mit ihm mitzufiebern. Fans des ersten Teils kommen hier auf ihre Kosten. Das muss offenbar reichen.


Fazit:
Dass die Verantwortlichen einmal mehr Spaß daran haben, die gezeigte Gewalt förmlich zu zelebrieren, mag man ihnen kaum zum Vorwurf machen, wenn man das sehr spezielle Genre bedenkt und dass sich der Brutalität lange Zeit gegen die Schurken richtet, die keine Achtung vor dem menschlichen Leben gezeigt haben. Aber nicht erst, wenn Filmemacher Jalmari Helander die Gewalt gegen den Protagonisten lenkt und sie in Großaufnahme einfängt, wird klar, dass die Fortsetzung inhaltlich keine andere Aussage trifft, als dass der wortlose Aatami Korpi nicht sterben kann, ganz egal, was mit ihm angestellt wird. Das kostet aber nicht nur die Empathie des Publikums, sondern auch jegliche Spannung, denn wenn er nicht sterben kann und er über der Physik steht, was soll ihn dann aufhalten? In vielen Momenten ist Sisu: Road to Revenge stark gemacht und Jorma Tommila gibt sein Möglichstes, die Karikatur, zu der Korpi hier verkommt, mit Leben zu füllen. Doch aus dem ernsten Actionfilm für ein erwachsenes Publikum ist hier an manchen Stellen beinahe eine Parodie geworden, sowohl auf den ersten Teil als auch das Genre der brutalen Actionreißer überhaupt. Wer sich darauf einstellt, mag durchaus unterhalten werden, zumal Augen und Ohren ungeachtet der vielen Zeitlupen Einiges geboten wird. Erwartet hätte man aber für den Abschluss der Geschichte des einsamen Elite-Soldaten wenn nicht nur mehr, dann zumindest etwas anderes.
 

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